UBS schrumpft Investmentbanking

10'000 Stellen weg - Kahlschlag bei der UBS

Die UBS will im Zuge einer Neuausrichtung weltweit in den nächsten drei Jahren zwischen 9000 und 10'000 Stellen abbauen. Allein in der Schweiz dürften rund 2500 Jobs wegfallen. Mit der Verkleinerung ihrer Investmentbank gibt sich die UBS ein neues Gesicht. Die Börsen reagieren positiv auf den Kahlschlag beim Personal - Gewerkschaften sind entrüstet. Mit den betroffenen Angestellten geht die UBS nicht eben zimperlich um, wie Beispiele aus London zeigen.

Zürich (sda). Die heute noch gut 63'500 Mitarbeiter zählende Bank soll 2015 noch etwa 54'000 Stellen aufweisen, wie am Dienstag bekannt gegeben wurde. Rund 2500 Stellen baut die Bank in der Schweiz ab, wo es vor allem unterstützende Funktionen der Investmentbank trifft, zum Beispiel in der Informatik oder bei den Personaldienstleistungen.

Ansonsten entlässt die Bank die Investmentbanker in New York, London oder Singapur. Ein Augenschein in London zeigt, dass die Grossbank dabei eben zimperlich mit den Betroffenen umgeht. Viele Banker sind über nacht beurlaubt und gleich auch aus ihren Büros ausgesperrt worden. Türsteher verwehren ihnen den Zugang zu den Arbeitsplätzen. Aus Sicherheitsgründen. 

Die UBS stutzt die Sparte beträchtlich zusammen. Vor allem zieht sich die Bank aus Teilen des Handels mit Obligationen und strukturierten Produkten zurück. Dies ist jener Teil der Bank, in dem 2007 die Milliardenabschreiber verursacht wurden, die zur Finanzkrise führten.

Stattdessen sollen sich die Investmentbanker künftig auf Beratung, Marktanalysen sowie den Handel mit Aktien, Devisen und Edelmetallen konzentrieren. Mit der Verkleinerung der Investmentbank gewinnt die Vermögensverwaltung für reiche Kunden, das Wealth Management, an Bedeutung.

Laut Konzernchef Ermotti sind die am Dienstag bekannt gegebenen Schritte der letzte Akt in der Neupositionierung der Bank. «Der Prozess hat vor einem Jahr begonnen, und er wird noch zwei weitere Jahre dauern. Doch heute war der richtige Zeitpunkt, um Klarheit über die Zukunft zu schaffen», sagte der UBS-Chef im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda.

Der bisherige Co-Chef der Investmentbank, Carsten Kengeter, verlässt die UBS-Konzernleitung. Er soll stattdessen die nicht weitergeführten Geschäfte und Anlagen der Investmentbank verwalten. Andrea Orcel, ein Vertrauter Ermottis, wird alleiniger Chef der Sparte.

Derzeit zählt die UBS-Investmentbank rund 16'500 Personen. Wie gross der Personalbestand der Einheit nach den Abbaumassnahmen sein soll, gab die Bank am Dienstagmorgen nicht bekannt.

Abbau verursacht erst Verluste - dann Einsparungen

Die Bank will mit ihren Massnahmen jährlich 3,4 Mrd. Fr. einsparen, wodurch die Kosten bis 2015 jährlich um 5,4 Mrd. Fr. sinken sollen. Zunächst bürdet die Restrukturierung der Bank aber Wertberichtigungen von über 3 Mrd. Fr. auf, die in der Rechnung des dritten Quartals 2012 zu einem massiven Verlust führen.

Gestern die Stars in der Bank - heute schon unerwünschte Personen: UBS-Investmentbanker werden in London ausgesperrt

London (sda/rtd).  Es hat sie auf dem falschen Fuss erwischt: Dutzende UBS-Banker haben den Tag unerwartet nicht mit dem Handel von Finanzprodukten verbracht, sondern beim Bier im Pub «Railway Tavern», einen Steinwurf entfernt von der UBS- Zentrale im Londoner Finanzdistrikt.

Jeder neu hinzukommende Kollege wird mit lauten Hallo begrüsst. «Ich bin um 7.20 Uhr ins Büro gekommen», erzählt ein Händler. «Aber mein Sicherheitschip funktionierte nicht. Ein bulliger Türsteher brachte mich zum Aufzug - wo schon ein anderer bulliger Türsteher auf mich wartete. Dann bin ich direkt hierher gekommen, also, naja, nicht wirklich direkt, weil das Pub erst um 8 Uhr aufsperrte. Also war ich vorher noch einen Kaffee trinken.»

Nach und nach erscheinen die Händler an ihrem bisherigen Arbeitsplatz - um dann doch nicht ins Büro zu dürfen. Die Schlange der draussen Stehenden wird immer länger. Schliesslich beschliessen einige, Unterschlupf im Pub zu suchen, nahe der Station Liverpool Street im Herzen des Finanzdistrikts.

Chip gesperrt = Ausgesperrt

Rund 20 von ihnen stehen hier nun, prosten sich mit Lager-Bier zu - und können es doch noch nicht so richtig fassen. Klar habe man von geplanten Entlassungen gehört, doch die Zahl 10'000 habe man nicht glauben können. «Und nun sitze ich hier», sagt einer entgeistert.

Statt Zutritt gab es für die Banker Plastiksäcke - mit den persönlichen Habseligkeiten aus dem Schreibtisch. Manch einer ruft einen Kollegen im Gebäude an, damit er die Sachen nach draussen bringt.

Die Händler haben einen Brief der UBS erhalten: bezahlter Urlaub, bis auf weiteres. Offiziell sind sie weder gekündigt noch Risiko-Kandidaten.

Aber die Sache mit dem Sicherheitschip sei schon ein Wink mit dem Zaunpfahl. Wenn eine solche Eintrittskarte nicht mehr funktioniere, sei das in der Branche oft ein klarer Hinweis, dass mit dem Job etwas im Argen liege.

Investmentbanken machen das so, weil sie verhindern wollen, dass zusammen mit dem Banker sensible Daten das Haus gleich mit verlassen.

Philosophische Trader

Im Pub stehen immer noch viele Krawattenträger. Nur einer war inzwischen kurz daheim, hat sich umgezogen und trägt nun Jeans und T-Shirt. Den Rest des Tages will er mit den Leidensgenossen verbringen.

Schliesslich wird es philosophisch: Der Stellenabbau sei für ihn persönlich zwar der Horror und er wisse noch nicht, was als nächstes komme, sagt ein Händler. «Aber es ist die richtige Entscheidung der UBS. Die City of London verändert sich, und dies ist ein Teil davon.»

 

 

Personalverbände reagieren mit Kritik auf den Stellenabbau

Zürich (sda.) Der Personalverband KV Schweiz hält die Reduktion des Investmentbankings bei der UBS sowohl aus unternehmerischer als auch aus wirtschaftspolitischer Sicht für sinnvoll. Als störend bezeichnet er die Tatsache, dass die Sozialpartner nicht vorgängig über den Stellenabbau informiert wurden, wie das im Gesamtarbeitsvertrag vorgesehen sei.

KV Schweiz fordert die Grossbank am Dienstag in einem Communiqué denn auch auf, den Stellenabbau sozialverträglich zu gestalten - insbesondere deshalb, weil neben Kadern und Top-Verdienern auch viele Angestellte des Back- und Middle- Office-Bereichs davon betroffen sein dürften.

Zu prüfen sei zudem die Einführung von anderen Arbeitszeitmodellen, welche den Abbau der Stellen abfedern könnten.

Bankenpersonalverband fordert Alternativen zum Kahlschlag - Umschulungen und neue Besoldungsmodelle

Der Schweizerische Bankenpersonalverband (SBPV) zeigt sich über den Stellenabbau bei der UBS besorgt und fordert die Grossbank dazu auf, auf vorschnelle Entlassungen zu verzichten. Ihre Forderung unterstreicht sie mit dem Hinweis des hohen operativen Gewinns der UBS.

Gegen die Redimensionierung der kapitalintensiven Investmentbank haben die Arbeitnehmervertreter dagegen nichts einzuwenden. Diese begrüsse der SBPV grundsätzlich, hiess es am Dienstag in einer Stellungnahme. Die Dauer des Strategiewechsels müsse aber dazu genutzt werden, die Arbeitsplätze der vom Umbau der Bank betroffenen Bankangestellten zu sichern.

In der Schweiz werden rund 2500 Stellen abgebaut. Dies seien rund 10 Prozent der gegenwärtigen Belegschaft, hält der SBPV fest und weist darauf hin, dass die UBS gegenüber der Schweizer Gesellschaft in einer besonderen Verantwortung stehe, da diese ihr vor vier Jahren das Überleben ermöglicht habe.

Der Personalverband kritisiert insbesondere bereits eingeleitete Optimierungsmassnahmen, von welchen vor allem IT-Mitarbeiter betroffen seien. Die Entlassung solcher Fachkräfte sei fragwürdig, da gerade sie eine zentrale Rolle für die Zukunftsfähigkeit der Bank spielten. Die UBS solle daher zusammen mit den Sozialpartnern Alternativen zu den Entlassungen prüfen.

Als Möglichkeiten zählt der SBPV die Reduktion überrissener Bonuszahlungen für hohe Kaderpositionen, Umschulungen, der konsequente Abbau von Überstunden und Kurzarbeit auf.

Sozialplan wie bisher

Ohne Details zu den Entlassungen und zum Sozialplan zu nennen wies die UBS auf Anfrage darauf hin, dass wie bei bereits erfolgten Stellenstreichungen die betroffenen Mitarbeiter bei ihrer Suche nach einer neuen Stelle unterstützt würden. Die UBS ist dem Gesamtarbeitsvertrag unterstellt und hatte zudem in Vergangenheit bei Abbaumassnahmen mit den Personalverbänden eine sozialpartnerschaftliche Vereinbarung geschlossen.

So wird denn auch beim Arbeitgeberverband der Banken in der Schweiz darauf verwiesen, dass sich die UBS in Vergangenheit bei Entlassungen immer vorbildlich verhalten habe. Es gebe keinen Grund anzunehmen, dass sich dies nun ändere.

Verluste im letzten Quartal

Unter dem Strich steht für die Monate Juli bis September ein Minus von 2,17 Mrd. Franken. Operativ lief es für die UBS aber besser als im Vorquartal. Unter Ausklammerung von Sondereinflüssen hat die UBS in den Monaten Juli bis September vor Steuern 1,4 Mrd. Fr. verdient.

Die globale Vermögensverwaltung steigerte ihren Vorsteuergewinn gegenüber dem Vorquartal um 20 Prozent auf 600 Mio. Franken.

Die separat geführte Vermögensverwaltung in Amerika, lange ein Verlustgeschäft, verbesserte ihr Ergebnis vor Steuern um 10 Prozent auf 219 Mio. Franken.

Die Kundengelder der Vermögensverwaltungssparten stiegen von 2,16 Billionen Fr. auf 2,24 Billionen Franken. Die Vermögensverwaltung nahm im dritten Quartal 7,7 Mrd. Fr. Netto-Neugeld entgegen, das Amerika-Geschäft 4,6 Mrd. Fr. und die Anlagenverwaltung für institutionelle Kunden (Asset Management) 1,7 Mrd. Franken.

Das Asset Management lieferte 124 Mio. Vorsteuergewinn ab, 5 Prozent mehr als im Vorquartal. Das Klein- und Firmenkundengeschäft verbesserte sich um 3 Prozent auf 409 Mio. Franken. Die Investmentbank wiederum erzielte ohne Sonderlasten vor Steuern 178 Mio. Fr. Gewinn, nach einem Verlust von 130 Mio. Fr. im Vorquartal.

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