Lohngleichheit im Unternehmen

Bezahlen Sie gerecht?

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist für die meisten Personalfachleute eine Selbstverständlichkeit. Die Statistik jedoch zeigt ein anderes Bild: Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen beträgt in der Schweiz nach wie vor gut 18 Prozent. Herrscht in Ihrem Unternehmen Lohngleichheit? Worauf müssen Sie achten?

Was versteht man unter Lohngleichheit? Warum ist das heute überhaupt noch ein Thema?

Bundesverfassung und Gleichstellungsgesetz schreiben vor, dass alle Frauen und Männer ein Recht auf gleichen Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit haben. Frauen verdienen gemäss Bundesamt für Statistik gut 18 Prozent weniger als Männer, auf Kaderstufe sind es sogar bis zu 30 Prozent.

Erklärbarer Lohnunterschied vs. diskriminierender Lohnunterschied

Der beträchtliche Lohnunterschied hat verschiedene Gründe. Frauen arbeiten zum Beispiel eher in Niedriglohnbranchen, bringen im Schnitt weniger Erfahrung mit und sind immer noch weniger gut ausgebildet als Männer.
Die erklärbaren Aspekte machen rund 60 Prozent der gesamten Lohndifferenz aus. Rund 40 Prozent des Lohnunterschieds lassen sich mit diesen Faktoren jedoch nicht erklären. Hier spricht man von direkter Lohndiskriminierung.

Wie und wo entsteht Lohndiskriminierung?

Lohndiskriminierung geschieht meist nicht mit Absicht. Ohne systematische Überprüfung schleichen sich aber unbewusst Diskriminierungen ein. Diese sind gesetzeswidrig!

Folgende Faktoren fördern Lohndiskriminierung:

  • Der Lohn wird hauptsächlich durch individuelles Aushandeln festgelegt. Frauen sind (aufgrund historisch gewachsener kultureller Prägung) oft bescheidener in ihren Lohnforderungen als Männer.
  • Die ausserberuflichen Erfahrungen (zum Beispiel Familienmanagement, Freiwilligenarbeit) werden nicht oder nur wenig berücksichtigt.
  • Die psychosozialen Anforderungen werden unterbewertet. Beispiel: Einfühlungsvermögen und/oder Freundlichkeit wird nicht oder zu wenig als lohnrelevante Anforderung betrachtet.
  • Bestimmte Lohnzulagen werden Vollzeitangestellten vorbehalten.
  • Leistungsvorgaben für eine Tätigkeit, die vorwiegend von Frauen ausgeübt wird, sind schwieriger zu erreichen als die Leistungsvorgaben für eine Tätigkeit, die vorwiegend von Männern ausgeübt wird.
  • Leistungszulagen oder Erfolgsbeteiligungen werden tendenziell Männern zugesprochen, weil deren Leistung besser wahrgenommen wird.

Wie Lohngleichheit analysieren und umsetzen?

  • Lohnfestsetzungskriterien und -mechanismen kritisch reflektieren. Welche Faktoren sind lohnbestimmend? Gibt es Diskriminierungspotential?
  • Bei der ersten Lohnfestlegung und bei späteren Lohnanpassungen explizit darauf achten, Frauen und Männer gleich zu behandeln.
  • Bei der Lohnfestlegung neben Ausbildung und Erfahrung auch (zum Beispiel psychosoziale) Anforderungen und Belastungen am Arbeitsplatz berücksichtigen.
  • Lohnforderungen der Mitarbeitenden sollten wenig Einfluss auf die Lohnfestlegung haben.
  • Teilzeitarbeitende und Temporärangestellte erhalten anteilsmässig den gleichen Lohn wie Vollzeitarbeitende.
  • Frauentypische Tätigkeiten gegenüber männertypischen Tätigkeiten nicht unterbewerten.
  • Kriterien für Lohnfestsetzung und für Weiterbildung, Lohnanpassung und Beförderung klar definieren und transparent kommunizieren. Marktbedingte Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern müssen gut begründbar, verhältnismässig und zeitlich auf das Notwendige beschränkt sein. Ebenso leistungsbedingte Lohnunterschiede.
  • Vermeidung von Diskriminierungen als Führungsaufgabe verstehen. Prozesse etablieren, welche Führungskräfte in die Verantwortung nehmen.

Welche Tools und Unterstützung gibt es?

Für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden: Selbsttesttool Logib (www.logib.ch).

Sozialpartnerschaftlicher Dialog: Unternehmen können beim Lohngleichheitsdialog (www.lohngleichheitsdialog.ch) mitmachen. Dabei analysiert eine Vertretung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite die Lohndaten mit Hilfe von Logib. Falls Ungleichheiten bestehen, verpflichtet sich das Unternehmen, diese innert vier Jahren zu beseitigen.

Unabhängige Überprüfung: Die Stiftung equal-salary (www.equalsalary.org) bietet eine unabhängige Aussensicht. In einem ersten Schritt werden die Lohndaten durch ein spezialisiertes Institut der Uni Genf statistisch ausgewertet. In der zweiten Phase findet ein Zertifizierungsaudit vor Ort statt. Die HR-Verantwortlichen erhalten einen ausführlichen Bericht, der allfällige Probleme identifiziert.

Basierend darauf kann die Firma gezielte Massnahmen einleiten, um die Anforderungen zu erfüllen.

Welche Argumente sprechen dafür, sich mit dem Thema Lohngleichheit zu befassen?

  • Möglichkeit, sich als attraktiver und fairer Arbeitgeber von Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt abzuheben (employer branding).
  • Für Mitarbeitende sind faire Löhne ein wichtiges Motiv, sich mit der Firma zu identifizieren. Dieses Argument dürfte in Zeiten des Fachkräftemangels weiter an Relevanz gewinnen.
  • In Lohn- und GAV-Verhandlungen erhält die Lohngleichheit von Frauen und Männern zunehmend grössere Bedeutung.
  • Wenn öffentliche Vergabestellen (Bund, Kantone) Aufträge vergeben, überprüfen sie stichprobenhaft die Lohngleichheit bei den sich bewerbenden Unternehmen.
  • Bei Lohnklagen steht die Reputation des Unternehmens auf dem Spiel. Auch die Kostenfolgen sind nicht zu vernachlässigen.
  • Auch Kunden und andere Anspruchsgruppen legen immer mehr Wert darauf, dass Unternehmen soziale Verantwortung übernehmen.

 

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Regula Stocker ist Strategieberaterin bei der auf Nachhaltigkeitsfragen spezialisierten Beratungsfirma BHP - Brugger und Partner AG. Dort ist sie zuständig für Projekte zur sozialen Verantwortung für Unternehmen.

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