Die vergessene Jugend - die Schweiz als weltweites Vorbild
Heidi Weiss, Geschäftsführerin, Archaia Personaltypologie, fragt Claudia Thurnherr, Stv. Geschäftsführerin und HR-Verantwortliche, Stiftung Berufslehr-Verbund Zürich.
Heidi Weiss (links), Claudia Thurnherr
Was ist die Aufgabe der Stiftung Berufslehr-Verbund Zürich (BVZ)?
Gemeinsam mit unseren Einsatzbetrieben des Kantons Zürich schaffen wir Lehrstellen. Da wir die Lernenden im Rotationsprinzip ausbilden, können mehrere Firmen gemeinsam eine Lehrstelle anbieten. Unsere Aufgabe dabei ist es, die Firmen zu finden, zu motivieren und während der Ausbildung zu unterstützen. Dasselbe gilt für die Lernenden. Mit einem professionellen Selektionsprozess finden wir Jugendliche mit Potential, die zu unseren Ausbildungsbetrieben passen. Potential zu haben hat nicht immer mit guten Schulnoten zu tun. Oft finden wir Jugendliche, die ein schlummerndes Potential in sich tragen, welches bisher nicht entdeckt worden ist. Damit leisten die Einsatzbetriebe und der BVZ einen grossen gesellschaftlichen Wert. Die Stiftung verhilft gemeinsam mit den Betrieben den Jugendlichen, sich in unsere Arbeitswelt zu integrieren, und den fachlichen Nachwuchs langfristig zu sichern. Dies ist von einer immensen Relevanz, wenn man die Jugendarbeitslosenquote unserer Nachbarstaaten bedenkt.
Wie unterstützt der BVZ die Ausbildungsbetriebe?
Die Unterstützung beginnt bei der professionellen Selektion der Lernenden und der idealen Besetzung einer potentiellen Lehrstelle im Einsatzbetrieb. Weiter bieten wir unseren Partnern eine administrative Entlastung und Hilfestellung bei jeglicher Art von Problemen, die mit der Schule zusammenhängen oder auch im Betrieb selber vorkommen können. Ebenso helfen wir den Betrieben in der Ausbildungsplanung. Regelmässig organisieren wir ein Treffen der Ausbildungsfirmen, wo die firmeninternen für die Ausbildung Zuständigen sich austauschen können und über aktuelle Themen durch den BVZ informiert werden. Zudem gibt es jährliche Workshops für unsere Einsatzbetriebe und stets ein offenes Ohr beim BVZ. Das Outsourcing der Lernendenselektion, die Anstellung der Lernenden mit Lohnzahlungen, Sozialabgaben und Versicherungen sowie die gemeinsame Betreuung ist damit auf einfache Art möglich. Gleichzeitig schafft diese zukunftsorientierte Form des Outsourcings die Voraussetzung, dass unsere Jugendlichen eine berufliche Perspektive haben.
Wieso braucht der Einsatzbetrieb den BVZ und macht die Ausbildung der Lernenden nicht selber?
Grundsätzlich könnten viele Firmen, die heute noch keine Lernenden ausbilden, dies selber tun. Wir treffen es jedoch oft an, dass Firmen das Gefühl haben, sie seien zu klein oder zu fachspezifisch, oder sie trauen es sich schlicht nicht zu. Hier kommen wir ins Spiel. Wir ermöglichen die Ausbildung von Lernenden bei genau diesen kleinen und fachlich hoch spezialisierten Firmen, da unsere Lernenden nicht die gesamte Lehre in einem einzelnen Betrieb durchlaufen müssen. Der BVZ übernimmt die Verantwortung der kompletten Abdeckung der Wissensinhalte und vermittelt benötigtes Wissen für die Firmen und unsere Lernenden. Der Einsatzbetrieb verpflichtet sich zunächst für ein Jahr. Dadurch kann sich der Betrieb mit der Ausbildung von Lernenden langsam anfreunden und erste Erfahrungen mit dem BVZ sammeln. Zudem werden die Firmen, die Jugendliche ausbilden, von den Zahlungen an den kantonalen Berufsbildungsfond befreit. Und wir vom BVZ unterstützen mit unserem Ausbildungssystem Betriebe, aktive Partner in der Berufsbildung zu sein.
Wie viele Lernende bildet der BVZ aus?
Heute bildet der BVZ 220 Lernende aus. Bei uns intern sind vier Lernende, welche jedes Jahr wechseln. Die Herausforderung und Freude, Lernende auszubilden, beflügelt mich jeden Tag. Zu schön ist es, einen Jugendlichen zu begleiten und seine Entwicklung hautnah zu erleben. Das gegenseitige Vertrauen wird immer belohnt.
- Nächsten Monat stellt Claudia Thurnherr ihre Fragen Jörg Buckmann, Leiter Personalmanagement der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ).