Bloggen als Recruiting-Instrument
Claudia Thurnherr, Stv. Geschäftsführerin und HR-Verantwortliche der Stiftung Berufslehr-Verbund Zürich, fragt Jörg Buckmann, Leiter Personalmanagement der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ).
Claudia Thurnherr, Jörg Buckmann
Jörg, Du betreibst in Deiner Freizeit einen Blog. Warum?
Jörg Buckmann: Weil es ganz einfach Spass macht. In meinem Alltag bin ich HR-Generalist, aber besonderen Spass macht mir das Personalmarketing. Da kann ich meine Kreativität ausleben. Ausserdem schreibe ich gerne, schon in der Schule war das so. Als Kind wollte ich Sportjournalist werden. Aber vermutlich war dieser Berufswunsch mehr mit der Phantasie verknüpft, dass ich dann Fussballspiele in aller Welt sehen kann und erst noch dafür bezahlt werde. Wie auch immer - mit dem Web 2.0, dem Mitmachweb und «Wordpress», der kostenlosen Bloggersoftware, kann ich die Passion fürs Schreiben und mein Interesse an (Personal-) Marketingthemen nun in idealer Weise kombinieren und ausleben.
Was ist denn das Faszinierende am Bloggen?
Nun, man kann sich ja auf eine Art fast schon als Journalist, sagen wir mal als Möchtegernjournalist, austoben. Ich erhalte umgehend Feedback auf meine Artikel. Ob meine Themenwahl oder der Artikel selber gut waren oder nicht, erkenne ich an den Kommentaren. Zudem lässt sich das Ergebnis in Zahlen messen. Etwas, was ich nicht allzu oft in meiner täglichen Arbeit erlebe. Beim Bloggen sehe ich jederzeit, wie oft ein Artikel angeklickt wurde. Ich kann genau nachvollziehen, wie oft er «geliked», über Twitter weiterverbreitet oder von anderen Bloggern zitiert wurde. So lerne ich enorm viel darüber, wie digitale Kommunikation funktioniert. Die Medienkompetenz, die ich dadurch gewinne, wird schon bald eine der wichtigsten Kompetenzen im HR sein, da bin ich mir sicher. Bloggen ist also auch eine Form der Personalentwicklung.
Das bringt Dir aber nicht viel für den Job bei den VBZ.
Und ob! Bloggen ist ja eigentlich nicht viel anderes als Geschichten erzählen. Und genau dieses «Storytelling» wird künftig im Verkauf von Stellen und Arbeitsplätzen – und darum geht es ja letztlich im Recruiting - noch viel wichtiger werden. Wer im Orkan der täglichen Werbebotschaften überhaupt noch wahrgenommen werden will, muss interessante Geschichten erzählen können. Das fasziniert die Menschen seit jeher. Heute ist das nicht anders. Ich lerne beim Bloggen, Fakten in Geschichten zu verpacken. Ich erlerne sozusagen das Infotainment. Davon profitieren letztlich auch die VBZ. Übrigens betreiben wir dort seit einigen Monaten einen internen Blog. Noch etwas: Wer bloggt, entwickelt eine andere wichtige HR-Fertigkeit der Zukunft: Frechmut!
Frechmut?
Ja, genau. Frechmut ist für mich eine Eigenschaft, ein Kompetenz, welche die HR-Profis der Zukunft, ach was, der Gegenwart auszeichnet. Ich verstehe darunter eine Einstellung, die darauf abzielt, gerade in der Personalwerbung auch mal aus dem sicheren HR-Schneckenhaus auszubrechen. Wer immer nur in der Deckung bleibt, kann nicht gewinnen. Es braucht gerade im externen Personalmarketing vermehrt auch den Mut und eine Portion positiv gemeinter Frechheit, neue, unkonventionelle Wege auszuprobieren. So etwas kann man unter anderem auch beim Bloggen lernen. Auch da muss man Flagge bzw. sein Gesicht zeigen und den Mut, zu seiner Meinung zu stehen. Pointiert argumentieren. Ja und vielleicht sogar ab und zu ein wenig frech sein. Frechmut ist aber für mich noch viel mehr. Dazu gehört auch eine gute Portion Neugierde. Und Leidenschaft. Ohne geht gute Personalwerbung nicht – ebenso wenig wie das Bloggen.