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Change Management im internationalen Kontext wird immer wichtiger

Thorsten Eger und Susanne Dornemann erklären, warum Change Management nicht nur im nationalen, sondern auch im internationalen Kontext betrachtet werden soll.

Was versteht man unter internationalem Change Management und warum ist es wichtig?

Susanne Dornemann: Durch die bestehende Globalisierung verfügen viele Unternehmen, welche in der Schweiz tätig sind, über weitere Standorte in anderen Ländern, oder ausländische Unternehmen haben hier bei uns einen weiteren Standort. Ziel eines internationalen Change Management ist in der Regel, dass Ressourcen effizienter genutzt und Synergien zwischen verschiedenen Standorten und den entsprechenden Lieferketten geschaffen werden. Gibt es nun Veränderungen im Unternehmen auf globaler Ebene, können die Anforderungen an einen erfolgreichen Change steigen und die Change Manager und Change Managerinnen stehen vor einer komplexen Aufgabe, einen länderübergreifenden Change erfolgreich durchzuführen.

Thorsten Eger: Im Kontext meiner internationalen Jobs oder Beratungsmandate geht es beim internationalen Change Management fast immer um die strategische Planung und Umsetzung von Veränderungen in Unternehmen, die länderübergreifend operieren. Häufig stehen dabei Strukturen, Prozesse und (Unternehmens-)Kulturen im Mittelpunkt, um die Herausforderungen und Chancen internationaler Märkte zu bewältigen. Wichtige Faktoren sind kulturelle Unterschiede sowie lokale (gesetzliche) Rahmenbedingungen und Marktbedingungen. Erfolgreiches internationales Change Management fokussiert sich auf die enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ländern und Abteilungen, um Widerstände möglichst früh zu erkennen und abzubauen. Eine einheitliche Vision fördert diesen Prozess.

Susanne Dornemann FHNW

Susanne Dornemann

Susanne Dornemann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW und Programmleiterin des CAS International Change Management.

 

Thorsten Eger FHNW

Thorsten Eger

Thorsten Eger (PhD) leitete Teams und Organisa­tionen auf lokaler, regionaler und globaler Ebene in Unternehmen unterschied­licher Grössen und verschiedenster Industrien. Er wurde für seine Arbeit im Change- Management und Diversity, Equity & Inklusion mehrfach ausgezeichnet. Eger doziert an der FHNW und berät Kunden zu strategischen Personalfragen und im Executive Search.

 

Welche besonderen Herausforderungen gibt es im internationalen Change Management im Vergleich zu nationalem Change Management?

Dornemann: Unterschiede im Arbeitsrecht können die Art und Weise beeinflussen, wie Veränderungen umgesetzt werden, insbesondere in Bezug auf Mitarbeiterrechte und -pflichten. Bei der Koordination von Meetings und Projektaktivitäten können verschiedene Zeitzonen eine Herausforderung darstellen. Zudem kann die Verfügbarkeit von finanziellen und personellen Ressourcen je nach Land variieren. Unterschiedliche Länder haben unterschiedliche Erwartungen an Führungsstile, was die Führung von internationalen Teams beeinflussen kann.

Eger: Ich komme nochmals auf die (juristischen) Landesunterschiede und gesellschaftlichen Normen zurück. Direkte vs. indirekte Kommunikation, hierarchische vs. eher non-hierarchische Kulturen sowie legislative Unterschiede im Hinblick auf beispielsweise Mitbestimmungspflichten – all dies gilt es zu betrachten und entsprechend zu beachten. Vor diesem Hintergrund kann sich ein lokaler Change-Management-Prozess deutlich von einem internationalen Change-Management-Prozess unterscheiden und auch andere „Timelines“ haben. Obendrein: Zeichen lesen, Resilienzen erfassen und Buy-ins kontraktieren – alles wichtige Dinge, die kulturell ggf. anders aufgenommen werden müssen.

Wie beeinflussen kulturelle Unterschiede das Change Management?

Dornemann: Unterschiedliche Kulturen haben unterschiedliche Kommunikationsstile, die von direkter bis indirekter Kommunikation reichen können. Missverständnisse können leicht auftreten. Verschiedene Kulturen haben unterschiedliche Werte und Normen, die die Wahrnehmung und Akzeptanz von Veränderungen beeinflussen können. In einigen Kulturen sind hierarchische Strukturen stark ausgeprägt, während in anderen flacheren Hierarchien bevorzugt werden. Dies kann die Entscheidungsfindung und die Implementierung von Veränderungen beeinflussen. Auch Unterschiedliche Arbeitszeiten und Feiertage können die Reaktionszeiten und die Verfügbarkeit von Teammitgliedern beeinflussen.

Eger: International zu agieren heisst auch immer, aus dem «eigenen Kulturkreis» auszutreten und oftmals in einen neuen Kulturkreis einzutreten. Es gibt sicherlich viele Gemeinsamkeiten über Kulturkreise hinweg, aber auch ziemlich deutliche Unterschiede. Deswegen empfiehlt es sich, sich etwaiger kultureller Unterschiede bewusst zu werden. Als ich einige Jahre in Kanada arbeiten durfte, hatte ich zu Beginn meines «Assignments» einen «Cultural Dimensions»-Test gemacht. Ziel war es, die Kulturen, die ich bislang näher erleben durfte (Deutschland, Schweiz, UK, Russland), mit der Kultur in Kanada, insbesondere mit der Kultur der Provinz Quebec, zu kontrastieren. Zu meinem Erstaunen waren die Unterschiede teils signifikant. Das Bewusstsein darüber half mir im Kontext der kulturellen Assimilation genauso wie bei der Umsetzung von Change-Management-Projekten, die ich leiten musste.

Welche Rolle spielt Kommunikation im internationalen Change Management?

Dornemann: Internationales Change Management fördert eine effektive Kommunikation und das Engagement der Mitarbeiter auf globaler Ebene, was entscheidend für den Erfolg von Veränderungsinitiativen ist. Dies beinhaltet das Bewusstsein von unterschiedlichen Kommunikationsstilen, nonverbale Signale und kulturelle Normen zu verstehen.

Eger: Kommunikation ist das A und O in der Interaktion, so auch in jedem Change-Management-Prozess. Mein Mantra war immer: Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation. In Change-Management-Prozessen gibt es quasi keine quantitative «Überkommunikation». Auch Modelle des Verstehens helfen hier, ebenso das Verständnis dafür, wie Kommunikation kulturell geprägt ist.

Wie kann eine effektive Kommunikation über verschiedene Kulturen hinweg sichergestellt werden?

Dornemann: Das Verstehen und Respektieren von kulturellen Unterschieden und Eigenheiten in der Kommunikation nehmen hier eine zentrale Rolle ein.

Eger: Kulturelle Unterschiede können viele Missverständnisse, Missinterpretationen und unterschiedliche Kommunikationsstile hervorrufen. Hierzu zählen variierende Bedeutungen von Gesten und Mimiken, Tonalität und die schon angesprochenen Unterschiede zwischen direkter und indirekter Kommunikation. Derartige Differenzen oder daraus resultierende «hick-ups» beeinträchtigen häufig Vertrauen und die Zusammenarbeit, da Empfänger Botschaften anders wahrnehmen und darauf reagieren, als ursprünglich vom Sender beabsichtigt. Eine zentrale Methode dabei kann Storytelling sein. Stories behält man, Inhalte von vollgestopften Powerpoints vergisst man in der Regel.

Welche spezifischen Kompetenzen müssen Führungskräfte im internationalen Change Management besitzen?

Dornemann: Tiefes Verständnis der Prinzipien und Methoden des Change Managements, einschliesslich der Fähigkeit, Change-Management-Strategien zu entwickeln und umzusetzen. Die Fähigkeit, kulturelle Unterschiede zu verstehen und zu respektieren, sowie effektiv mit Menschen aus verschiedenen kulturellen Hintergründen zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Teams zu motivieren und zu führen, Ver­trauen aufzubauen sowie eine positive Veränderungskultur zu fördern.

Eger: Neben kultureller und emotionaler Intelligenz, um unterschiedliche Werte und Normen zu verstehen, sowie Kommunikationsfähigkeit, um klare und verständliche Botschaften zu vermitteln, hilft Verhandlungsgeschick, Konflikte zu lösen und Allianzen zu bilden. Hinzu kommen aus meiner Sicht agiles Denken und Anpassungsfähigkeit, denn Change-Management-Prozesse verlaufen selten ohne unvorhersehbare Herausforderungen. Deswegen gilt es, einen «open mind» und ein «open heart» zu bewahren und sich nicht davor zu scheuen, auch mal vollends «hands-on» zu sein.

Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren für internationales Change Management?

Dornemann: Wie immer bei einem Change Management, eine klare Kommunikation über das Ziel sowie die geplanten Meilensteine sollen alle betroffenen Mitarbeitenden verstehen. Zudem ist es wichtig, Beziehungen zu wichtigen Stakeholdern zu pflegen und deren Unterstützung für Change-Management-Initiativen zu gewinnen. Bei einem internationalen Change ist es besonders wichtig, dass die kulturellen Unterschiede und Eigenheiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beachtet werden. Regelmässiges Feedback, um sicherzustellen, dass die Botschaft richtig verstanden wurde, helfen eventuelle Missverständnisse sofort zu klären. Zudem ist es wichtig, dass Change Manager/innen oder Projektleitende optimal für einen Change vorbereitet sind. Dazu können Trainingsprogramme angeboten werden. Bei einem internationalen Change Management bietet es sich an, ein englischsprachiges Training zu besuchen, wie zum Beispiel das das CAS International Change Management der Hochschule für Wirtschaft FHNW.

Eger: Für mich sind die Top-3-Erfolgskriterien für ein internationales Change-Management die folgenden:

  • Kulturelle Sensibilität – das Verständnis und die Berücksichtigung lokaler Kulturen und Normen, um möglichst schnell Akzeptanz zu ge­nerieren und Widerstände zu vermeiden.
  • Kommunikation – wertschätzende, klare und offene/transparente Kommunikation. Nichts ist weniger hilfreich, als das Gefühl zu vermitteln, unausgesprochene «hidden agendas» zu haben.
  • Stakeholdermanagement – frühzeitiges und aktives Einbeziehen internationaler Perspektiven auf allen Ebenen, das heisst Mitarbeitende, Führungskräfte und gegebenenfalls externe Kunden. Dies fördert Vertrauen, Akzeptanz (buy-in) und die Bereitschaft zur Veränderung.
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