Abbau mit Anstand
Ein geplanter Stellenabbau bringt Unsicherheit mit sich und ist belastend für alle Mitarbeitenden. Durch geeignete Massnahmen lässt sich die Belastung stark senken.
Eine Kündigung ist nicht nur für den betroffenen Mitarbeiter schwer. (Bild: HP Schweiz)
Zürich. Der IT-Konzern HP hat in den letzten 10 Jahren ein sagenhaftes Wachstum hingelegt: Im Fiskaljahr 2001 wies das Unternehmen einen Umsatz von 45 Milliarden Dollar aus. Zehn Jahre später war HP mit 127 Milliarden das umsatzstärkste IT-Unternehmen der Welt. Entsprechend sind auch die Mitarbeiterzahlen angestiegen: Nur schon von 2009 bis Ende 2011 hat HP weltweit rund 50‘000 Mitarbeitende mehr beschäftigt.
Solch starkes Wachstum erfolgt indes nicht linear: Ein Marschhalt mit nachfolgender Konsolidierung schafft die Basis für zukünftige Erfolge. Dies ist auch aktuell erforderlich: Am 23. Mai 2012 hat das Unternehmen angekündigt, dass 27‘000 seiner rund 350‘000 Stellen, also 8 Prozent, bis Ende Fiskaljahr 2014 abgebaut werden sollen.
Transparenz und Fairness
Ein solcher Stellenabbau wird bei HP kaskadiert: Von weltweit über die Region bis ins Land, und dort auf einzelne Geschäftseinheiten - strikt auf der Basis von Business Cases. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses waren die Zahlen für HP Schweiz zwar noch nicht bekannt. Trotzdem wurde umgehend der Kontakt mit der dieses Jahr neu konstituierten Arbeitnehmervertretung von HP Schweiz gesucht, um eine Konsultation vorzubereiten. Denn HP hat eine ausgesprochen mitarbeiterbezogene Kultur: Die Mitarbeitenden anzuhören und Lösungen gemeinsam zu suchen, ist in der DNA von HP tief verankert und wurde unter der Bezeichnung «HP Way» zum Begriff. Zudem haben Konsultationen der Arbeitnehmer in früheren Fällen – typischerweise nach grösseren Übernahmen – wertvolle Vorschläge zur Abfederung der Auswirkungen auf die Mitarbeitenden gezeitigt.
Career Transition – Belastungen senken
Diese Transparenz und Fairness gegenüber den Mitarbeitenden ist die wichtigste Voraussetzung, damit die federführende Personalabteilung das für das ganze Unternehmen belastende Projekt erfolgreich durchführen kann. «Erfolgreich» heisst dabei: In Erfüllung der zwei Ziele, die von der Geschäftsleitung von HP Schweiz vorgegeben wurden. Erstens sollten konkrete Projekte gestartet werden, um den Stellenabbau zu minimieren und, falls nicht zu vermeiden, den davon Betroffenen einen möglichst guten Start in eine externe Stelle zu ermöglichen. Und zweitens: Bei Stellenabbau gehen erfahrungsgemäss oft auch «Top Talente» verloren, die das Unternehmen halten will. Dies soll durch geeignete Massnahmen verhindert werden.
Unter dem Stichwort «Career Transition» wurde ein Projekt nach Massgabe der Zielvorgaben der Geschäftsleitung gestartet. Das Projektteam sucht dabei insbesondere nach kreativen Lösungen, um die inhärenten Potenziale der Ausgangslage zu nutzen: Die lange Frist, über die sich der Abbau erstreckt, ermöglicht Massnahmen, welche die übliche Personalfluktuation und Pensionierungen ausnutzen.
Die Ausgangssituation interner Bewerber für offene Stellen wurde zusätzlich stark verbessert durch einen Personalstopp, der seit Beginn dieses Jahres herrscht – die Konkurrenz durch externe Bewerber auf intern frei werdende Stellen ist für die Mitarbeitenden von HP praktisch null. Schliesslich ist auch die Grösse von HP ein Vorteil: Wechsel über die einzelnen Geschäftseinheiten, Länder-, EMEA- oder gar weltweite Funktionen hinweg sind nicht nur möglich, sondern werden von HP ausdrücklich unterstützt. Die Chancen dafür sind aktuell grösser denn je, da der geplante Abbau mit einer organisatorischen Neuausrichtung einhergeht, was interne Stellenwechsel fördert.
Ganz generell hat HP die Neigung, Mitarbeitende im Unternehmen zu halten: Denn die Komplexität und Grösse des Unternehmens gestaltet die Einarbeitungsphase bei neuen Mitarbeitenden relativ aufwendig, und interne Wechsel erhöhen auch den wichtigen Knowledge Transfer im globalen Konzern. Oder anders ausgedrückt: Mitarbeitende haben durch ihr «Umgebungswissen» einen nicht zu unterschätzenden Vorteil gegenüber externen Bewerbern.
Vier Projekte
Um dieses Potenzial optimal zu nutzen, hat das Projektteam vier Teilprojekte gestartet, die teilweise bereits aktiv sind:
- Redeployment Office: Das Team des Teilprojektes Redeployment Office beschäftigt sich damit, vom Stellenabbau potenziell Betroffene zu identifizieren, sie mit dem Pool an offenen Stellen abzugleichen und aktiv zu vermitteln. Das Redeployment Office bietet zudem ein Helpdesk für die Gestaltung überzeugender Lebensläufe sowie ein Trainingsmodul für das optimale Verhalten in Bewerbungsgesprächen. Sind keine geeigneten internen Stellen verfügbar, vermittelt das Projektteam auch externe Stellen – dabei haben alle von diesem Stellenabbau Betroffenen ein dreimonatiges Outplacement-Programm eines darauf spezialisierten externen Anbieters zu Gute. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind für viele Betroffenen hoch: Der herrschende Mangel an IT-Fachkräften in der Schweiz ist hier ein Vorteil.
- Career Fair: An dieser internen Messe treffen sich Mitarbeitende mit den Verantwortlichen der verschiedenen Geschäftseinheiten. Ziel dieser «Karrieremesse» ist es, Transparenz zu schaffen: Zwar gibt es in HP ein internes Job Search Portal, und jeder Mitarbeitende hat ein persönliches Profil eingepflegt. Trotzdem ist es häufig schwierig zu erkennen, welcher Bewerber auf welche Stelle passt. Es ist auch eine gute Gelegenheit für die Mitarbeitenden, neue Kontakte zu knüpfen.
- Talent Management: Ein spezielles Programm zur systematischen Erfassung und Förderung von Top Talents mit einem spezifischen Curriculum ist eine weitere Massnahme, um Top Talents wenn immer möglich bei HP zu halten.
- Spin-Off Research: Schliesslich befasst sich ein viertes Team mit der Frage, ob ein Mini-Spin-Off von ganzen Teams oder Abteilungen möglich und sinnvoll ist. HP hat damit in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht: Das Unternehmen ebnet Mini-Spin-Offs den Weg in die Selbständigkeit und arbeitet typischerweise mit dem neuen Unternehmen zusammen.
Mit diesen vier Projekten, eingebettet in eine kontinuierliche, offene und zeitnahe Kommunikation, können die belastenden Folgen eines Stellenabbaus für Mitarbeitende deutlich gesenkt werden. Ziel muss sein, dass alle Betroffenen – und dazu gehören in einem gewissen Sinn alle Mitarbeitenden – die Gewissheit haben, dass der ganze Prozess fair und im Sinne der Mitarbeitenden wie auch des ganzen Unternehmens vonstattenging.