Juliane Kästner: «Grundsätzlich stellt sich die Frage, was durch Boni gefördert werden soll: Konkurrenzkampf oder Kooperation?»
Ob Boni an Teams oder an einzelne Mitarbeitende ausbezahlt werden, spiegelt die jeweilige Weltsicht und das zugrundeliegende Menschenbild. Glauben Führungskräfte, dass ihre Mitarbeitenden intrinsisch motiviert sind, Verantwortung übernehmen und sich selbst verwirklichen? Oder gehen sie davon aus, dass sie sich vor der Verantwortung scheuen und deshalb angeleitet und kontrolliert werden müssen?
Bei letzterem Menschenbild sind Boni für die Führungskräfte notwendige extrinsische Hygienefaktoren und dienen als Mittel zur Belohnung oder Bestrafung. Studien von Wirtschaftswissenschaftlern und Verhaltensökonomen wie Bruno S. Frey oder Ernst Fehr haben aufgezeigt, dass diese Art der finanziellen Anreize Korrumpierungseffekte hervorrufen können. Grundsätzlich stellt sich die Frage, was durch Boni gefördert werden soll: Konkurrenzkampf oder Kooperation?
Soll das Verhalten von Einzelkämpfern belohnt werden, die ihren eigenen Lohn auf Kosten des Unternehmens optimieren und ihre individuellen Karriereziele verfolgen, indem sie auf ihre persönlichen Zielerreichungen hinarbeiten?
Oder möchte man Verhalten belohnen, welches die Zusammenarbeit in Teams sowie das Mitarbeiterengagement fördert und so abteilungs-übergreifend Leistungsprozesse kontinuierlich verbessert und die Erfüllung der Kundenbedürfnisse in den Fokus stellt?
In vielen Unternehmen setzt sich das Management über alle Führungsebenen hinweg alljährlich in Workshops zusammen, um die Unternehmensziele auf die jeweiligen Stufen herunterzubrechen. Smarte Teilziele, die tendenziell auf eine statische Umwelt ausgerichtet sind, werden von der Geschäftsleitung über die verschiedenen Divisionen und Teams bis zu den einzelnen Mitarbeitenden definiert.
Doch wird der Grossteil der Leistungen nicht arbeitsteilig durch Teams erbracht? Kann eine Projektmanagerin ein Vorhaben ohne ihr Team erfolgreich über die Ziellinie bringen? Kann ein Kundenbetreuer im Callcenter alleine alle Kunden des Unternehmens professionell beraten? Kann eine Top-Managerin übergeordnete Ziele im Alleingang erreichen?
Der aus dem Unternehmenserfolg abgeleitete Bonus könnte von den Teammitgliedern nach gemeinsamen sozialen Normen verteilt werden. Dabei erhält jedes Teammitglied beispielsweise eine gleich hohe Anzahl an Punkten, die dem Geldwert des Teambonus entsprechen. Alle Teammitglieder bewerten das Verhalten ihrer Kollegen aufgrund von Fragen: «Wie kooperativ war sie in der Zusammenarbeit?» oder «Wie stark beteiligte er sich an gemeinsamen Lösungsfindungen?» und verteilen entsprechend untereinander ihre Punkte: Ein Feedbacksystem, das auf Vertrauen und der Belohnung von Verhalten beruht.