Sie sind ein Experte in Sachen Soziokratie. Was bedeutet dieser Begriff?
Soziokratie stammt aus dem Lateinischen «socius» und bedeutet «Gefährte». Diese Philosophie basiert darauf, dass Kooperationsbemühungen wirksamer sind, wenn Entscheidungen von betroffenen Personen selbst getroffen werden oder diese zumindest in der Lage sind, Entscheidungen beeinflussen zu können, die sie betreffen.
Was ist mit «Soziokratie 3.0» gemeint?
«Soziokratie 3.0 (S3)» ist ein modularer und prinzipienbasierter Leitfaden für eine effektive Kollaboration und für Menschen, die effektivere und humanere Organisationen aufbauen wollen. Soziokratie baut auf sozialdemokratischen Praktiken auf, integriert Prinzipien aus Agile, Lean und der gewaltfreien Kommunikation und bietet eine grosse Vielfalt an Optionen für den jeweiligen Kontext oder die jeweiligen Bedürfnisse.
Was ist der grösste Vorteil für Unternehmen?
Verwaltungshierarchien zentralisieren die Entscheidungsfindung. Wenn man Komplexität steuern möchte, sind gemeinsame Anstrengungen am erfolgreichsten, wenn die Entscheidungsfindung an den Ort verlagert wird, wo Wert geschaffen wird. Um effektiv zu sein, muss aber die gesamte Stakeholder-Community ein-bezogen werden. Dies, um Abhängigkeiten zu identifizieren und im Idealfall die kollektive Intelligenz zu nutzen.
Holacracy scheint der Soziokratie sehr ähnlich zu sein. Worin besteht der Unterschied?
Holacracy ist eine Ableitung der Sociocratic Circle Method, ebenso wie «Soziokratie 3.0». Es gibt jedoch signifikante Unterschiede, beispielsweise, dass Holacracy als Ausgangspunkt einen präskriptiven Rahmen bietet, während S3 ein modulares Menü mit optionalen Mustern zur Verfügung stellt.
Zur Person
James Priest ist Mitentwickler von «Soziokratie 3.0» und Mitbegründer von «Thrive-in Collaboration». Am HR Festival 2020 in Zürich ist Priest Keynote Speaker.