Streit um Lohnausfall nach freiwilliger Organspende
Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 14. Februar 2013 (200 12 734 KV SCJ7ABE/SEE).
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Das Urteil
Der Ehemann von Z. musste sich im Jahr 2011 einer Nierentransplantation unterziehen. Z. spendete ihm eine Niere und war deshalb selbst während 47 Tagen arbeitsunfähig. Die Arbeitgeberin von Z. verneinte eine Lohnfortzahlungspflicht ihrerseits. Deshalb stellte Z. ein Gesuch bei der Krankenversicherung ihres Ehemannes um Übernahme des erlittenen Lohnausfalles. Die Krankenversicherung wies das Gesuch mit der Begründung ab, die arbeitsrechtliche Lohnfortzahlungspflicht gehe der Pflicht des Sozialversicherers zur Entschädigung des Lohnausfalles vor. Dagegen erhob Z. Einsprache und anschliessend Beschwerde.
Gemäss Transplantationsgesetz übernimmt der Versicherer neben der Operation, Behandlung von Komplikationen etc. auch eine angemessene Entschädigung für den Erwerbsausfall oder anderen Aufwand, welcher der spendenden Person im Zusammenhang mit der Entnahme entsteht. Die Krankenkasse stellte sich vorliegend aber auf den Standpunkt, die Entschädigungspflicht nach Transplantationsgesetz sei subsidiär zur Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Damit hätte Z. den Anspruch primär gegenüber ihrer Arbeitgeberin geltend machen müssen. Z. machte aber ihrerseits geltend, dass sie von ihrer Arbeitgeberin keinen Lohnersatz erhalten werde. Der Anspruch auf arbeitsrechtliche Lohnfortzahlung sei nämlich nicht gegeben, weil die Organspende freiwillig und damit gewissermassen verschuldet erfolgt sei.
Das Verwaltungsgericht kam zum Schluss, dass aufgrund der Entstehungsgeschichte der entsprechenden Klausel im Transplantationsgesetz der Gesetzgeber den Lebendspender umfassend gegen die finanziellen Risiken einer Spende absichern wollte, um damit die Lebendspende zu fördern. Die Einschränkung des Entschädigungsanspruchs – wozu auch die Subsidiarität zum arbeitsrechtlichen Anspruch auf Lohnfortzahlung gehört – würde dem Sinn und Zweck des Transplantationsgesetzes zuwiderlaufen. Unabhängig von den konkreten Verhältnissen des Spenders, wie beispielsweise unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit, Dauer der Anstellung und Dauer der Arbeitsunfähigkeit, seien 100 Prozent des Lohns zu entschädigen, entschied das Verwaltungsgericht und hiess die Beschwerde deshalb vollumfänglich gut. Ob die Arbeitsverhinderung im Sinne des Arbeitsrechts verschuldet sei oder nicht, hat das Gericht offengelassen.
Konsequenz für die Praxis
Die Arbeitgeberin war nicht direkt Beteiligte im Prozess, aber durch dieses Urteil natürlich mittelbar auch begünstigt. Das Urteil ist aus Sicht der Arbeitgeber sehr zu begrüssen, auf eine Bestätigung dieser Rechtsprechung durch das Bundesgericht muss man aber nach wie vor warten, da das Urteil nicht angefochten wurde.