Forschung

Weiterbildung stärkt die Entscheidungsfähigkeit von Verwaltungsräten

Werden CEOs bei unzureichender Unternehmensleistung gefeuert oder nicht? Nur wenige Unternehmensentscheidungen sind von aussen so gut beobachtbar wie eine ausserplanmässige CEO-Entlassung. Der Verwaltungsrat (VR) als verantwortliches Entscheidungsgremium muss hierbei vieles erwägen. Eine neue Studie zeigt, welche Faktoren den VR dabei lähmen und warum sich die Aus- und Weiterbildung seiner Mitglieder positiv auf die Entscheidungsfähigkeit des VR auswirkt.

Eine nicht-planmässige CEO-Entlassung gehört zu den folgen- und risikoreichsten Entscheidungen eines VR. Dessen Mitglieder haben die treuhänderische Verantwortung, die richtigen Entscheide für den Unternehmenserfolg zu treffen. Gleichzeitig dieser aber von vielen Faktoren abhängig, die von einem CEO nicht unmittelbar beeinflussbar sind. Zudem zeigt die empirische Forschungsliteratur, dass es nur eine sehr schwache Evidenz dafür gibt, dass CEO-Entlassungen die Unternehmensleistung steigern.

Solche weitreichenden Entscheidungen kann der VR nur gemeinsam treffen. Diese Entscheide sind jedoch von den Erfahrungen, Einschätzungen und Wahrnehmungen einzelner VR-Mitglieder abhängig. Die Konsensfähigkeit des VR hängt daher wesentlich vom Hintergrund der einzelnen VR-Mitglieder und der daraus resultierenden Gruppendynamik ab. So zeigte eine Untersuchung von 577 CEO-Entlassungen der grössten US-amerikanischen Unternehmen welche Faktoren die Gruppendynamik und somit die Entscheidungsfähigkeit von Verwaltungsräten lähmen – und welche sie stärken.

Die Entscheidungsfähigkeit wird insbesondere dann beeinträchtigt, wenn sich innerhalb des Verwaltungsrats Teilgruppen bilden. Die Analyse zeigt zudem, dass Personen mit ähnlichen demografischen Merkmalen untereinander zu Koalitionen neigen und sich von anderen Teilgruppen innerhalb des VR abgrenzen. So wird die Kohäsion des VR geschwächt und Entscheidungen wie die einer CEO-Entlassung erschwert. Solche Entwicklungen könnten vermieden werden, wenn das Risko der Teilgruppen-Bildung im Rekrutierungsprozess berücksichtigt würde. So ist diese Gefahr in sehr diversen Verwaltungsräten minimal, da es zu wenige VR-Mitglieder mit ähnlichen demographischen Merkmalen gibt, die eine Teilgruppe bilden könnten.

Interessant ist, dass diese Dynamik bei informationsbasierten Merkmalen wie Aus- und Weiterbildung, funktioneller Hintergrund oder Karrierebiografie der VR-Mitglieder umgekehrt wirkt und nicht zu schädlichen Teilgruppen führt. So zeigt die Empirie beispielsweise, dass eine diverse und umfangreiche Aus- und Weiterbildung den produktiven Austausch im VR sowie sorgfältigere und innovativere Entscheidungen fördert – insbesondere in Situationen, in denen der VR mit risikoreichen und komplexen Fragen konfrontiert ist.

Die Erwartungen an Verwaltungsräte sind in den letzten Jahren enorm gestiegen, während längerfristige Planungen und bisherige Sicherheiten zunehmend in Frage gestellt werden. Wie die aktuelle Studie zeigt, profitieren VR von Investitionen in eine breite Aus- und Weiterbildung ihrer Mitglieder. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die kontinuierliche Aus- und Weiterbildung einen wirksamen Beitrag zur zunehmenden Professionalisierung der VR leistet.


Quelle:

Shin, T., & You. J. (2023) Faults and Faultlines: The Effects of Board Faultlines on CEO Dismissal. Journal of Management, 49(4), 1344-1393.

Die Executive School der Universität St.Gallen bietet ein breites Portfolio an Weiterbildungen für bestehende sowie künftige Verwaltungsratsmitglieder an. Eine Übersicht über das Gesamtportfolio der St.Gallen Board Programmes: https://es.unisg.ch/boards.

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Georg Guttmann

Prof. Dr. Georg Guttmann ist Assistenzprofessor für Internationale Corporate Governance an der Universität St. Gallen und Direktor der St. Gallen Board Programme. Diese umfassen eine Vielzahl an forschungs- und praxis­bezogenen Initiativen, die sich an Ver­waltungsräte von Schweizer und europäischen Unter­nehmen richten.

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