Am Sprungbrett-Event hinterlassen auch regionale Firmen bleibenden Eindruck
Das Konzept der Sprungbrett-Events kommt an: Regionale Unternehmen stellen sich Studierenden vor, und das nicht nur mittels Ausstellungsstand, sondern insbesondere auch im Rahmen eines Workshops. Die Kontakte, die dabei entstehen, zahlen sich manchmal früher, manchmal auch etwas später aus.
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Viele Kongresse und Messen, an denen Unternehmen um die Gunst der künftigen Hochschulabsolventen werben, finden in Grossstädten statt. Doch auch bei regional verankerten Arbeitgebern nimmt der Bedarf an Hochschulabgängern stetig zu. Die Together AG bietet mit ihren Sprungbrett-Events regional verankerten Unternehmen eine Plattform, um sich gegenüber den talentierten Mitarbeitern von morgen zu positionieren. «Es sind solche Unternehmen», erklärt Mitbegründer und Geschäftsführer Rolf Sonderegger, «die zwar dem Namen nach bekannt sind, aber doch auf grossen Messen zwischen den internationalen Grossunternehmen untergehen. Daher sind sie dort auch wenig präsent und eben wenig im Bewusstsein der Studenten als möglicher Arbeitgeber verankert.»
Treffsichere Rekrutierung
Im Mittelpunkt der Sprungbrett-Events stehen keine Ausstellungsstände, sondern Workshops, die die einzelnen Unternehmen mit einem Schwerpunktthema aus ihrer alltäglichen Arbeit durchführen. Durch das gemeinsame Bearbeiten einer Aufgabenstellung entstehen ein konstruktiver Dialog und ein persönlicher Kontakt, der womöglich zu einer Mitarbeit führt. «Die Sprungbrett-Events sind keine Recruiting-Veranstaltungen», macht Sonderegger klar. «Uns geht es darum, dass interessierte Studenten mögliche potenzielle Arbeitgeber beschnuppern können, persönliche Kontakte mit den Unternehmensvertretern knüpfen können und ein Gefühl für die Unternehmenskultur bekommen.»
Für die Unternehmen sind diese Events eine gute Plattform, um ihr Employer Branding aufzufrischen und sich im Gedächtnis der künftigen Fach- und Führungskräfte zu verankern. Dabei müssen nicht unbedingt aktuell zu besetzende Vakanzen im Vordergrund stehen. Denn hat man das Band zu den Studenten erst einmal geknüpft, kann man bei Bedarf später treffsicher rekrutieren. Auch für die Studenten kann ein solches Netzwerk von Vorteil sein. Nach dem Studium zieht es viele Absolventen zwar zunächst in die grossen Städte oder gar ins Ausland, weil sich dort die Karriereleiter am besten erklimmen lässt. Doch bei einigen jungen Menschen erwacht später, wenn die Karriere auf Touren gekommen ist, der Wunsch, in die Heimat respektive in ländliche Regionen zurückzugehen. Vielleicht weil eine Familie geplant ist oder man sesshaft werden und auf der gewonnennen Erfahrung aufbauen möchte. Sind bereits früher Kontakte zu regionalen Unternehmen geknüpft worden, kann es leichter sein, eine neue Herausforderung zu finden.
Auch bei der Firma V-Zug ist der Aufbau des Hochschulmarketings eine der wichtigsten Massnahmen, die besten Mitarbeitenden auch in Zukunft gewinnen zu können. «Wir waren schon seit drei Jahren mit der Together AG in Kontakt und haben zuerst intern die Bedingungen geschaffen, damit wir den jungen Hochschulstudenten und Hochschulabgängern überhaupt entsprechende Angebote machen können wie Praktika, Diplomarbeiten oder Traineeprogramme», sagt Richard Meyer, Head of Human Resources. Es mache zudem grossen Spass, mit Studierenden in Kontakt zu treten und ihnen Einstiegsmöglichkeiten im Unternehmen aufzuzeigen. «Wir hatten einige interessante Gespräche und nachher daraus entstehend auch etwa drei konkrete Anfragen und ein Vorstellungsgespräch in der Firma. Zu einer Anstellung ist es aber leider noch nicht gekommen.» Dennoch spricht Meyer von einem sehr guten Einstieg und einer guten Möglichkeit, sich ganz pragmatisch als Arbeitgeber besser positionieren zu können. «Wir werden deshalb vor-aussichtlich auch im kommenden Jahr am Sprungbrett-Event teilnehmen.»
Beim VZ VermögensZentrum, das zahlreiche Zweigniederlassungen unterhält, sind die Sprungbrett-Events bereits seit Jahren fester Bestandteil der Personalmarketing-Aktivitäten und ein wertvoller Beitrag bei der Suche nach rund 20 talentierten Absolventinnen und Absolventen, die das Unternehmen jedes Jahr einstellt. «Im Rahmen eines Sprungbrett-Events können nicht nur wir die Studierenden besser kennenlernen, sondern auch umgekehrt. Studierende erhalten einen unverfälschten und realistischen Einblick in unseren Job als Financial Consultant», sagt Christian Bieri aus der Rekrutierung.
Ursprung im Kanton Thurgau
Die Together AG organisiert die Sprungbrett-Events im Auftrag der Kantone. Die Idee zur Lancierung einer solchen Plattform hatten die Gründer während ihres eigenen Studiums. Der eine studierte in St. Gallen, der andere in Zürich. Beide sind im Kanton Thurgau aufgewachsen. Vor neun Jahren haben Rolf Sonderegger und Adrian Fischer das Konzept der Sprungbrett-Events entwickelt und den Kanton Thurgau als Partner gewinnen können. «Wir waren überzeugt, dass der Bedarf bei den Studenten da ist. Denn auch mein Geschäftspartner und ich konnten uns gut vorstellen, nach dem Studium zurück in den Kanton Thurgau zu ziehen. Zudem hörten wir immer wieder davon, dass regional verankerte Unternehmen sich beklagten, sie hätten zu wenig Zugriff auf die Hochschulabsolventen in den Ballungszentren.» Nach der ersten positiven Resonanz im Kanton Thurgau war schnell klar, dass die Sprungbrett-Events in die nächste Runde gehen. Im zweiten Jahr schlossen sich St. Gallen und Appenzell an, danach Schaffhausen, Aargau, Bern und Solothurn. Im Frühjahr 2012 findet das Event zum ersten Mal auch in Zürich statt.
Die Teilnahme an einem Sprungbrett-Event mit einem Workshop und Informationsstand kostet für Unternehmen rund 4000 Franken. Daneben können die Unternehmen sich mit einem Marketing-Auftritt auf der Website, im Newsletter des Veranstalters oder mit einem Inserat im Einladungsheft bei den Studierenden positionieren. Dieses Einladungsheft wird persönlich adressiert an rund 20 000 Studierende der Fachrichtungen Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Informatik sowie Bauingenieurwesen und Architektur in der Schweiz verschickt.
Wertvolle Einblicke und Lust auf mehr
«Man kann davon ausgehen», so Sonderegger, «dass Studenten, die sich einen ganzen Tag Zeit nehmen, um in eine Region zu einem Sprungbrett-Event zu reisen, wirkliches Interesse an den Unternehmen haben und nicht nur wegen der Give-aways mal eben vorbeikommen.» An jedem Event nehmen rund 100 Studenten teil. Die Erfahrung zeigt, dass 10 bis 15 Prozent der Studierenden innerhalb der nächsten sechs Monate entweder ein Praktikum, eine Bachelor- oder Masterarbeit oder sogar eine Einstiegsstelle in der Tasche haben.
Ralf Stettler ist im zweiten Semester des Masterstudiums der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Strategic and General Management, Marketing und European Business an der Universität Freiburg. Seine berufliche Zukunft sieht er in der Region Bern. Ob in der Stadt oder auf dem Land lässt er heute noch bewusst offen. «Jedoch interessieren mich diverse Richtungen wie Product Management, Supply Chain Management, aber auch eine Anstellung als Key Account Manager.» Bisher hat Stettler an zwei Sprungbrett-Events teilgenommen. «Die anwesenden Unternehmensvertreter haben echtes Interesse an den Studierenden und man kann sie ungeniert mit Fragen nach ihrem Job löchern.»
Vor allem in den praktischen Workshops hat Stettler wertvolle Einblicke erhalten, wie etwa in die Funktion eines Produktmanagers. «Ich kann mir jetzt sehr gut vorstellen, in einem solchen Bereich zu arbeiten.» Der persönliche Austausch, gepaart mit praktischen Informationen, hat dem Studenten Lust auf mehr gemacht. «Im Studium hat man ja gar keinen Kontakt zu Unternehmen und deren Tätigkeiten.» Inwieweit sich die Kontakte später als Vorteil herausstellen würden, lasse sich heute natürlich nicht sagen. Im nächsten Frühling werde er aber bestimmt wieder an Sprungbrett-Events teilnehmen und explizit nach Workshops suchen, welche sich mit dem Supply Chain Management beschäftigen.