Arbeitgeber-Bewertungsplattformen
Nicht nur Hamburger und Hotelzimmer, auch Arbeitgeber werden heute auf Plattformen wie kununu.com oder glassdoor.com online bewertet. Was ist aus juristischer Sicht bei Arbeitgeber-Bewertungsplattformen zu beachten?
Nicht immer werden Unternehmen auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen positiv bewertet. (Bild: 123RF)
Plattformen wie kununu.com oder glassdoor.com, aber auch Linkedin und Xing zeigen Unternehmensbewertungen durch Mitarbeitende an oder bieten Stellenangebote und Stellenvermittlung an. Online-Bewertungen sind für Unternehmen ein zweischneidiges Schwert: Gute Bewertungen bedeuten kostenlose Werbung. Schlechte Bewertungen können Stellensuchende abschrecken.
Juristisch sind zwei Fälle zu unterscheiden: Im ersten Fall erstellt der Arbeitgeber selbst ein Profil auf der Bewertungsplattform und geht zu diesem Zweck einen Vertrag mit der Betreiberin der Bewertungsplattform ein. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall für das Erscheinungsbild seines Profils selber verantwortlich und kann aktiv darauf Einfluss nehmen. Ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber auf die publizierten Bewertungen Einfluss nehmen, bzw. gegen unliebsame Bewertungen vorgehen kann, ergibt sich aus dem Vertrag mit der Betreiberin der Bewertungsplattform.
Im zweiten Fall wird das Profil des Arbeitgebers ohne sein Zutun von ehemaligen oder bestehenden Mitarbeitern (oder Personen, die behaupten, ehemalige Mitarbeiter zu sein) aufgeschaltet. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall kein selbst erstelltes Profil, ist aber aufgrund der Bewertung bzw. Verwendung seiner Firma identifizierbar. Der Arbeitgeber steht in diesem Fall nicht in einer Vertragsbeziehung mit der Betreiberin der Bewertungsplattform, weshalb er nicht aus dem Vertrag gegen die Bewertungsplattform vorgehen kann.
Unabhängig davon, ob eine Vertragsbeziehung besteht oder nicht, stehen dem Arbeitgeber die Rechtsbehelfe des Persönlichkeitsschutzes, des Bundesgesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG), des Strafgesetzbuches (StGB), des Datenschutzgesetzes (DSG) sowie allenfalls weiterer Erlasse zur Verfügung, um sich gegen nachteilige Einträge zu wehren.
Die Rechtsbeziehung zwischen dem bewertenden Arbeitnehmer und dem bewerteten Arbeitgeber richtet sich während laufendem Anstellungsverhältnis nach den Bestimmungen des Arbeitsrechts. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber in der Regel keine vertraglichen Rechte gegenüber dem Arbeitnehmer mehr geltend machen; es bleiben die ausservertraglichen Rechtsbehelfe (Persönlichkeitsschutz, UWG, StGB u.a.).
Vorgehen des Arbeitgebers gegen die Betreiberin der Bewertungsplattform
Vertragliche Rechtsbehelfe
Der Vertrag zwischen der Betreiberin der Bewertungsplattform und dem Arbeitgeber unterliegt der Vertragsfreiheit (Art. 19 OR). Die Bewertungsplattform kann darauf bestehen, dass ein registrierungswilliger Arbeitgeber sich bei der Registrierung den Spielregeln der Betreiberin (inkl. AGB) unterwirft.
Üblicherweise sehen die AGB vor, dass die Verwendung beleidigender oder verleumderischer Inhalte, sowie die Verwendung pornografischer, gewaltverherrlichender, missbräuchlicher oder sittenwidriger Inhalte verboten ist. Diese Bestimmungen schützen den Arbeitgeber vor Verunglimpfungen und Beleidigungen. Sollten sich dennoch solche auf der Bewertungsplattform befinden, kann der Arbeitgeber gestützt auf den Vertrag deren Entfernung verlangen. Ein Schutz vor unliebsamen Bewertungen besteht allerdings nicht: Negative oder kritische Bewertungen, welche sachlich begründet sind, wird der Arbeitgeber akzeptieren müssen.
Dem Arbeitgeber ist zu empfehlen, im Rahmen der Vertragsverhandlungen darauf zu bestehen, dass er zu einzelnen Kommentaren auf der Bewertungsplattform Stellung nehmen darf. Ebenso ist zu empfehlen, eine Klausel aufzunehmen, wonach die Betreiberin der Bewertungsplattform verpflichtet ist, beim Verdacht auf Missbrauch (z.B. durch Verwendung fiktiver Profile) die Identität der kommentierenden Person festzustellen und allenfalls deren Kommentare zu entfernen.
Verletzt die Betreiberin der Bewertungsplattform den Vertrag mit dem Arbeitgeber, so kann dieser rechtlich gegen sie vorgehen und die Entfernung vertragswidriger Kommentare sowie gegebenenfalls auch Schadenersatz verlangen.
Ausservertragliche Rechtsbehelfe
Persönlichkeitsverletzung
Nach Art. 28 ZGB kann jeder, der in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, zu seinem Schutz gegen jeden, der an einer Persönlichkeitsverletzung mitwirkt, gerichtlich vorgehen. Auch juristische Personen können sich auf das Persönlichkeitsrecht berufen. Werden auf der Bewertungsplattform diffamierende oder anderweitig persönlichkeitsverletzende Inhalte verbreitet, kann der Arbeitgeber gegen die Betreiberin der Bewertungsplattform und – sofern diese bekannt ist – gegen die Urheberin auf Beseitigung der persönlichkeitsverletzenden Inhalte und auf Unterlassung klagen. Je nach Schwere der Äusserung sind auch strafrechtliche Konsequenzen (Ehrverletzungsdelikte: Verleumdung, üble Nachrede) denkbar.
Art. 28 ZGB erfasst auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Recht geht unseres Erachtens jedoch nicht so weit, dass der Arbeitgeber verlangen kann, dass er auf der Plattform gar nicht erwähnt bzw. bewertet werden kann. Das Grundrecht der Meinungsäusserungsfreiheit von Art. 16 der Schweizerischen Bundesverfassung erlaubt kritische Äusserungen und Bewertungen innerhalb der gesetzlichen Schranken. Solange eine Meinungsäusserung zwar negativ, aber nicht ehrrührig oder verleumderisch ist, wird ein Arbeitgeber diese nicht gänzlich verbieten können. Sofern die Voraussetzungen von Art. 28g ZGB erfüllt sind, hat der betroffene Arbeitgeber ein Recht auf Gegendarstellung zu den zwar negativen, jedoch rechtlich zulässigen Kommentaren.
Unlauterer Wettbewerb
Bei einer Verbreitung von diffamierenden oder persönlichkeitsverletzenden Inhalten auf einer Bewertungsplattform sowie bei der Abgabe von fiktiven Negativ-Bewertungen (beispielsweise durch Konkurrenten) kann ein Verstoss gegen das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG) vorliegen.
Unlauter und damit widerrechtlich ist nach Art. 2 UWG jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst. Unlauter handelt insbesondere auch, wer andere, ihre Waren, Werke, Leistungen, deren Preise oder ihre Geschäftsverhältnisse durch unrichtige, irreführende oder unnötig verletzende Äusserungen herabsetzt (Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG) bzw. dazu Hilfe leistet.
Auch die Verleitung zu Vertragsbruch, inkl. die Aufforderung, ein bestehendes Arbeitsverhältnis zu kündigen, kann gegen das UWG verstossen. Verstösse gegen das UWG können die Grundlage für eine zivilrechtliche Haftung bilden. Zudem stehen dem Verletzten ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch zu. Verstösse gegen das UWG sind strafrechtlich relevant und können sanktioniert werden.
Unzulässige Verwendung von Firma, Firmenlogos und Marken
Zahlreiche Arbeitgeberprofile auf Bewertungsplattformen weisen ein Firmenlogo und Marken der vom Arbeitgeber vertriebenen Produkte auf. Die Firma, das Firmenlogo und die Marken von Produkten und Dienstleistungen sind in der Regel rechtlich geschützt und dürfen nur mit Zustimmung des Arbeitgebers verwendet werden. Falls jemand auf der Plattform ein Profil erstellt, welches in täuschender Weise den Anschein erweckt, dass das bewertete Unternehmen dafür verantwortlich ist (sogenannter «Identitätsdiebstahl»), kann der Arbeitgeber aus Persönlichkeitsrecht, Firmenrecht, Marken- oder Urheberrecht die Löschung des Profils verlangen.
Vorgehen des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer wegen Abgabe einer negativen Bewertung
Während laufendem Arbeitsverhältnis
Während laufendem Arbeitsverhältnis unterliegt der Arbeitnehmer der arbeitsvertraglichen Treuepflicht, also der Pflicht, die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren (Art. 321a Abs. 1 OR).
Die Treuepflicht ist in erster Linie als Unterlassungspflicht ausgestaltet: der Arbeitnehmer hat alles zu unterlassen, was den Arbeitgeber wirtschaftlich schädigen könnte. Die Treuepflicht steht vorliegend in einem Spannungsverhältnis zum Recht auf freie Meinungsäusserung, welches es dem Arbeitnehmer grundsätzlich erlaubt, seine kritische Meinung zum Ausdruck zu bringen.
Aus der Treuepflicht kann unseres Erachtens jedoch abgeleitet werden, dass der Arbeitnehmer von ihm empfundene Missstände zuerst dem Arbeitgeber melden muss, bevor er diese im Internet publiziert (sogenannte Whilstleblower-Problematik). Das Abgeben von negativen Bewertungen kann insbesondere dann als Verletzung der Treuepflicht taxiert werden, wenn der Arbeitnehmer in Schädigungsabsicht negative Bewertungen abgibt, welche stark übertrieben oder erfunden sind, oder wenn er gegen die arbeitsvertraglichen Geheimhaltungsverpflichtungen verstösst. Eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Treuepflicht kann zu arbeitsrechtlichen Sanktionen (Verweis, Kündigung, Schadenersatz) führen. Andererseits kann aus der Treuepflicht keine Verpflichtung des Arbeitnehmers abgeleitet werden, den Arbeitgeber positiv zu bewerten (oder ihn überhaupt zu bewerten).
Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, im Rahmen von Arbeitsverträgen, Allgemeinen Arbeitsbedingungen und Betriebsreglementen grundsätzliche Verhaltensanweisungen für den Umgang der Arbeitnehmer mit Bewertungsplattformen und die Abgabe von Bewertungen vorzusehen. Den Arbeitnehmern in solchen Reglementen generell die Abgabe von Bewertungen zu verbieten, geht jedoch zu weit und verstösst gegen deren Meinungsäusserungsrecht.
Nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses
Nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber nicht mehr aus dem Arbeitsvertrag gegen den Arbeitnehmer vorgehen. Ihm stehen jedoch die ausservertraglichen Rechtsbehelfe aus Persönlichkeitsschutz, unerlaubter Handlung, UWG und StGB zu Verfügung. Vertragliche Rechtsbehelfe können ausnahmsweise zur Verfügung stehen, wenn der Arbeitsvertrag aufgrund besonderer Umstände Geheimhaltungsverpflichtungen oder Treuepflichten vorsieht, welche auch nachvertraglich Geltung beanspruchen.