Weiterbildung

Angewandtes Wissen kommt vor Titel und Prestige

Trotz Krise geniessen MBA oder EMBA noch immer einen guten Ruf bei Schweizer Unternehmen. Für eine interne Karriere wird das Job-Know-how allerdings stärker gewichtet als Titel und Prestige einer Business School. Ob zukünftige -Kaderleute an eine solche geschickt werden oder nicht, hängt primär von den -internen Aus- und Weiterbildungsprogrammen ab und nicht von den Kosten. 

Obwohl es auch kritische Stimmen gibt, geniessen die Abschlüsse als Master of Business Administration (MBA) oder Executive Master of Business Administration (EMBA) vor allem in den Schweizer Gross-unternehmen nach wie vor eine hohe Akzeptanz. 

Selektivere Auswahl der Angebote

Anders als im angelsächsischen Sprachraum sind die Abschlüsse von Business Schools hierzulande aber nicht zwingend notwendig, um die Karriereleiter hochzuklettern. «Die Tatsache, dass jemand die Zeit und Energie einsetzt, um einen solchen Abschluss zu machen, findet bei uns zwar grosse Anerkennung», sagt etwa Franziska Pfyl, bei der Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG verantwortlich für die externe Weiterbildung. «Allerdings ist das nicht das einzige Kriterium, um sich intern weiterzuentwickeln.» Das Thema Aus- und Weiterbildung wird bei Zurich gemäss der Ausbildungsfachfrau sehr individuell gehandhabt. «Im Rahmen unseres Talent-Management-Programms versuchen wir, allen Mitarbeitenden ein auf ihre Potenziale massgeschneidertes Aus- und Weiterbildungspaket zu schnüren.» So setzt das Unternehmen für die Führungsentwicklung zum Beispiel auch stark auf interne Kurse, die sehr punktuell und oftmals auch im Blended-Learning-Verfahren eingesetzt werden. 

Falls es doch einmal ein MBA- oder ein EMBA-Lehrgang sein soll, orientiert sich Zurich bei der Wahl der Schulen primär am Ruf, den die jeweilige Institution am Markt geniesst, sowie an den Inhalten, die auch auf das Versicherungsgeschäft zugeschnitten sein sollten. Die Krise, so Franziska Pfyl, habe insofern einen Einfluss auf die Frage MBA ja oder nein, als dass Zurich noch selektiver geworden sei und auch das Preis-Leistungs-Verhältnis der Schulungsangebote noch genauer prüfe. «Wir unterstützen eine fachspezifische Ausbildung von Mitarbeitenden im Rahmen der vorgesehenen Möglichkeiten, denn sie wird für die Karriere als sehr wichtiger Entwicklungsschritt angesehen.»

Als forschungsintensives Unternehmen beschäftigt der Chemiekonzern Lonza Mitarbeitende mit den unterschiedlichsten Studienabschlüssen. «Darunter sehr viele mit einem Master- oder Doktortitel», sagt Lisa Middlebrook, Leiterin von Global Training & Development bei Lonza. Und natürlich gebe es vor allem im Bereich Finanzen oder bei General-Management-Funktionen auch einige, vorwiegend erfahrenere, Führungskräfte, die einen MBA- oder EMBA-Titel trügen. «Entscheidend ist für uns aber nicht der Titel unserer Mit-arbeitenden, sondern ihr Fachwissen und ihre Erfahrung, die sie in unsere Organisation einbringen.»

Inländische Institutionen bevorzugt

Ähnlich tönt es auch beim Telekommunikations-Unternehmen Sunrise. «Neben dem Fachwissen zählt für uns vor allem die Persönlichkeit. Bei der Entwicklung der Mitarbeitenden sind beides wichtige Punkte hinsichtlich Aus- und Weiterbildung», beschreibt die HR-Development-Verantwortliche Erika Brügger das Verfahren. «Wenn es in die Entwicklung eines Mitarbeitenden und auch zu unserer Firmenstrategie passt, dann unterstützen wir ein MBA oder EMBA aber sehr wohl.» 

Der Titel, so Brügger, sei aber nicht für die persönliche Akzeptanz verantwortlich. Bei der Wahl der Schulen präferiere Sun-rise Institutionen im Inland. «Dies nicht wegen der Krise, sondern ganz einfach, weil unser Geschäft stark aufs Inland ausgerichtet ist.» Weil das Angebot an MBA-Kursen immer breiter und unübersichtlicher wird, überlässt Sunrise die Suche nach dem geeignetsten Anbieter den Mitarbeitenden. Was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch aussieht, hat sich laut Erika Brügger sehr bewährt. «Denn in der Diskussion mit anderen Absolventen aus unserem Unternehmen oder unserer Branche resultieren oftmals nachvollziehbarere Selektionskriterien als aus Rankings.»

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Sandra Escher Clauss ist freie Journalistin.

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