Ältere Fachkräfte als unentbehrliche Ressource
Wie gelingt es, ältere Mitarbeitende länger im Arbeitsmarkt zu halten? Welche Anreizsysteme sind diesbezüglich wirkungsvoll? Welche Kriterien sind aus Sicht der Unternehmen wichtig, damit sie ältere Mitarbeitende länger beschäftigen? Diesen Fragestellungen hat sich das dritte BEF Basel Economic Forum gewidmet welches am 18. November 2016 auf dem Novartis Campus stattfand.
Am Basel Economic Forum wurde rege diskutiert (Bild: BEF)
Die Gesellschaften der meisten Industrieländer, darunter auch die Schweiz, werden in den kommenden Jahren stark altern. Verschärft wird der demografische Wandel noch durch den Eintritt der Babyboomer ins Rentenalter. Was sind die Folgen? Die meisten Menschen werden älter und beziehen länger Rente, arbeiten aber nicht wesentlich länger als vor 10, 20 Jahren. Diese Renten müssen grossenteils von prozentual weniger jüngeren Erwerbstätigen finanziert werden. Da stellt sich die Frage, wie wir die Renten der Zukunft auch für künftige Generationen überhaupt sicherstellen können. Vor der Einführung der Schweizer AHV wurde viel vom „Generationenvertrag“ gesprochen und ein Umlagesystem von Jung zu Alt gefordert. Für die kommenden Jahre braucht es wieder einen Generationenvertrag, allerdings in die andere Richtung. Ältere Menschen kommen nicht umhin, länger zu arbeiten, um das Vorsorgesystem und die jüngeren Generationen etwas zu entlasten.
Ein weiterer, mindestens so wichtiger Grund, warum ältere Menschen länger im Arbeitsprozess gehalten werden müssen: Schon heute treten in der Schweiz mehr Personen aus Altersgründen aus der Erwerbstätigkeit aus, als dass junge – ohne Zuwanderung – in den Arbeitsprozess eintreten. Uns werden somit in den kommenden Jahren schlichtweg die qualifizierten Fachkräfte fehlen. Wie können wir den Bedarf an Fachkräften decken, wenn auch andere Industrieländer altern und bei uns die Zuwanderung reduziert werden soll?
Man hört immer wieder, die Digitalisierung oder „Industrie 4.0“ werde viele Arbeitsplätze kosten und dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Die Experten sind sich einig, und auch die Geschichte der industriellen Revolutionen zeigt uns jedoch, dass es kaum weniger Arbeitsplätze geben wird. Bei vielen Berufsleuten werden sich aber die Anforderungen an die Ausbildung und das Know-how stark verändern.Im Rahmen der Veranstaltung wurde die neueste metrobasel-Studie vorgestellt, welche von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur HTW und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW in Zusammenarbeit mit Novartis Human Resources, der SBB und metrobasel erstellt worden war.
Prof. Joachim Möller bündelte in seiner keynote-speech Erkenntnisse aus der Arbeitsmarktforschung. Das Durchschnittsalter der Erwerbstätigen steige an, es werde zu einem gewaltigen Beschäftigungsrückgang kommen. Andererseits stellten Ältere auch ein immer grösseres Arbeitskräftereservoir dar. Im internationalen Vergleich schöpft die Schweiz die Ressourcen der älteren Arbeitskräfte bereits stark aus. Unter den OECD-Staaten lag sie 2014 mit einer Erwerbstätigenquote der 55-64-Jährigen von über 70 Prozent auf dem vierten Rang (SECO, 2016). Auch arbeiten bereits heute rund 30% der erwerbstätigen Personen nach Erreichen des AHV-Rentenalters weiter. Ein wesentlicher Grund des Erfolges der Schweiz sei, dass man hierzulande immer wieder einen Strukturwandel mitgemacht habe.
Erfolgsfaktoren
Als Schlüssel-Faktor für den langfristigen Erfolg ist die kontinuierliche Weiterbildung in jeder Lebensphase unabdingbar. Bekannt ist auch, dass Generationen durchmischte Teams wesentlich bessere Ergebnisse liefern und innovativer sind.
Auch «Job Crafting», die Eigeninitiative der Mitarbeitenden, die Abläufe im Job mitzugestalten, habe einen grossen Einfluss darauf, wie lange und wie motiviert Mitarbeitende im Arbeitsprozess bleiben, sagt Dr. Monica Engler, Studienverfasserin und Dozentin am Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung der HTW in Chur.
Für ein langsames Herausgleiten aus dem Arbeitsleben und eine «soft landing» im Pensionsalter plädierte Prof. Dr. Dirk Hofäcker von der Universität Duisburg-Essen
«Die Jungen rennen schneller, aber die Alten kennen die Abkürzungen»
Fragen zu älteren Arbeitskräften und zur Pensionierung würden auch bei Novartis intensiv diskutiert, meinte Dr. Thomas Bösch, Head Human Resources Switzerland, Novartis Pharma AG. Dies war ein Grund dafür, bei der metrobasel-Studie mitzumachen und daraus nachhaltige Lösungen ableiten zu können. Novartis führe eine vorausschauende HR-Strategie. Dazu gehöre auch die «Action Primeforce», bei der die Manager in Frühpension gehen und dann temporär mit einem etwas reduzierten Pensum angestellt werden. Eine andere Initiative ist die «Spark-Arena-Plus», wo zwischen den Mitarbeitenden verschiedener Abteilungen und Generationen ein Erfahrungsaustausch stattfindet.
Es muss ein kultureller Wandel mit langem Horizont stattfinden
Um die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft bewältigen zu können, gibt es viele Lösungen. Primär gefragt sind jedoch Kompromissbereitschaft von allen Seiten, der Wille zur Veränderung, gegenseitiges Verständnis, Flexibilität und die entsprechenden Rahmenbedingungen. Nur so können Vorurteile gegenüber älteren Fachkräften aber auch gegenüber neuen Arbeitsmodellen abgebaut und das inländische Potenzial der Erwerbstätigen besser ausgeschöpft werden.