Checkliste

8 Anforderungen an Blended-Learning-Trainer

Die Fragen und neuen Herausforderungen, mit denen firmeninterne Trainer, die künftig ihre Kollegen auch online trainieren sollen, konfrontiert werden, sind vielfältig. Hier gibt es eine Übersicht.

Zur besseren Veranschaulichung wird ein reales Fallbeispiel verwendet: Der firmeninterne Teilzeittrainer Kurt Wagner (Name geändert) ist ein erfahrener Controller. Als solcher schult er auch (neue) Kollegen*innen. Bisher tat der 45-jährige Manager dies nur in Präsenzveranstaltungen. Doch nun entscheidet die HR-Abteilung: Die Wissens- und Kompetenzvermittlung soll künftig weitgehend mit Blended-Learning-Konzepten erfolgen.

Das Unternehmen implementierte hierfür ein Lernmanagementsystem (LMS). Den Trainer verunsichert dieser Entscheid, denn seine Tätigkeit verändert sich dadurch stark. Künftig wird er die Lernenden nicht mehr persönlich im Seminarraum treffen, sondern mit ihnen mittels PC und Kamera kommunizieren. Daraus resultieren viele neue An- und Herausforderungen an ihn.

1. Seminarplanung und -design

Der firmeninterne Trainer muss sich für seine Seminarinhalte Lernziele überlegen und daraus ableiten, welche Inhalte er künftig online vermitteln kann und welche nicht. Fortan muss Wagner zudem der HR-Abteilung für jedes Lernmodul ein schriftliches Design vorlegen und sich vorab auf die genaue Abfolge der Inhalte sowie ein bestimmtes methodisches Vorgehen festlegen. Das widerspricht seiner bisherigen Arbeitsweise, bei der er oft situativ über das weitere Vorgehen entschied.

2. Lernplattformen nutzen und Webinare halten

In einem Online-Tutorial lernt Wagner die Lernplattform zu bedienen. Dabei merkt er, dass er sich für das optimale Gestalten von Webinaren auch mit folgenden Fragen befassen muss:

  • Welche Gestaltungsmöglichkeiten bietet mir die Webinar-Plattform (Whiteboard-Funktion, Chat, Umfragetool, Bildschirm teilen usw.)?
  • Wie lange sollte ein Webinar dauern?
  • Wie kann ich die Teilnehmenden so in den Prozess einbinden, dass sie online bleiben?

Der Trainer spürt zudem, dass ihn das Arbeiten vor einer Kamera ohne direkten Augenkontakt mit den Teilnehmenden Überwindung kostet und geübt werden muss.

3. Vertonte Bildschirmaufnahmen und Lernvideos:

Im Online-Tutorial erfährt Wagner, dass man PowerPoint-Folien vertonen kann. Zudem ist es möglich, das Kamerabild aufzunehmen. Beim Anschauen der ersten Aufnahmen merkt er, dass er zu viel und lange spricht und seine Botschaften zuweilen nicht klar genug formuliert sind. Ihm wird bewusst, dass er sich auch mit Themen wie Videoaufnahme und -schnitt befassen muss.

4. Ansprechende Unterlagen produzieren

Bisher genügten als Seminarunterlagen für die Teilnehmenden ein Ausdruck der PowerPoint-Folien. Doch diese Infos allein reichen für ein Selbststudium nicht aus. Also gilt es, zusätzliche schriftliche Unterlagen zu erstellen und diese ins LMS hochzuladen. Hierfür muss sich der Teilzeittrainer unter anderem überlegen, welche Länge und Gliederung für den Text optimal sind und wie sich der Inhalt visualisieren lässt.

5. Wissensüberprüfungen erstellen

Um den Lerntransfer zu überprüfen, soll Wagner auch eine Wissensüberprüfung mit Multiple-Choice-Fragen erstellen. Dabei fragt er sich oft: Sind die Fragen zu leicht oder zu schwer? Für einen Themenbereich entwirft er zudem eine Fallarbeit. Die Teilnehmer sollen ihre Lösung als Dokument auf die Lernplattform hochladen. Binnen einer Woche sollen sie ein schriftliches Feedback erhalten.

6. Betreuung beim Online-Lernen

Der Trainer möchte in der Online-Phase für die Teilnehmenden ansprechbar sein. Er bietet ihnen an, ihm im LMS Fragen zu stellen. Doch leider hat er erst zwei Wochen später wieder Zeit, in das Forum zu schauen. Dabei bemerkt er, dass einige Teilnehmenden schon fast ebenso lange auf eine Antwort warten, denn er hat die automatische Benachrichtigung bei neuen Posts nicht aktiviert.

7. Klare Vorgaben machen

Auch die ersten Rückmeldungen zur Fallarbeit überraschen ihn. Manche Teilnehmenden schreiben drei Sätze, andere fünf Seiten. Wagner erkennt, dass er genauere Vorgaben machen muss, wie lang die Ausarbeitungen sein sollen. Sein Unternehmen wünscht zudem, dass die Arbeiten im LMS in Prozent bewertet werden, damit es den Seminarerfolg der Teilnehmenden beurteilen kann. Wagner muss sich ein klares, transparentes Bewertungsschema für die Fallarbeit überlegen und dieses den Teilnehmenden vorab mitteilen.

8. Schriftliches Feedback geben

Auch das versprochene schriftliche Feedback ist keine leichte Aufgabe. Der Trainer muss dabei einerseits die Feedback-Regeln beachten und sich andererseits so klar ausdrücken, dass die Teilnehmenden verstehen, was gemeint ist. Die schriftliche Ausarbeitung des Feedbacks dauert daher länger als gedacht. Hierfür muss er mehr Zeit einplanen.

Die obige Schilderung zeigt, wie vielfältig die neuen Anforderungen an Trainer sind, wenn Unternehmen Blended-Learning-Konzepte etablieren möchten. Die hierfür erforderlichen Kompetenzen gilt es den Trainern zu vermitteln.

Welche Herausforderungen auf Unternehmen und Trainer zukommen, wenn ein Blended-Learning-Konzept eingeführt wird, zeigt der Artikel: «Ohne Lernkultur wird nichts Neues gelernt».

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Sabine Prohaska

Sabine Prohaska ist Inhaberin des Beratungsunternehmens seminar consult prohaska, Wien, das unter anderem Online- und Blended-Learning-Trainer ausbildet. Die Autorin mehrerer Trainingsfachbücher berät und unterstützt Unternehmen bei Entwickeln einer neuen Lernkultur in ihrer Organisation (www.seminarconsult.at)

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