Philippe Guldin: «Sabbaticalnehmende sollten darauf gefasst sein, dass sie auf den Radar ihres Chefs geraten könnten.»
Sabbaticals sind im Trend. Was spricht also dagegen? Beispielsweise, dass sie etwas kosten. Denn nicht nur die Auszeit muss finanziert werden. Ein Sabbaticalnehmender erhält in dieser Zeit kein Erwerbseinkommen und die BVG- beziehungsweise Sozialversicherungsbeiträge sind aus der eigenen Tasche zu bezahlen, dito bei längerer Abwesenheit die Kosten für die Unfallversicherung.
Auch das Argument, dass es sich auf jeden Fall lohnt, eine Auszeit zu nehmen, da sie der persönlichen Entwicklung dient, trifft nicht auf alle zu. Es gibt durchaus Menschen, denen die Rückkehr in den Alltag schwerfällt. Besonders wenn sie ihren Job extra für das Sabbatical gekündigt haben und sie sich nun um eine neue Stelle bewerben müssen. Nur im Idealfall findet der Sabbaticalnehmende im Anschluss eine neue, spannende und herausfordernde Stelle. Im schlechteren Fall warten auf ihn Arbeitslosigkeit, ein Zurückstufen im Job oder eine schlechtere Karrierewahl.
Entscheidend bei einem Sabbatical ist deshalb, wie man die Zeit verbringt, beziehungsweise was die persönliche Zielsetzung ist. Wenn die Zielsetzung Erholung ist und der Sabbaticalnehmende ausgeruht zurückkommt – fair enough! Kritik könnte da ansetzen, wo ein Sabbatical eher eine Flucht oder ein Ausweichen darstellt. In diesen Fällen ist eher ein Coaching als ein Sabbatical angesagt.
Nimmt man die Perspektive des Arbeitgebenden ein, so spricht einiges gegen Sabbaticals. Falls der Arbeitnehmende nicht kündigt, sondern einen unbezahlten Urlaub nimmt, stellt das den Arbeitgebenden vor zahlreiche Herausforderungen – organisatorische, arbeitsrechtliche und planerische.
Zu deren Lösung wird er Zeit und Ressourcen aufwenden, was einer Investition in den Arbeitnehmenden gleichkommt. Denn das operative Tagesgeschäft läuft ja während dessen Abwesenheit weiter. Der Arbeitgebende möchte deshalb wissen, ob der Mitarbeitende nach der Auszeit tatsächlich motivierter und inspirierter zurückkehrt und einen konkreten Mehrwert für das Unternehmen bietet. Sabbaticalnehmende sollten deshalb darauf gefasst sein, dass sie auf den Radar ihres Chefs geraten könnten, vor allem, wenn sie die Auszeit nicht ausreichend begründen können oder wollen.
Es lohnt sich also, sich vor einem Sabbatical eingehend Gedanken über die Gründe und Ziele zu machen. Falls ein Sabbaticalnehmender ins Unternehmen zurückkehren will, sollte er transparent über die eigenen Absichten informieren. Falls er indes kündigt, dann wiederum nur mit dem Taschenrechner in der Hand und einer realistischen Einschätzung der eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt.