Sichtbar werden auf dem Arbeitsmarkt
Firmen müssen sich immer mehr um Kandidaten bemühen. Nicht alle Unternehmen kämpfen dabei mit gleich langen Spiessen. Etwa KMU, die für viele Kandidaten oft wenig sichtbar sind. Diese müssen deshalb stärker in ihr Selbstmarketing investieren. Drei Firmen zeigen, wie sie dabei vorgehen.
Viele KMU können mit den Löhnen von Grosskonzernen nicht mithalten. Dennoch haben sie Mitarbeitenden einiges zu bieten. (Bild: allink AG)
Bienenhausstimmung: Bei der Schreiner 48 AG in Schlieren herrscht Hochbetrieb. «Nicht nur heute, eigentlich immer», sagt Geschäftsführer Markus H. Walser. Mit seinen 60 Mitarbeitenden erledigt das KMU jährlich bis zu 27 000 Aufträge und täglich zwischen 10 bis 16 pro Mitarbeiter. Die Bandbreite der Auftragsarbeiten reicht von Arbeiten an Gebäuden und Gegenständen aus dem 18. Jahrhundert bis hin zu Reparaturarbeiten an Artikeln, die vor zwei Wochen gekauft wurden und schon wieder kaputt sind.
Fachkräfte zu finden, die diesem permanenten Druck gewachsen sind, ist keine einfache Aufgabe. «Wer nach einem Jahr immer noch bei uns ist, bleibt in der Regel für immer. Es gibt kein anderes Unternehmen auf dem Markt, bei dem ein Schreiner so vielfältige Tätigkeiten ausführen kann», erklärt Walser. Um auf sich und sein Unternehmen aufmerksam zu machen, nutzt Walser unterschiedlichste Kanäle: «Wir bewerben unsere Stellen auf Jobportalen, über Fachmedien, auf Facebook, Instagram oder YouTube – und mit unserer Karriereseite.»
Karriereseite als Muss
Auch in Schinznach legt man Wert auf eine attraktive Karriereseite, wo die aarReha-Mitarbeitenden als wichtigste Werbeträger positioniert werden. «Seit kurzem kommen bei uns zudem Google Ads und soziale Medien zum Einsatz. Damit wollen wir vermehrt auch passive Stellensuchende ansprechen», sagt HR-Fachfrau Stefanie Hitz. Daneben setzen sie und ihr Team auf ein aktives Personalmarketing. «Für die Neueröffnung unseres Standorts in Zofingen haben wir zusammen mit Personalmarketing-Experte Jörg Buckmann eine Kampagne entworfen, die unsere Arbeitgebervorteile aufzeigt und diese mit Unterstützung einer Agentur umgesetzt», erzählt Hitz.
Eine gut gegliederte Karriereseite bildet auch für die Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein die Grundlage bei der Rekrutierung. «Nebst den klassischen Stelleninseraten ist sie das Herzstück unserer Kampagnen», sagt Martin Schädler, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Zentrale Dienste. «Damit geben wir unserem Unternehmen ein Gesicht und stellen unsere Mitarbeitenden in den Vordergrund.»
Das Spezielle an der FMA-Karriereseite sei, dass sie mit dem eigenen Instagram-Account verbunden sei und die Posts direkt auf der Karriereseite angezeigt würden. «Über diesen Kanal erzählen wir Geschichten über unsere internationale Tätigkeit und präsentieren unsere Mitarbeitenden mit einem Foto, Statement oder Video.» Zusätzlich bespielt die FMA Liechtenstein Plattformen wie Xing und Linkedin. Auch die Mund-zu-Mund-Propaganda durch Mitarbeitende fehlt nicht im FMA-Recruiting-Repertoire: «Wir haben schon gute Erfahrungen damit gemacht, wollen diese Option in Zukunft aber noch stärker und besser nutzen», sagt Schädler.
Konsequente Strategie und Benefits
Die FMA-Personalmarketingstrategie hat Schädler mit seiner Diplomarbeit zum MAS HR Leadership erarbeitet. «In den vergangenen zwei Jahren haben wir diese konsequent umgesetzt und werden weitere Massnahmen realisieren.» Eine davon sei der monatlich erscheinende HR-Newsletter, der letztes Jahr erstmals an ehemalige Mitarbeitende verschickt worden sei: «Darin sprechen wir über unseren Arbeitsalltag und publizieren aktuelle Stelleninserate sowie den Instagram-Post des Monats. In einem nächsten Schritt machen wir unseren HR-Newsletter allen Interessierten zugänglich.» Daneben zeigt die FMA Präsenz an den Universitäten. Zum Beispiel an den LawDays der Uni St. Gallen.
Klein, aber oho!
Viele KMU können mit den Löhnen von Grosskonzernen nicht mithalten. Dennoch haben sie Mitarbeitenden einiges zu bieten. «Unsere Mitarbeitenden profitieren von 27 Tagen Ferien, nehmen an internen und interdisziplinären Fort- und Weiterbildungen teil und haben eine gute soziale Absicherung sowie günstige Verpflegungsmöglichkeiten», sagt der Geschäftsführer der Schreiner 48 AG, Markus H. Walser.
Auch die FMA Liechtenstein kann mit vielen Arbeitgebervorteilen punkten: Mitarbeitende tragen Verantwortung, können sich an internationalen Projekten beteiligen, Teilzeit und im Homeoffice arbeiten und verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen. «Für Trainees gibt es ein spezielles Programm, bei dem unsere Nachwuchskräfte die vier Aufsichtsbereiche Banken, Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen, Wertpapiere und Märkte sowie Geldwäschereiprävention und andere Finanzintermediäre in zwei Jahren durchlaufen», erzählt Martin Schädler.
Der Erfolg spricht für sich: Schädler hat alle Trainees fest angestellt. Auch die Schreinerei 48 AG setzt auf eine Ausbildung innerhalb des Unternehmens: «Derzeit entwickeln wir eine Lehrwerkstatt und hoffen, dass wir einen Mitarbeitenden pro Lehrjahr im Betrieb halten können.» Nebst guten Verdienstmöglichkeiten und einer Ausbildung «vom Mitarbeitenden zum Jungunternehmer» lockt Geschäftsführer Walser Talente vor allem mit einer «sinnstiftenden Arbeit» und Vorgesetzten, die mit gutem Beispiel vorangehen. «Auch ich packe an und lebe vor, was ich von meinen Mitarbeitenden fordere.» Insbesondere die Generationen Y und Z liessen sich nur mit Sinnhaftigkeit gewinnen und binden. «Wenn wir den Sinn bei der täglichen Arbeit nicht vermitteln, haben wir künftig ein grosses Problem», betont Walser.
Ausbaufähiges Marketing
Obschon in Sachen Personalmarketing viel getan wird, sind sich die drei KMU-Vertreter einig: Es gibt Luft nach oben. «Hätte ich mehr Zeit, würde ich noch viel mehr tun», sagt Stefanie Hitz. «Beispielsweise noch mehr Videos und Fotos einsetzen, um einen persönlichen Einblick in den Alltag der Mitarbeitenden und einer Rehabilitationsinstitution zu geben.» Die FMA Liechtenstein ihrerseits würde sich vermehrt in der Öffentlichkeit zeigen – etwa an Veranstaltungen oder in den sozialen Medien. «Bei Letzterem versuchen wir unsere Mitarbeitenden zu motivieren, unsere Beiträge möglichst oft und weitreichend zu teilen. Das gelingt uns aktuell noch nicht», sagt Schädler.
KMU müssen sich und ihre Mitarbeitenden öfter in den Vordergrund stellen und potenziellen Talenten mit Storytelling positive Eindrücke vermitteln. Eine Meinung, die Walser und Hitz teilen: «Dereinst werden wir uns bei potenziellen Mitarbeitenden bewerben und nicht umgekehrt.» Deshalb sei das vielerorts noch vorherrschende verstaubte Recruiting-Image abzulegen. Etwas, das der Schreiner 48 AG, der aarReha Schinznach wie auch der FMA Liechtenstein relativ gut gelungen ist. «Wir lehnen uns aber nicht zurück», betont Schädler, der sich bereits auf die nächste HR-Marketingmassnahme freut: den FMA-Reiseblog. «Darin werden Mitarbeitende ihre Lieblingsplätze, Restauranttipps und Freizeitempfehlungen in Liechtenstein präsentieren. Dadurch sollen Bewerbende nicht nur einen Einblick in die Arbeit bei der FMA, sondern auch in das Leben in Liechtenstein erhalten.»