Work from Home: Wie wir das Beste daraus machen
Work from Home ermöglicht mehr Freiheiten in den drei Schlüsselbereichen: Raum, Zeit und Geist. Doch wie optimiert man diese neu gewonnene berufliche Freiheit in den eigenen vier Wänden?
Das Beste aus der Homeoffice-Situation machen: Diese Tipps helfen. (Bild: iStock)
Einheitslösungen für Büros, Zeitpläne und Kleiderordnungen sind vorbei. Überall überdenken Menschen gerade ihre eigene Arbeitserfahrung, experimentieren mit neuen digitalen Tools und versuchen ihren Arbeitsalltag zu personalisieren. Diese Entwicklungen werden sich auch nach Covid-19 nicht zurück buchstabieren lassen. So zeigt eine neue Studie von Cisco, 64 Prozent der Schweizer Arbeitnehmenden ihre seit dem Lockdown im Frühling 2020 erworbene höhere Autonomie bewahren wollen. Im Durchschnitt arbeiteten vor der Pandemie nur 4 Prozent der Befragten die meiste Zeit von zu Hause aus. Knapp neun von zehn Arbeitnehmenden (87 Prozent) wünschen sich nun – wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist – mehr Eigenverantwortung bei der Festlegung, wie und wann sie arbeiten und einen Mix aus Büro- und Remote-Arbeit. 66 Prozent der Befragten wollen zudem auch weiterhin in verteilten Teams arbeiten.
Doch je mehr Eigenverantwortung, desto grenzenloser das Universum von Optionen, wie man die Work from Home Experience für sich gestaltet. Folgende drei Tipps haben mir persönlich in den letzten Monaten geholfen:
1. Das Homeoffice hat andere Stärken als ein klassisches Büro
Arbeit besteht bei mir – und vermutlich bei vielen anderen auch – aus drei Teilen: Erstens aus einem transaktionsgetriebenen Teil, in dem man Aufgaben mit anderen angeht und abarbeitet; zweitens aus einem kreativen, konzeptionellen Teil, in dem man neue Ideen entwickelt; drittens aus einem kollegialen, zwischenmenschlichen Teil, in dem man Beziehungen an der Kaffeemaschine aufbaut und bei gemeinsamen Lunches pflegt. Bei mir punktet das Homeoffice vor allem beim kreativen Teil: die Ideen kommen mal unter der Dusche, in der Küche oder bei einem Spaziergang zur Bäckerei. Der transaktionsgetriebenen Teil ist für mich nicht so ausschlaggebend. Sofern ich die digitalen Tools habe, um mit anderen schnell in Kontakt zu treten (Videotelefonie, Chatapplikationen), kann ich die Arbeit im Büro und zuhause etwa gleich gut erledigen. Das Homeoffice verliert jedoch gegenüber dem klassischen Büro beim Thema zwischenmenschliche Beziehungen.
Mein Lösungsansatz: Ich versuche, meine Agenda so zu gestalten, dass es mehr Platz für kreative Arbeit hat und ich somit die Stärke des Homeoffice für mich ausnutze. Gleichzeitig versuche ich pro Woche mindestens an drei, idealerweise an allen Tagen ein «Walking Meeting» einzuplanen, wo ich entweder mit meinem Meetingpartner vorab vereinbare, dass wir das Gespräch telefonisch durchführen, währenddessen wir beide an unserem jeweiligen Wohnort spazieren gehen oder wir treffen uns auf einen physisch distanzierten Spaziergang auf halber Distanz.
2. Experimente mit digitalen Tools wagen
Würde man Schweizer Arbeitnehmenden die Chance geben, für einen Tag CEO zu sein, würden 72 Prozent der Befragten für effektive Kommunikations- und Kollaborations-Tools sorgen und der Belegschaft zuhause eine ähnliche Technologie wie im Büro zur Verfügung stellen. 68 Prozent sind der Meinung, dass Weiterbildung im Bereich Technologie und digitale Fähigkeiten für den Geschäftserfolg im Jahr 2021 grundlegend sein werden. So fallen die Resultate der bereits zitierten «Workforce of the Future»-Studie von Cisco aus.
Als Studiengangsleiterin, Beraterin, Workshopleiterin und Referentin kann ich die Wichtigkeit des experimentierfreudigen «Learner’s Mindset» nur unterstreichen. Ich habe in den vergangenen sechs Monaten zahlreiche Tools ausprobiert und auch das eine oder andere digitale Projekt aus dem Wohnzimmer heraus lanciert. Ein Beispiel ist «On the Sunnie Side», ein 15-minütiges digitales Gesprächsformat mit Business Leaders, welche die Digitalwirtschaft gestalten. Wer sich die Mühe macht, alle 17 Folgen durchzuschauen, merkt schnell, dass ich – ganz im Sinne von Learning by Doing – mit jeder Folge wieder etwas Neues angepasst habe. So hat sich seit der ersten Folge das Licht verbessert, die Kameraqualität, die Geschwindigkeit des Internets (ja man kann ein iPhone mit einem Ethernetkabel verbinden), das Logo der Sendung, die Wandfarbe und, und, und. Wichtig ist nicht, dass es von Anfang an perfekt ist, sondern dass man sich immer wieder traut, neue digitale Tools auszuprobieren und zu experimentieren, bis die digital Experience zuhause optimal passt.
3. Digital Detox in den Homeoffice-Alltag integrieren
Wohlbefinden und Balance sind höchst subjektiv und von Individuum zu Individuum verschieden. Die Ungewissheit und Isolation der Covid-19-Krise haben aber für alle deutlich gemacht, wie wichtig nicht nur die physische sondern auch die mentale Gesundheit ist. Deshalb ist es umso zentraler, dass jeder für sich, als auch der Arbeitgeber, ein Bewusstsein schafft, die der «Always-On» Mentalität entgegenwirkt. Der Mensch braucht Pausen, um nachhaltig leistungsfähig, produktiv und zufrieden zu sein.
Mein Lösungsansatz hierfür ist noch «work in progress». Mein Ziel wäre, bewusst einen Tag pro Arbeitswoche einzuplanen, an dem ich keine digitalen Besprechungen habe. Gelungen ist mir zwar bisher jeweils nur ein halber Tag. Die Intention ist jedoch da und die Umsetzung somit nur eine Frage der Zeit. An einem solchen (Halb)Tag nehme ich mir zwei Ziele vor: Erstens einen Arbeitsinhalt einzuplanen, der kreativer oder konzeptioneller Natur ist (so ist beispielsweise dieser Artikel entstanden). Und zweitens nehme ich mir mindestens eine Sache vor, die zu meiner Erholung beiträgt (so habe ich etwas bei meinem Lieblingsitaliener bestellt, nachdem die Hälfte dieses Artikels fertig war).
Sind diese drei Tipps die allumfassende Lösung für die Herausforderungen, welche das Homeoffice mit sich bringt? Nein. Aber es sind drei Gedankenanstösse, die dazu beitragen können, den eigenen Arbeitsalltag bewusster hinsichtlich Raum, Zeit und Geist zu gestalten, um mehr Platz für Freude und Inspiration zu schaffen.