CEO von Perplexity AI

KI-Agenten sollen Recruiter bald schon obsolet machen

Ob LinkedIn-Gurus, Tech-CEOs oder HR-Blogger – alle sind sich einig: Die Personalabteilung steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Wird Recruiting bald zum Ein-Prompt-Job?

Im April schreibt LinkedIn-Influencer Josh Bersin, HR stehe – mit Blick auf KI – vor «einer echten Identitätskrise.»

Im Mai verkündet IBM das Streichen Hunderter HR-Stellen, angetrieben von Gewinnsteigerungen durch eigene KI-Lösungen – obwohl man erst noch kommuniziert hatte, mit KI «das Menschliche ins HR zurückzubringen».

Im Juni schreibt HR-Today-Blogger Christoph Jordi, viele traditionelle HR-Jobs würden in den nächsten fünf Jahren verschwinden – er selbst habe erst gerade eine Demo für eine «beängstigend gute» Komplettlösung für HR-Prozesse gesehen.

Aravind Srinivas, CEO von Perplexity AI, bei einem öffentlichen Auftritt mit blauem Sweatshirt mit „perplexity“-Schriftzug, vor einer weißen Wand mit dem TechCrunch-Logo im Hintergrund.

Und nun, im Juli, folgt die nächste Prophezeiung. Aravind Srnivas, CEO von Perplexity – eine KI-getriebene Suchmaschine, die als eine der grösseren Player im Business gilt – gibt Recruitern noch ein halbes bis ein Jahr, bevor sie beginnen könnten, der Automatisierung schrittweise anheimzufallen.

Der erst 31-jährige Tech-CEO war kürzlich in einer Episode von «Decoder», einem Podcast der amerikanischen Tech-Webseite «The Verge», zu Gast. Dort sprach er über den Launch seines neuen Produkts: Comet – ein Browser, basierend auf derselben Grundlage wie Googles Chrome und mit fundamental integrierter KI-Funktionalität.

Eine Woche Arbeit in einem Prompt


Zwar sei Comet noch nicht dort, wo Srinivas gerne sein möchte, aber der CEO ist sich sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Die nächsten KI-Modelle von OpenAI oder Anthropic sind bereits am Horizont und werden quasi als Motor von Comet fungieren, genau wie es auch bei Perplexity der Fall ist. 

Sind die Modelle ausgereift genug, «dann ist die Arbeit eines Recruiters, die normalerweise eine Woche dauert, nur noch ein einziger Prompt: Sourcing und erste Kontaktaufnahmen», sagt Srinivas. Der CEO gibt bereits ein Beispiel für eine komplexe Aufgabe und schickt hinterher, er sei «ziemlich sicher», dass bereits in sechs bis zwölf Monaten die ganze Aufgabe mit Comet und anderen Applikationen mit KI-Agenten komplettieren könne. 

Er stellt aber noch mehr in Aussicht: «Es geht nicht nur darum, eine einzelne Aufgabe zu erledigen – das System soll dranbleiben, Antworten nachverfolgen, den Status in Google Sheets aktualisieren, bei Rückmeldungen nachhaken, sich mit meinem Google-Kalender synchronisieren, Konflikte lösen und ein Gespräch einplanen und mir vor dem Meeting ein Briefing zusammenstellen. Manche dieser Dinge sollten sogar proaktiv passieren. Es muss nicht mal mehr ein Prompt sein.» 


«Die Arbeit eines Recruiters, die normalerweise eine Woche dauert, ist bald nur noch ein einziger Prompt»
– Aravind Srinivas, CEO von Perplexity AI

In den sozialen Netzwerken sind sich User nicht einig, ob Srinivas Schlangenöl verkauft, Recruiting falsch einschätzt – oder am Ende doch recht hat. Ein User etwa findet, der menschliche Faktor sei nicht zu unterschätzen, unterstützt von anderen Usern, die ihrer Antipathie gegenüber KI-Recruiting Ausdruck verleihen. Ein anderer User wiederum, der sich als Recruiter identifiziert, gibt zu, sein Job sei sehr einfach zu automatisieren. Jemand hält dagegen, das möge vielleicht für Junior Recruiter stimmen, Top-Recruiter hingegen würden «Nadeln im Heuhaufen finden». Er zweifelt daran, dass KI-Agenten das können. 

Arvind Srinivas grösstes Argument ist aber das der Wirtschaftlichkeit. Man könne zwar mit der geeigneten Suche nach Kandidaten Wochen verbringen, habe dabei aber keine Erfolgsgarantie – während sich das Geld, das man in KI-Agenten investiert, bereits dann lohnt, wenn sie zuverlässig passable Ergebnisse liefern. 

«Andernfalls kostet dich das eine Menge Zeit – oder du musst einen Sourcing-Berater engagieren, oder sogar jemanden in Vollzeit einstellen, dessen einzige Aufgabe genau das ist. Wenn dir deine Zeit etwas wert ist, wirst du dafür bezahlen.» 

Andere Medien, etwa Business Insider, schliessen aus dem Gespräch, Srinivas sehe neben dem Recruiting auch Executive Assistants als akut bedroht – explizit erwähnt der Tech-CEO sie aber nicht.

Das Kernargument von Srinivas zählt aber, egal ob Comet sich durchsetzen wird, denn andere Anwendungen werden dasselbe probieren. Die Tech-Seite «Gizmodo» liess kürzlich den CEO und KI-Consultant Elijah Clark in einem Artikel zur Zukunft der Arbeit zu Wort kommen. Seine Einordnung: «Ich habe Mitarbeiter aufgrund von KI entlassen. KI streikt nicht. KI fordert keine Gehaltserhöhung. Mit solchen Dingen muss man sich als CEO nicht auseinander­setzen.» Wenn KI in einer Stunde mehr produzieren kann als Menschen in einer Woche, dann spielt der beschworene «menschliche Faktor» eine untergeordnete Rolle.

KI Agenten direkt im Browser


Der Perplexity-CEO ist aber mit der Idee des KI-Browsers auf einer wichtigen Spur: Browser, so Srinivas, seien der Königsweg auf der Suche nach der KI-Killer-App – und die Antwort auf die Frage, wie KI-Agenten im Alltag funktionieren könnten. Tatsächlich arbeitet auch OpenAI an einem eigenen Browser und hat erst vor wenigen Tagen die erste Agentenfunktion in ChatGPT integriert. 

KI-Agenten erledigen selbstständig komplexe Arbeiten, die aus mehreren Schritten bestehen und können beispielsweise Konzerttickets bestellen oder Social-Media-Accounts eröffnen und Posts verfassen. 

Das Problem, findet der Perplexity-CEO, sei die Tatsache, dass diese KI-Agenten ohne fundamentale Integration in eine Anwendung von Verbindungen zu Drittanbieter-Tools abhängig sind. Browser seien also jene Komplettlösung, die alle Alternativen überflüssig machen sollen. Am Ende sei so ein Browser fast eher mit einem Betriebssystem vergleichbar, als mit Edge oder Chrome, sagt Srinivas. (rs)


Bild von Arvind Srinivas via Getty/Kimberly White unter der Lizenz CC BY 2.0

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