Rückkehr zur Normalarbeitszeit
Der Industriekonzern Georg Fischer (GF) hat als eines der ersten Unternehmen wegen der Frankenstärke Mehrarbeit verordnet. Nun kehrt GF als einer der ersten Konzerne zum Normalfall zurück. Auch andere Unternehmen wollen bald nachziehen. Doch ein gutes Zeichen ist das nicht unbedingt.
Der Industriekonzern Georg Fischer (GF) hat als eines der ersten Unternehmen wegen der Frankenstärke Mehrarbeit verordnet. Nun kehrt GF als einer der ersten Konzerne zum Normalfall zurück. (Bild: Georg Fischer)
Bern (sda). Der Industriekonzern Siemens etwa wird die längere Arbeitswoche von aktuell 43 Stunden auf dem Platz Zug statt wie geplant im Juli bereits im Mai zurücknehmen und zur Normalarbeitszeit von 40 Stunden übergehen. Öffentlich kommuniziert hat das Unternehmen dies noch nicht.
Die 1400 Mitarbeiter in der Verwaltung, Forschung und Entwicklung am Standort Zug erhalten als Dankeschön zwei freie Tage. «Das ist eine Überraschung für alle», sagt Sprecher Benno Estermann. Erst vor einer Woche wurden die Mitarbeitenden informiert. Weitere 500 Mitarbeiter in der Produktion erhalten eine Sonderprämie von 1000 Franken, weil sie durch Entlassungen am Standort Zug mehr haben leisten müssen.
Auch Georg Fischer verdankt die Sondereinsätze der letzten 10 Monate mit Prämien von 1000 Franken (pro rata). Rund 2000 Mitarbeiter profitieren davon. «Wir haben gesehen, was das ganze Massnahmenpaket inklusive der Arbeitszeiterhöhung gebracht hat. Zudem gibt es an der Währungsfront einige Entspannung. Als Danke für das Engagement der Mitarbeitenden wurden diese Sonderprämien beschlossen», sagt Sprecher Beat Römer.
Allmähliche Normalisierung
Inwiefern sich das Gesamtpaket gerechnet hat, wird Georg Fischer im März bei Bekanntgabe des Jahresergebnisses aufzeigen. Im Halbjahr jedenfalls verbuchte der Konzern Gewinne. Gemäss Gewerkschaft wären darum weitere Massnahmen wegen der Frankenstärke auf Kosten des Personals sowieso per sofort zu stoppen gewesen.
Auch andere Unternehmen planen die Rückkehr zur Normalität und überlegen sich eine Geste des Dankes. Genannt werden wollen sie sich aber nicht. «Wir wollen keine Hoffnungen wecken», sagt eine Sprecherin eines grossen Industrieunternehmens.
Ebenfalls auf Kurskorrektur ist der Industriekonzern Bühler. Er will die im Februar eingeführte Mehrheit zwar bis im März fortführen, allerdings in reduzierter Form. Schluss mit den Sonder-Arbeitszeiten macht bald auch der Schienenfahrzeugbauer Stadler Rail. Ab Anfang Jahr ersetzt der neue Gesamtarbeitsvertrag bisherige Regelungen. Die Netto-Arbeitszeit wird von 39,5 auf 40 Stunden erhöht. Bisher haben die Mitarbeiter wegen des starken Frankens 42,5 Stunden gearbeitet.
Keine Trendwende
Die Rückkehr in gewohnte Bahnen als Zeichen der wirtschaftlichen Besserung zu lesen wäre gemäss Gewerkschaften falsch. Pepo Hofstetter, Leiter der Abteilung Kommunikation und Kampagnen bei der Gewerkschaft Unia, spricht sogar von einem trügerischen Zeichen. «Die Unternehmen werden in den nächsten Monaten zwar die Arbeitszeiterhöhungen zurücknehmen, doch nicht, weil die Lage besser wurde, sondern weil ihnen die Aufträge fehlen», sagt er.
Bisher hätten viele Unternehmen noch von vollen Auftragsbüchern aus dem Vorjahr profitiert. «Nun fehlen die Aufträge. Es wird vermehrt zu Kurzarbeit kommen», prognostiziert er. Zudem würden viele kleinere Betriebe auch Stellen abbauen.
Auch der Verband der MEM-Industrie rechnet in den kommenden Monaten mit einem weiteren Stellenabbau. Viele Betriebe stünden derzeit vor der Frage, welche industriellen Tätigkeiten in der Schweiz noch wirtschaftlich betrieben werden können, schreibt der Verband in einer ebenfalls am Freitag publizierten Mitteilung.
Gleichentags kam aus dem solothurnischen Grenchen eine Hiobsbotschaft: Die Michel Präzisionstechnik AG muss ihren Betrieb schliessen. Das Unternehmen habe dem Druck des internationalen Wettbewerbs nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses nicht mehr standhalten können und sei Konkurs, heisst es in einer Mitteilung. Von der Schliessung sind 82 Mitarbeiter betroffen.