Stelleninserate: Intensive Suche auf allen Kanälen
Der «Königsweg» der Personalrekrutierung ist nicht mehr das Stelleninserat in der Tageszeitung, sondern eine Kombination aus verschiedenen Instrumenten. Im Idealfall ergänzen sie sich.

In einem Raum des Konferenzzentrums am Flughafen Zürich war im April 2001 die Skepsis der Zuhörer mit den Händen greifbar. Jobpilot, Manpower und die Fachhochschule Nordwestschweiz präsentierten gemeinsam ihren ersten «Jobpilot-Index». Mit dem sollte fortan gemessen werden, wie sich die Anzahl der Stellenanzeigen im Internet im Vergleich zu denjenigen in den Printmedien entwickelt. «Kurzfristiger Trend», «IT-Euphorie», «Nichts kann das gedruckte Stelleninserat ersetzen» – diese und ähnliche Gedanken waren einigen der anwesenden Journalistinnen und Journalisten deutlich im Gesicht abzulesen. Verständlich: Schliesslich leben Zeitungen – und damit auch ihre Angestellten – von den Rubrikeninseraten, zu denen auch die Stellenanzeigen gehören. Was nicht sein darf, kann nicht sein.
Der jahrelange Zweckoptimismus der Verlagsbranche gegenüber der wachsenden Konkurrenz aus dem Internet ist inzwischen Respekt, wenn nicht sogar Furcht gewichen. Internetbörsen, virtuelle Anzeigenmärkte und Online-Jobplattformen – sie alle sind keine kurzlebigen Zeiterscheinungen, sondern ernst zu nehmende Konkurrenz für die Printmedien. Allein Google hat im Jahr 2007 mit einfachen Kleinanzeigen 16,5 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Keine Frage: Auch Plattformen wie jobs.ch, Monster, Stepstone, Jobpilot, Jobscout24 und ihre regionalen, oft stark spezialisierten Konkurrenten sind potente Marktteilnehmer, keine vorübergehenden Lifestyle-Produkte. Nicht so einfach zu beantworten ist allerdings die Frage, ob sie direkt zulasten der Printanzeiger wachsen. Allerdings wies der Jobpilot-Index – auch wenn er sich ebenfalls konjunkturabhängig zeigt – von Anfang an gegenüber den Stelleninseraten in den Printmedien bessere Werte aus (vgl. Grafik 1).
Breitere Basis
Die Kritik, die dem Jobpilot-Index bald einmal erwuchs, kann als Indiz dafür gelten, wie komplex die Analyse des Stelleninseratemarktes ist. So wurde etwa kritisiert, dass zur Erstellung auch der Manpower-Index herbeigezogen wurde. Dieser beruhte damals auf einer Analyse der Stellenanzeigen der 25 grössten Schweizer Zeitungen – bezog sich allerdings nicht auf die Anzahl der publizierten offenen Stellen, sondern auf die Gesamtfläche der Inserate. Gerade diese ist jedoch kein fester Wert, sondern variiert stark entsprechend der Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften. Als Faustregel gilt offenbar: Je dringender jemand gesucht wird, desto grösser ist das Inserat.
Ebenso wenig erlaubt die Höhe der Einnahmen, die die Verlage mit den Stelleninseraten erzielten, eindeutige Rückschlüsse auf die Anzahl der geschalteten Inserate: «Die Entwicklung der Werbeeinnahmen aus Stelleninseraten verläuft in etwa parallel zur Konjunktur», erklärt Rolf Blum von der WEMF AG für Werbemedienforschung. Die Werbestatistik gebe aber keine Auskunft darüber, welche Inserate etwa aus den Anzeigern ab- und wohin sie gewandert seien. Eines zeigt die Werbestatistik jedoch klar: Ein Garant für krisensichere Einnahmen sind Stelleninserate für die Printmedien längst nicht mehr (vgl. Grafik 3).
Seit seiner Einführung wurde der Jobpilot-Index überarbeitet und auf eine breitere Basis gestellt. Heute beteiligt sich auch die Universität Zürich an der Erhebung. Auf der Grundlage des am Soziologischen Instituts entwickelten Stellenmarkt-Monitors werden nun auch die offenen Stellen auf den Webseiten der Schweizer Unternehmen ausgezählt. Diese repräsentative Stichprobe, so hiess es in der entsprechenden Medienmitteilung, umfasse 1000 Firmen und Organisationen. In Verbindung mit der Erhebung des Angebots auf den grössten Schweizer Stellenbörsen werde der Jobpilot-Index damit zu einem repräsentativen Indikator für die Arbeitsmarktkonjunktur.
Internet wird wichtiger
Kaum überraschend hat dieser Index auch in seiner neuen Zusammensetzung den wichtigsten Trend der letzten Jahre bestätigt: Der Anteil der im Internet ausgeschriebenen offenen Stellen nimmt kontinuierlich zu. Bereits im Jahr 2003 seien etwa ein Viertel aller offenen Stellen über ein kommerzielles Stellenportal im Internet ausgeschrieben worden, zeigten Urs Klarer und Stefan Sacchi vom Soziologischen Institut in ihrer eigenen Erhebung im März 2007; mittlerweile habe sich dieser Anteil gar auf rund 42 Prozent erhöht.
Die Hauptattraktivität von Stellenbörsen für Unternehmen liegt auf der Hand: Sie bieten effiziente Suchwerkzeuge und Abonnierungsoptionen, die Inserate können nach Bedarf gestalten und geschaltet werden und versprechen meist Zugriff auf grosse Bewerberpools. Gerade die grossen Jobplattformen sind dank vieler Zusatzdienstleistungen wie Bewerbertipps, Jobforen oder Suchmaschinen nicht nur speziell für Stellensuchende, sondern ganz generell für Werktätige attraktiv.
Selbst in der Hochkonjunktur machen Unternehmen heute die Kosten-Nutzen-Rechnung im Zusammenhang mit offenen Stellen: Lohnen sich Inserierungskosten von mehreren hundert Franken für einfache Inserate in Tageszeitungen oder von mehreren tausend Franken für solche im Topsegment wie NZZexecutive oder Alpha? Vor allem, wenn ihr Erfolg angesichts des Fachkräftemangels so zweifelhaft ist?
Kunden werden zu Konkurrenten
Wenn ihre Preise auch sehr stark variieren: Auch Jobportale verlangen für die Platzierung eines Stelleninserats Geld. Wenig verwunderlich deshalb, dass immer mehr Unternehmen auch bei der Rekrutierung die Variante «homemade» vorziehen. «Schon im Jahr 2003 wurden gut 44 Prozent der offenen Stellen auf diese Weise ausgeschrieben», konstatieren Klarer und Sacchi, «etwa ähnlich viele wie in der Presse.» Nach einer vorübergehenden Abnahme bis zum Jahr 2006 habe sich dieser Anteil nochmals deutlich auf eindrückliche 55 Prozent erhöht. «Entgegen einer weitverbreiteten Wahrnehmung sind also nicht die Stellenbörsen, sondern die Firmenseiten der meistgenutzte Inserierungskanal im Internet.»
Das Spektrum der auf den firmeneigenen Homepages ausgeschriebenen Stellen unterscheide sich aber deutlich von demjenigen in der Presse. Es seien vor allem Grossbetriebe aus den Branchen Finanzdienstleistungen, Handel sowie aus den Industriebereichen Elektronik, Metall und Maschinen, die im Vergleich zur Presse auf den Firmen-Homepages stark überdurchschnittlich vertreten seien, während umgekehrt das Bau- und Gastgewerbe nach wie vor bevorzugt über die Presse rekrutiere. Sacchi und Klarer stellen fest: «Der im Vergleich zum ausgeprägten Wachstum des Internet-Stellenmarkts vergleichsweise bescheidene Rückgang der Presseinserierung erklärt sich daraus, dass immer mehr Stellen gleichzeitig über mehrere Inserierungskanäle ausgeschrieben werden.» (Vgl. Grafik 2)
Der grosse Verdrängungskampf im Inseratemarkt hat also bisher nicht stattgefunden. Selbst die erwartete Konsolidierung unter den Jobplattformen ist bisher erst bescheiden ausgefallen. Allerdings ist ein deutlicher Trend zur Spezialisierung auf Bereiche und Branchen feststellbar. In Deutschland bereits stark im Kommen sind auch eigentliche Jobsuchmaschinen, die es den Bewerbern erlauben, Online-Angebote nach Tätigkeiten, Positionen oder gar nach der Wunschlohnhöhe zu selektionieren. Den Stellenbörsen erwächst zudem Konkurrenz von Branchenverbänden, die ihre Attraktivität für Mitglieder durch interessante, branchenspezifische Jobplattformen zu erhöhen versuchen.
Treffsicherheit ist wichtiger als Streuung
Die Zukunft des Printinserats ist gegenwärtig ebenso schwer vorauszusagen wie diejenige ihrer Träger, der gedruckten Zeitungen. Für Unternehmen wird eine grosse Streuung ihrer Inserate in Zukunft wohl immer weniger wichtig sein. Um die von ihnen anvisierten Zielgruppen zu erreichen, müssen sie aber Formen der Ansprache entwickeln, die den Bedürfnissen der Bewerber tatsächlich entsprechen. Noch wichtiger als die Frage, wo ein Inserat platziert wird, dürfte also die Frage werden, wie das Inserat formuliert sein muss, um anzukommen. Gemütlich aus riesigen Schwärmen von Arbeitssuchenden abschöpfen war gestern – heute will jedes Fischlein speziell umworben werden.
Quellen:
- www.arbeitsmarktforschung.ch
- www.stellenmarkt-monitor.ch
- www.stellenmarkt-monitor.ch/zusammenfassung.html (Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse aus den Studien über die Entwicklungen auf dem Stellenmarkt 1950–2000)
- www.manpower.ch (Arbeitsmarktbarometer)