11.07.2017

Gewerkschaftsbund fordert bis zwei Prozent mehr Lohn

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) fordert für das kommende Jahr generelle Lohnerhöhungen um bis zu zwei Prozent. Die Lohnrunden der letzten Jahre seien zu bescheiden ausgefallen. Vor allem die Frauen und die normal Verdienenden müssen laut SGB mehr Lohn erhalten.

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Bern (sda). Die Lohnentwicklung in der Schweiz sei ins Stocken geraten, sagte SGB-Chefökonom Daniel Lampart am Mittwoch vor Journalisten in Bern. Gerade auch im Vergleich zu Deutschland sei die Schweiz in Rückstand geraten. «Dort sind die Reallöhne über die letzten drei Jahre fast doppelt so stark gestiegen wie in der Schweiz», sagte Lampart.

Dabei befinde sich die Schweizer Wirtschaft nach langer Durststrecke wieder auf Erholungskurs. Das Bewusstsein für diese günstige Entwicklung und die damit verbundene Notwendigkeit für steigende Löhne sei noch nicht verbreitet, sagte Paul Rechsteiner, Präsident des SGB. Der SGB und die ihm angeschlossenen Gewerkschaften treten mit ihren Forderungen deshalb seit längerem erstmals wieder vor Beginn der Sommerpause an die Öffentlichkeit.

In den Verhandlungsmonaten geht der SGB von einer Teuerung von rund 0,5 Prozent aus. Zusammen mit einer durchschnittlichen Produktivitätssteigerung von einem Prozent ergibt das eine Lohnforderung von generell 1,5 bis zwei Prozent.

Firmen machen mehr Gewinne

In der Binnenwirtschaft sei die Konjunktur nach wie vor gut. Die Bautätigkeit sei gegenüber dem Vorjahr nochmals gestiegen und der Wohnungsbau befinde sich auf einem historischen Höchststand, sagte Lampart. Auch in der Exportindustrie würden sich die Auftragsbücher füllen und selbst im Gastgewerbe gehe es wieder aufwärts.

«Entscheidend ist aber das Geld, das die Firmen einnehmen», sagte der Chefökonom. Auch diesbezüglich habe sich die Situation in weiten Teilen der Binnenwirtschaft merklich verbessert. Besonders im Ausbaugewerbe seien die Ergebnisse im historischen Vergleich gut bis sehr gut.

Der Finanzsektor macht ebenfalls gute Geschäfte und in der Exportindustrie hat sich die Geschäftslage aufgehellt, wie Lampart weiter ausführte. Die Finanzen von Bund und Kantonen würden sich ausserdem besser entwickeln als von den Regierungen dargestellt. «Bei der öffentlichen Hand wird systematisch zu schlecht budgetiert», kritisierte Lampart.

Frauen noch immer diskriminiert

Von den geforderten Lohnerhöhungen sollen insbesondere auch die Frauen profitieren. Sie verdienen gemäss SGB pro Jahr im Schnitt 7000 Franken weniger als die Männer und das bei gleicher Position, Qualifikation und Erfahrung. Diese Lohndiskriminierung sei nicht hinnehmbar und müsse bei der kommenden Lohnrunde berücksichtigt werden, findet Rechsteiner.

Wichtig ist laut SGB ausserdem, dass die Löhne generell erhöht werden, damit auch die tieferen und mittleren Einkommen wieder zum Zug kommen. In den letzten 20 Jahren hätten vor allem Manager und Topverdiener von der Wirtschaftsentwicklung profitiert. Die Löhne der normalen Angestellten seien von den steigenden Krankenkassenprämien «gleich wieder aufgefressen» worden.

Höhere Löhne und Prämien-Beiträge

Die Gewerkschaften Unia und Syndicom, welche zu den 16 im SGB zusammengeschlossenen Einzelgewerkschaften zählen, stellen ihre Lohnforderungen prozentual oder in absoluten Frankenbeträgen.

Für die Baubranche etwa, welche seit Jahren boome, fordert die Unia 150 Franken mehr Lohn sowie einen Beitrag an die Krankenkassen-Prämien. Im Gastgewerbe soll es ein Plus von generell zwei Prozent sein. Im Detailhandel verlangt die Gewerkschaft 1,5 Prozent mehr Lohn.

Auch Syndicom, die Gewerkschaft der Medien- und Kommunikationsbranche, verlangt satte Reallohnerhöhungen. Bei grossen Medienhäuser sollen es nicht weniger als 100 Franken monatlich sein. Angestellte der Post sollen eine mindestens gleich grosse Lohnerhöhung wie im letzten Jahr erhalten. Damals wurden die Lohnsumme sowie die Arbeitgeber-Sparbeiträge der Pensionskasse Post um je 0,4 Prozent erhöht.

Bei der Swisscom, wo die nächste Lohnrunde im Frühjahr 2018 ansteht, werde Syndicom voraussichtlich einen Reallohnanstieg von einem Prozent verlangen.

Zurückhaltende Reaktion

Der Schweizerische Baumeisterverband äussert sich zurückhaltend zu den Forderungen des SGB und seinen Gewerkschaften und verweist auf ohnehin schon hohe Löhne im Bauhauptgewerbe.

Die Vereinbarung mit den Gewerkschaften vom Dezember 2015, die Beiträge der Arbeitgeber an die Frühpensionierung mit 60 um 1,5 Prozentpunkte auf 5,5 Lohnprozente zu erhöhen, sei faktisch auch eine Lohnerhöhung, teilte der Baumeisterverband auf Anfrage mit. Die Einigung mit den Gewerkschaften sehe vor, diese Erhöhungen an die Lohnrunden 2017 und 2018 anzurechnen. Eine Stellungnahme des Arbeitgeberverbands steht noch aus.