Gewerkschaften wehren sich gegen Lockerung des Arbeitnehmerschutzes
Im Parlament gibt es Bestrebungen zur Lockerung des Arbeitnehmerschutzes, indem es zum Beispiel für gewisse Branchen keine wöchentliche Höchstarbeitszeit mehr gibt. Mehrere Gewerkschaften wollen sich in einem Bündnis gegen diese Pläne wehren.
Bern (sda). Die Vorschläge würden zu «markant mehr Abend-, Sonntags- und Wochenendarbeit» führen, schreiben der SGB und Travail.Suisse in einer Mitteilung vom Dienstag. Mit ihrem «Bündnis gegen Burnout und Gratisarbeit» wollen sie sich gegen die vorgesehene Deregulierung wehren. Dem Bündnis gehören auch die Gewerkschaften Unia und Syna sowie die Gesellschaft für Arbeitsmedizin/FMH an.
«Grossangriff auf geregelte Arbeitszeiten»
Das Bündnis sieht in den parlamentarischen Vorstössen einen «Grossangriff auf geregelte und bezahlte Arbeitszeiten», wie es in seiner Mitteilung schreibt. Die Vorschläge würden zu mehr Fremdbestimmung, mehr Stress und zu mehr Burnouts führen. Zudem würde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unmöglich werden.
Die Gewerkschaften sorgen sich um die Gesundheit der Arbeitnehmenden, wenn zu lasche Regeln gelten. Gemäss dem SGB sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht regelmässig in der Nacht arbeiten müssen und sonntags frei haben. Eine Arbeitswoche mit über 50 Stunden solle entsprechend kompensiert werden.
Der SGB schreibt zudem, dass Arbeitnehmende zufriedener seien, wenn sie selbst bestimmen könnten, wann sie arbeiten wollten. Die Tendenz der Autonomie zeige aber in der Schweiz gemäss einer aktuellen europäischen Erhebung zu den Arbeitsbedingungen gegen unten: 2005 hätten noch 14,3 Prozent ihre Arbeitszeit vollständig selbst festlegen können, zehn Jahre später seien es noch 11,7 Prozent gewesen.
Vorschläge aus dem Ständerat
Die Gewerkschaften haben zwei parlamentarische Initiativen aus dem Ständerat von Konrad Graber (CVP/LU) und Karin Keller-Sutter (FDP/SG) im Auge. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats hat den Vorstössen bereits zugestimmt. Als nächstes ist nun der Nationalrat am Zug.
Die Initiativen verlangen, dass bestimmte Wirtschaftszweige sowie Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmenden nicht mehr an eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gebunden sind.
Voraussetzung wäre, dass die Arbeitnehmenden einem Jahreszeitmodell unterstellt sind, durch das die Höchstarbeitszeit von 45 Stunden pro Woche im Durchschnitt eingehalten wird. Weiter soll die minimale tägliche Ruhezeit für Erwachsene unter bestimmten Voraussetzungen von elf auf acht Stunden herabgesetzt werden können.
Dies dürfte einmal in der Woche geschehen, wenn die Ruhezeit im Durchschnitt von zwei Wochen elf Stunden beträgt. Auch mehrere Male pro Woche wären möglich, wenn die Dauer von elf Stunden im Durchschnitt von vier Wochen eingehalten wird.
Schliesslich sollen leitende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Fachspezialisten in ähnlicher Stellung von den Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung ausgenommen werden.