Employer Branding

Audiovisuelles Branding: Mitarbeitende sind die Informationsträger im Film

In den USA und in Deutschland sind auf firmeneigenen Webseiten oder auf Jobportalen publizierte Firmenvideos kein Novum mehr. Die Zürcher Produktionsfirma für audiovisuelle Medien, Condor Films, sieht nun auch in der Schweiz einen Trend zum Firmenvideo. Der «War for Talent» zwinge Unternehmen zu innovativen Mitteln, so Dominik Stibal, Consultant und Producer bei Condor.

Was sollte ein Unternehmen dazu veranlassen, einen Film über sich selber produzieren zu lassen?

Dominik Stibal: Die Engpässe auf dem Arbeitsmarkt, talentierte Mitarbeitende oder Fachkräfte zu finden, werden grösser. Je innovativer sich ein Unternehmen auf diesem Rekrutierungsmarkt zeigt, desto grösser wird die Chance, die umworbenen Talente für sich zu gewinnen.  Audiovisuelle Mittel bringen diesen innovativen Charakter mit sich. Im Interneteinsatz kommt zusätzlich die mögliche Interaktivität eines solchen Films zur Geltung.  Anhand von spannenden und authentischen Recruiting-Filmen kann somit im «War for Talent» ein Vorsprung auf Konkurrenten aufgebaut werden.

Was genau zeigen Unternehmen in ihren Videos?

An der Universität Zürich haben wir im Rahmen einer Umfrage Absolventen befragt, was sie besonders an Firmen interessiert, bei denen sie sich in naher Zukunft bewerben werden. Nebst Antworten wie Lohn und Arbeitszeiten ist es den Absolventen wichtig, mehr über den Alltag und die Arbeitsatmosphäre im Unternehmen zu erfahren. Für viele Menschen ist die Stimmung ein entscheidender Faktor für ihre Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Diese Informationen erfahren die Absolventen jedoch nicht in Broschüren und PowerPoint-Präsentationen. Der Recruiting-Film kann diese Lücke schliessen. Primär unterstützt das audiovisuelle Medium emotionale Aspekte wie die Stimmung in Unternehmen sowie die Kultur. Wenn sich also ein positives Arbeitsklima im Film erkennen lässt, hat das Unternehmen dementsprechend bessere Chancen, ein breiteres Spektrum an guten Leuten zu rekrutieren.

Wirken solche Videos nicht oft unnatürlich und gestellt glücklich?

Die Voraussetzung für einen überzeugenden Film ist die Authentizität der Mitarbeitenden. Wenn beispielsweise ein Mitarbeiter in die Kamera sagt, dass er viel und manchmal zu viel arbeitet, dann vermittelt er ein ehrliches Image und wirkt somit authentisch. Je nachdem, wie mutig das HRM beziehungsweise die Corporate-Communication-Abteilungen sind, dürfen sogar negative Aspekte in solch einen Film einfliessen. Der potenzielle Arbeitnehmer schätzt Offenheit und weiss diese auch zu bewerten.

Wo können Unternehmen ihre Videos ausser auf ihren eigenen Webpages noch zeigen?

Internet-Stellenportale bieten einen optimalen Multiplikatoreffekt. Denn Portale wie jobs.ch geben die Möglichkeit, einen Videolink zum Stelleninserat zu platzieren. Durch die Einbindung von Recruiting-Filmen in die Stellenportale ist eine zielgerichtete Distribution gewährleistet. Potenzielle Mitarbeitende finden direkt neben der gesuchten Stelle einen Film, der sie über die Firma informiert. Durch die Einbindung eines Films steigt die Aufmerksamkeit für die Inserate. Nur zum Vergleich: In Deutschland gibt es mittlerweile einen Internet-Fernsehkanal, job24tv.de. Pro Tag werden dort mehrere Filme neu eingespeist.

Auf Absolventenkongressen, Messen und internen Schulungen können Firmen die Filme natürlich auch zeigen. Gerade auf den grossen Events, wie dem letztjährigen Absolventen-Kongress in Zürich-Oerlikon, den mehrere tausend Absolventen besuchten, sollte das Interesse für Abwechslung bei den 200 ausstellenden Firmen besonders gross sein. Neben diesen klassischen Vertriebswegen steht heutzutage eine Vielzahl von Distributionskanälen zur Verfügung, einige davon sind Webcasts, Blogs und Internet Communities wie Facebook und Studivz. Diese Vertriebskanäle sind optimal für den Einsatz von Clips geeignet.

Wie unterschiedlich kann die Qualität solcher Filme sein?

Das kommt ganz darauf an, mit welchem Ziel sie umgesetzt werden. Wir differenzieren drei Gruppen:  Die preiswerte Kategorie ist ein einfacher Beitrag, meist anlässlich eines Events oder Kongresses erstellt, der Testimonials und Statements mit Interviewsituationen verbindet und somit Personen, die im betreffenden Unternehmen arbeiten, darstellt. Die mittlere Kategorie beinhaltet die Präsentation der Firma, Statements von leitenden Angestellten und Mitarbeitern, Stimmung und Ambiente, Produkte-Angebot und Produktionswelten. Dieser Recruiting Film ist bereits drehbuchbasiert mit eigener Dramaturgie, verschiedenen Locationaufnahmen mit eingeflochtenen Mitarbeitergesprächen.

Die aufwändigste Umsetzung eines Recruiting Filmes ähnelt bereits stark dem klassischen Imagefilm. Statements, Interviews und Aufnahmen inszenierter Handlungen rund um den Betrieb werden durch dynamische Zusatzeinseinstellungen bereichert. Spielfilmartige Rahmenhandlungen mit beeindruckender Bildästhetik, Musikkompositionen und grafischen Arbeiten bis hin zu umfangreichen Trick- und Spezialaufnahmen sind in dieser Form möglich. Der Film kann universell eingesetzt werden und kann in einer neuen Schnittvariante als Imagefilm verwendet werden. Diese Version des Recruiting Films wird  bewusst als Visitenkarte des Unternehmens eingesetzt.

Wie häufig werden solche Filme von den Internetnutzern abgerufen?

Wir befinden uns in einer Testphase mit jobs.ch. Die Ergebnisse aus diesen Tests sind sehr vielversprechend. Sobald wir diese Testphase abgeschlossen haben, kann ich Ihnen verlässliche Angaben machen.

Und für welches Jobniveau eignen sich die Filme am besten?

Der «War for Talent» tobt vor allem um Absolventen von Hochschulen und Universitäten. Dieses Jobniveau wird umworben.

Was können potenzielle Bewerber von einem Rekrutierungsfilm erwarten?

Es geht um die individuellen Geschichten von Mitarbeitenden und um die Geschichte des Betriebs. Individuelle Einsichten erhält niemand im Stelleninserat. Das Medium Film sorgt für eben diesen persönlichen Einblick in die Welt der potenziellen zukünftigen Kollegen und deren Arbeitsumfeld. Diese weichen Faktoren sind bekanntlich mindestens genauso wichtig wie die harten Faktoren Löhne, Ferien oder Standort.

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Connie Voigt ist 
Executive Coach bei der Firma «Inside Out» sowie Gründerin der Netzwerkorganisation «Interculturalcenter.com GmbH». Zudem ist sie Dozentin für Organizational Behavior an der Edinburgh Business School, FHNW Basel und FU Berlin.

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