Arbeit und Recht

Personalvermittlung – ohne Vertrag und Leistung kein Honorar

Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 28. Juni 2011 (BZ.2010.54).

Das Urteil

Ein Unternehmen hatte im Sommer 2009 eine Stelle als Konstrukteur neu zu besetzen. Telefonisch meldete sich Ende August zweimal ein Mitarbeiter eines Personalvermittlungsunternehmens und schickte per E-Mail die Bewerbungs-unterlagen von zwei potenziellen Kandidaten, den Herren Y. und Z., sowie die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) für die Vermittlungstätigkeit. Zwei Monate später trat Herr Z., ohne weitere Mitwirkung der Personalvermittlung, die Stelle an.

Die Personalvermittlerin klagte später auf Bezahlung ihres Vermittlerhonorars in der Höhe von gut 14 000 Franken. Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, sie habe der Vermittlerin von Anfang an klar gemacht, dass sie an einem Vertragsabschluss nicht interessiert sei. Der Kontakt mit Herrn Z. sei über den Bekanntenkreis der zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten entstanden. Die E-Mails der Klägerin seien damals ohne Kenntnisnahme der Anhänge gelöscht worden.

Die Klägerin wiederum behauptete, dass mit der Beklagten ein Maklervertrag abgeschlossen worden sei und dadurch, dass sich die Vermittlung als erfolgreich erwiesen habe, der Anspruch auf das Honorar gegeben sei.

Das Kantonsgericht wie auch die Vorinstanz wiesen die Klage ab. Die Klägerin konnte vorliegend weder den Abschluss noch den Inhalt oder den Kausalzusammenhang zwischen Maklertätigkeit und Vertragsschluss nachweisen.

Das konkludente Zustandekommen eines Maklervertrages kann dann bejaht werden, wenn die Tätigkeit eines Maklers wissentlich geduldet und genehmigt wird und den Umständen nach nicht als unentgeltliche Gefälligkeit verstanden werden darf. Allerdings ist die entsprechende Rechtsprechung streng und ein Stillschweigen wird nicht leichthin als Akzept eines Vertrags gewertet.

Gemäss den AVB der Personalvermittlerin verpflichtete sie sich ausserdem zur Vermittlungsmakelei. Sie hätte damit aktiv auf die Abschlussbereitschaft der Vertragspartner hinwirken müssen. Nachdem die Klägerin aber ausser dem Nachweis eines potenziellen Kandidaten nicht weiter tätig geworden ist, wäre selbst bei Annahme eines konkludenten Vertragsabschlusses das Honorar nicht geschuldet, weil die vertraglichen Voraussetzungen für den Honoraranspruch nicht erfüllt wurden.

Konsequenz für die Praxis

Es kann für den Verantwortlichen mühsam sein, ungewollte Offerten von Personalvermittlern abzuwehren. Nichtsdestotrotz empfiehlt es sich in der Regel, darauf zu reagieren, und dem Vermittler klar zu machen, dass man an einem Vertragsabschluss nicht interessiert ist und die zur Verfügung gestellten Unterlagen ohne deren inhaltliche Kenntnisnahme retournieren beziehungsweise löschen wird. Es kann zwar auch so nicht verhindert werden, dass Vermittler Honorarforderungen stellen, kann sich aber in einem allfälligen Rechtsstreit als hilfreich erweisen.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Yvonne Dharshing-Elser arbeitet als Anwältin in der Steuer- und Rechtsabteilung der OBT AG in Zürich. Sie berät vorwiegend KMU in Fragen des Arbeits-, Vertrags- und Gesellschaftsrechts.

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