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Wie die Temporärarbeit in Zeiten 
der Wirtschaftskrise helfen kann

Die Immobilien- und Finanzkrise in den USA hat eine weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst. Die in vielen Ländern resultierende Rezession hat nun die Arbeitsmärkte erreicht, so auch in der Schweiz, wo die Arbeitslosenrate seit Herbst 2008 um einen Prozentpunkt auf 3,4 Prozent gestiegen ist.

Die besonders arbeitsmarktabhängige Personalverleihbranche ist von der Krise stark betroffen. Im Dezember, Januar und Februar verzeichnete die Branche Einbrüche von -19 Prozent gegenüber derselben Vorjahresperiode. Auch in anderen Ländern Europas hat die Personalverleihbranche massive Einbussen zwischen -16 Prozent in Belgien und -32 Prozent in Spanien erlitten.

Der Beitrag der Temporärarbeit zur Begrenzung der Krise …

Die Branche des Personalverleihs kann aber eine zentrale Rolle für die Begrenzung der Wirtschaftskrise spielen. Erstens werden durch die Temporärarbeit weiterhin Arbeitsplätze geschaffen, die es sonst nicht gäbe: Auch wenn die Temporärarbeit momentan rückläufig ist, bekleiden rund 80 Prozent der temporär Beschäftigten Jobs, die ohne die Möglichkeit zur Flexibilisierung via Temporärarbeit nicht geschaffen worden wären (siehe Grafik 1).

Zweitens hat die Temporärarbeit einen stabilisierenden Effekt, indem sie als Flexibilitätsmittel die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen fördert und dadurch feste Stellen sichert. Mit dem Einsatz von Temporärarbeit können Unternehmen besser auf Auftragsschwankungen reagieren und ihre Belegschaft an das wechselhafte Umfeld anpassen. Den Personalverleihern kommt dabei die Aufgabe zu, Kenntnisse über die Auftragslage der verschiedenen Unternehmen zu erwerben, um die temporär Arbeitenden jeweils da einsetzen zu können, wo Bedarf vorhanden ist (siehe Grafik 2).

Dabei darf aber nicht in Vergessenheit geraten, dass Temporärarbeit nicht nur zum Spitzenausgleich, sondern auch zur strategischen Flexibilisierung der Belegschaft eingesetzt wird. So werden temporär Arbeitende zum Beispiel auch projektweise eingesetzt. Für solche Fälle würde es swissstaffing ausserordentlich begrüssen, wenn Personalverleiher in der Schweiz auch von der Kurzarbeitsentschädigung profitieren könnten, was heute noch nicht möglich ist. Gewisse EU-Länder haben diese Lücke erkannt und die Kurzarbeit kürzlich auch für Personalverleiher zugelassen.

In der Schweiz ist dies noch nicht 
der Fall, obwohl selbstverständlich auch Personalverleiher in ihrer Qualität als Arbeitgeber sowie die temporär Arbeitenden mit den ordentlichen ALV-Beiträge an die Arbeitslosenversicherung beitragen, ohne aber von allen ihren Leistungen – wie eben der Kurzarbeitsentschädigung – profitieren zu können. Dieser Missstand führt heute dazu, dass von der Krise gebeutelte Einsatzbetriebe, die temporär Arbeitende projektweise eingesetzt haben, vor die Wahl gestellt werden, diese entweder zum vollen Preis weiterzubeschäftigen oder, was viel häufiger der Fall sein dürfte, sie ganz zu entlassen, obwohl sie ihre Arbeitsleistung zumindest im Teilpensum noch sehr gut gebrauchen könnten. Und für die temporär arbeitende Person heisst das, dass sie ihren Job verliert und zu 100 Prozent der Arbeitslosenversicherung zur Last fällt.

Ganz akuten Handlungsbedarf besteht zudem bezüglich der in gewissen Kantonen verfügten Zulassungsvoraussetzungen für die Kurzarbeit. In gewissen Kantonen bewilligen die Arbeitsmarktbehörden Kurzarbeit nur, wenn das Gesuch stellende Unternehmen keine temporären Mitarbeitenden (mehr) beschäftigt. Dahinter steckt wahrscheinlich die Überlegung, dass die Arbeit, die durch temporär Arbeitende erledigt wird, durch die fest angestellten Arbeitnehmenden übernommen werden soll, bevor deren Arbeit gekürzt wird. Eine solche Beurteilung verkennt aber, dass temporär Arbeitende nicht nur zum Spitzenausgleich, sondern auch zur strategischen Flexibilisierung oder projektbezogen eingesetzt werden.

Deshalb kommt Prof. Thomas Geiser in einem von swissstaffing beauftragten Gutachten zum Schluss, dass eine solche Auslegung der Zulassungsvoraussetzungen für die Kurzarbeit ungeeignet und unverhältnismässig ist. Denn die Kurzarbeit hat die Erhaltung von Arbeitsplätzen zum Ziel – und dazu gehören auch die Arbeitsplätze der temporär Arbeitenden.

Drittens hilft die Temporärarbeit Arbeitslosen, im Arbeitsmarkt wieder Fuss zu fassen. In vielen Ländern Europas, und so auch in der Schweiz, war ein wesentlicher Anteil der temporär Arbeitenden vor dem Temporäreinsatz erwerbslos. Nach dem Temporäreinsatz sind es deutlich weniger. Das heisst, dass die Temporärarbeit den Betroffenen 
häufig hilft, einen längerfristigen Platz im Arbeitsmarkt zu finden. Hinzu kommt, dass die Temporärarbeit gesetzlich und gesamtarbeitsvertraglich gut reguliert ist und dadurch soziale Sicherheit (Arbeitslosenversicherung, Krankentaggeld, Altersvorsorge) gewährleistet.

Personalverleiher arbeiten viertens häufig mit der öffentlichen Arbeitsvermittlung (Regionale Arbeitsvermittlungszentren) zusammen, mit dem Ziel, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren und auf eine bestmögliche Arbeitsmarktmobilität hinzuwirken. Im 
Unterschied zur öffentlichen Arbeitsvermittlung verfügen Personalverleiher häufig über bessere oder mehr Kontakte zur Wirtschaft und somit zu den offenen Stellen. Hinzu kommt, dass Personalverleiher branchenübergreifend arbeiten und deshalb Stellensuchende auch Jobs anderen, noch wachsenden Branchen zuweisen können. Handkehrum sind bei der öffentlichen Arbeitsvermittlung sämtliche stellensuchenden Personen registriert, während sich bei den Personalverleihern in der Regel nur eine Gruppe davon angemeldet hat.

Bestimmte Personalverleiher und Regionale Arbeitsvermittlungszentren (RAV) arbeiten heute sehr gut zusammen. swissstaffing ist aber der Auffassung, dass diese Zusammenarbeit gerade in Krisenzeiten vertieft werden sollte. Eine optimal gestaltete Zusammenarbeit, die die Stärken beider Vermittlungsorganisationen einbezieht, kann ohne gravierende Mehrkosten wertvolle Synergien erzeugen, die allen Beteiligten dienen – allen voran den Stellensuchenden, aber auch der öffentlichen Hand und den Personalverleihern. Eine einseitige Stärkung der öffentlichen Arbeitsvermittlung zieht hingegen grosse Mehrkosten für die Rekrutierung von neuen Personalberatenden nach sich, welche die bereits verschuldete Arbeitslosenversicherung stark belasten, ohne von den Stärken der privaten Arbeitsvermittlung – insbesondere den guten Kontakten zur Wirtschaft und den effizienten Vermittlungsprozessen – zu profitieren.

Fünftes stärkt Temporärarbeit die Arbeitsmarktfähigkeit der Arbeitnehmenden. Sie hilft ihnen, besser der Krise zu widerstehen, indem temporär Arbeitende während ihres Einsatzes berufliche und zwischenmenschliche Fähigkeiten erwerben. Dies erklärt, weshalb die Temporärarbeit, wie gezeigt wurde, die Erwerbsquote steigert. In einigen Ländern Europas, und bald auch in der Schweiz, haben temporär Arbeitende überdies Zugang zu subventionierten Weiterbildungsangeboten.

Mit Inkrafttreten des GAV Personalverleih werden alle temporär Arbeitenden sowie Personalverleiher mit einem Lohnbeitrag von insgesamt 0,4 Prozent  einen paritätischen Weiterbildungsfonds alimentieren. Bei diesem können interessierte temporär Arbeitende dann Weiterbildungsgutscheine beziehen, die sie bei einer vom Fonds akkreditierten Bildungseinrichtung ihrer Wahl einlösen können. Dieses Angebot soll bereits nach kurzer Temporärarbeit (von zirka einem Monat) bereitstehen und ganz im Sinne des Flexicurity-Gedankens einen Beitrag an das lebenslange Lernen – gerade auch für Erwerbspersonen mit häufigen Jobwechseln – leisten.

… und zur Grundsteinlegung für den Aufschwung

Die Personalverleihbranche wird, sobald der Aufschwung wieder einsetzt, eine der ersten Branchen sein, die vermehrt neue Stellen schaffen. Die Unternehmen werden steigenden Auftragseingängen aus Vorsicht vorerst mit der Einstellung von temporärem Personal begegnen, um abzuwarten, ob es sich um kurzfristige oder längerfristige Zunahmen handelt.

Dieser Stellenzuwachs führt dann zu nachgelagerten Effekten, die in die Schaffung weiterer, auch unbefristeter Arbeitsplätze münden. Studien zeigen, dass eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in puncto Arbeitsplatzschaffung vorteilhaft wirkt: Während beispielsweise in Frankreich in den 1980er Jahren ein Nettozuwachs neuer Arbeitsplätze erst bei einem BIP-Wachstum von 2 Prozent einsetzte, liegt dieses Niveau nach Angaben von UNEDIC heute, nachdem der französische Arbeitsmarkt insbesondere dank der Verbreitung von Temporärarbeit flexibler geworden ist, bereits bei 1 bis 1,5 Prozent.

Nicht zuletzt ist zu bemerken, dass es sich bei diesen neu durch Temporärarbeit geschaffenen Stellen um Qualitätsjobs handelt, zumal die Personalverleihbranche gesetzlich und gesamtarbeitsvertraglich umfassend reguliert ist. Auf EU-Niveau ist das Prinzip der Gleichbehandlung in puncto Löhne, Arbeitszeiten und Sozialleistungen (equal treatment) in einer Richtlinie festgehalten. Die aktuelle gesetzliche Situation in der Schweiz garantiert in machen Einsatzbranchen ebenfalls die Gleichbehandlung von temporär Arbeitenden mit Festangestellten. Mit dem Inkrafttreten des GAV Personalverleih wird das Prinzip der Gleichbehandlung dann auch auf die übrigen Einsatzbranchen ausgedehnt.

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Myra Fischer Rosinger

Myra Fischer-Rosinger ist Direktorin von swissstaffing, dem Branchenverband der Personaldienstleister. Die Politologin und Volkswirtschaftlerin prägt die Entwicklung von swissstaffing seit 2006. Massgeblich beteiligt war sie an der Einführung des Gesamtarbeitsvertrags Personalverleih, der seit 2012 in Kraft ist. Im Branchenverband swissstaffing sind 300 schweizerische Personaldienstleister organisiert. Der Arbeitgeberverband ist Kompetenz- und Servicezentrum für die Temporärbranche und vertritt die Anliegen seiner Mitglieder gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. www.swissstaffing.ch

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