swissstaffing-News

Das Jahr 2011 bei swissstaffing

Selten seit der Gründung des Verbandes war ein Jahr so spannend und matchentscheidend für swissstaffing wie das 2011.

Allgemeinverbindlicherklärung des GAV Personalverleih

Bis zuletzt war nicht klar, ob der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) Personalverleih unter Dach und Fach gebracht werden kann oder ob es weiterhin eines langen Atems bedarf und es sich erst im Verlaufe des 2012 zeigen würde, ob und wann der GAV allgemeinverbindlich erklärt wird. Am 13. Dezember 2011 war es dann aber soweit. Der Bundesrat hat die Allgemeinverbindlicherklärung des GAV Personalverleih per 1.1.2012 ausgesprochen und damit die Voraussetzungen geschaffen, dass das Vertragswerk auf dieses Datum in Kraft treten konnte. Damit fanden über vierjährige Verhandlungen ein Ende, denen gar jahrzehntelange verbandsinterne strategische Auseinandersetzungen über die Frage «GAV ja oder nein?» vorausgegangen waren.

Für die Mitglieder bedeutete die kurzfristige Inkraftsetzung eine Haurückübung, war eben bis zum Ende nicht klar, ob der GAV per 1.1.2012 kommt oder nicht. swissstaffing hat Unterlagen und Hilfsmittel für die Umsetzung frühzeitig bereitgestellt. Dennoch bedarf es in einem wirtschaftlichen Umfeld Klarheit, bevor man sich operativ ans Change Management macht. Die ersten Erfahrungen zeigen nun, dass die IT-seitige Anpassung bis auf ein paar kleine Details sehr gut funktioniert hat. Das Wissen über den GAV ist in der Branche breit gestreut. Die Anfragen bei swissstaffing zeugen von einer vertieften Auseinandersetzung der Personalverleiher mit dem Vertragswerk.

Doch auch in ein paar anderen Gebieten hat swissstaffing im vergangenen Jahr Vorteile für seine Mitglieder erwirkt und Dienstleistungen ausgebaut.

Konsolidierung und Erweiterung der Verbands-Sozialversicherungen

Die Ausgleichskasse swisstempcomp und die Familienausgleichskasse swisstempfamily haben die Feuerprobe bestanden. Die 2009 beziehungsweise 2011 gestarteten Kassen haben erneut ein erfolgreiches Jahr abgeschlossen. Die 110 angeschlossenen Firmen profitieren von sehr vorteilhaften Bedingungen, die sich durch die günstige Altersstruktur der Temporärangestellten ergeben.

Mit dem Inkrafttreten des GAV Personalverleih wird die Ausgleichskasse swisstempcomp in Zukunft weitere Dienstleistungen anbieten. Sie übernimmt für die Mitglieder von swissstaffing das Inkasso des GAV-Beitrags. swissstaffing-Mitglieder, die swisstempcomp angeschlossen sind, können den GAV-Beitrag somit über bereits bekannte Partner abwickeln, ohne sich mit einer zusätzlichen Abrechnungsstelle auseinandersetzen zu müssen.

Die Stiftung 2. Säule swissstaffing ist kerngesund. Ihr Deckungsgrad betrug Ende 2010 128 Prozent. Trotz Anlageergebnis von –5,7 Prozent im 2011 schneidet die Stiftung 
2. Säule swissstaffing damit per 31.12.2011 besser ab als die allermeisten Pensionskassen in der Schweiz, wie der Swisscanto-Pensionskassen-Monitor zeigt. Der Stiftungsrat hat beschlossen, diese solide Basis zu nutzen, um die technische Struktur der Kasse den demographischen Erfordernissen anzupassen. Der technische Zinssatz wurde von 4 auf 3,5 Prozent gesenkt. Damit ist die Verbands-Pensionskasse bestens gerüstet, um ihre Leistungsversprechen auch gegenüber einer alternden Gesellschaft beziehungsweise Versichertengemeinschaft einzuhalten. Ausserdem konnten dank der Reserven die Administrations- und Risikoprämien der Stiftung 2. Säule swissstaffing per 1.1.2012 gesenkt werden. Arbeitnehmende und Arbeitgeber profitieren je von einer Einsparung von 0,35 Prozentpunkten (neue Beiträge siehe Box). Selbstverständlich bleiben die Leistungen dabei unverändert.

Mit der Branchenlösung KTG wurde im vergangenen Jahr unter der Ägide von swissstaffing ein neues Sozialwerk geschaffen. Sie unterstützt die GAV-konforme Versicherung des Krankentaggeldschutzes. Die Kollektivkrankentaggeld-Versicherung ist in enger Zusammenarbeit mit sieben Versicherungsgesellschaften erarbeitet worden. Erste Verträge konnten bereits 2011 abgeschlossen werden. Viele bestehende Verträge wurden per 1.1.2012 in diese moderne, kostengünstige und durch den GAV subventionierte Versicherungslösung überführt. Auch Nicht-Mitglieder von swissstaffing, die dem GAV unterstehen, können sich der Branchenlösung KTG anschliessen.

Schliesslich hat swissstaffing zusammen mit der Groupe Mutuel im vergangenen Jahr eine kollektive Krankenversicherung ins Leben gerufen. Sie steht dem internen Personal der swissstaffing-Mitglieder zur Verfügung und bietet ihnen sowie deren Familien einen umfassenden Versicherungsschutz bei Krankheit und Unfall. Sie kann wahlweise als Grundversicherung oder inklusive der attraktiven Zusatzversicherung Global Solution abgeschlossen werden.

Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying auf breiter Front

Dank der guten Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Kommission für Arbeitssicherheit (EKAS) und der Suva wurden die Projekte im Bereich Arbeitssicherheit weiterverfolgt. Als Produkt wird im Verlaufe dieses Jahres eine neue, auf Temporärarbeitende zugeschnittene Sensibilisierungs-DVD lanciert. Sie erklärt gängige Gefahrensituationen und die wichtigsten Arbeitssicherheitsmassnahmen einfach, klar und sprachneutral. Dass sich solche Anstrengungen lohnen und sich die betriebliche Auseinandersetzung mit Arbeitssicherheit auszahlt, beweist der erfreuliche Fakt, dass die Suva-Prämie für Berufsunfälle gesenkt werden konnte.

Im Dezember letzten Jahres hat swissstaffing in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut gfs-zürich die Aktualisierungsstudie zur Temporärarbeit in der Schweiz Mitgliedern, politischen Partnern und Medien zur Verfügung gestellt. Die Studie bringt mehrere spannende Entwicklungen ans Licht, die die Temporärarbeit in den letzten Jahren geprägt haben: Das Qualifikationsprofil der Temporärangestellten hat sich deutlich erhöht. Es sind mehr Fachkräfte und weniger Hilfskräfte im Einsatz. Die integrierende Wirkung der Temporärarbeit hat sich nicht nur bestätigt, sondern verstärkt. Wer temporär arbeitet, hat intakte Chancen, auch längerfristig im Erwerbsleben zu verbleiben: 49 Prozent finden innert Jahresfrist eine Festanstellung. Weitere 31 Prozent arbeiten weiterhin temporär oder finden eine befristete Anstellung.

Die Zusammenarbeit mit dem SECO und den kantonalen Amtsstellen für Wirtschaft und Arbeit hat sich im vergangenen Jahr weiter versachlicht. Auf dem Gebiet des AVAMSTS-Datenzugriffs auf Stellensuchenden-Profile und in der Zusammenarbeit mit den RAVs sind spürbare Erfolge zu verzeichnen. Das Bewusstsein über den volkswirtschaftlichen Beitrag, den die Personaldienstleister leisten (siehe Integrationswirkung oben), ist auf behördlicher Seite gut verankert.

Die Partnerschaft mit den Berufsverbänden der Branchen sowie den Dachverbänden der Arbeitgeber und des Gewerbes hat sich nach der Lösung der Konfliktpunkte rund um den Anhang 1 des GAV Personalverleih beruhigt. Sie ist pragmatischer geworden. Die zu Beginn der GAV-Verhandlungen aus diesen Kreisen geäusserte Zustimmung zum GAV Personalverleih hat wieder Oberhand gewonnen. Davon zeugen insbesondere auch die vielen positiven Reaktionen von Seiten der Einsatzbetriebe, die swissstaffing anlässlich der eigens für sie durchgeführten GAV-Infoveranstaltungen erfahren hat.

Mitgliederentwicklung

Im Verlaufe des 2011 haben sich 13 neue Personaldienstleister swissstaffing angeschlossen. Aktuell sind bereits weitere fünf Firmen im Aufnahmeprozess. Insgesamt darf sich swissstaffing einer positiven Mitgliederentwicklung erfreuen.

Mitglieder von swissstaffing profitieren von mehreren soliden Sozialwerken, die speziell auf die Bedürfnisse von Personalverleihern ausgerichtet sind und ihre Leistungen zu sehr attraktiven Konditionen anbieten. Hochrechnungen belegen, dass die über den Anschluss an diese Sozialversicherungen erzielten Einsparungen (gegenüber einer herkömmlichen Versicherung) den Mitgliederbeitrag für swissstaffing kompensieren, wenn nicht gar übersteigen.

Verbandsmitglieder haben ausserdem die Möglichkeit, sich am Vollzug des allgemeinverbindlich erklärten GAV Personalverleih aktiv zu beteiligen und direkt auf die Ausgestaltung allfälliger künftiger GAV-Anpassungen Einfluss zu nehmen.

Zum Tod von Henri-Ferdinand Lavanchy

Der Adia- beziehungsweise Adecco-Begründer Lavanchy ist am 4. Januar 2012 verstorben. Lavanchy war nicht nur Begründer einer Firma, man könnte fast sagen, er war Erfinder einer neuen Arbeitsform. Er hat auf jeden Fall Geschichte geschrieben für die Temporärarbeit in der Schweiz – ja sogar auf der ganzen Welt. Dem zugrunde lag Lavanchys im Nachhinein geniale, 1957 aber belächelte Idee, anderen Firmen rasch und flexibel Mitarbeitende zur Verfügung zu stellen und dafür in Vorfinanzierung zu gehen. Denn die Löhne der Mitarbeiter wurden fällig, bevor der Firmenkunde die Rechnung dafür bezahlte. Lavanchy glaubte an seine Idee. Ausser ihm aber praktisch keiner. Keine einzige Bank wollte ihm für seine Geschäftsidee Kredit gewähren. Gestartet ist er somit mit 20 000 Franken, die Lavanchy von seiner Haushälterin leihweise erhalten hatte. Die Zeit hat ihm Recht gegeben: Lavanchy gründet die Firma Adia, die vierzig Jahre später zur Adecco wird – und zwar zu jener Adecco, die heute weltweit die Nummer 1 auf dem Personaldienstleistermarkt ist und jährlich rund 20 Milliarden Euro umsetzt.

Die Temporärarbeit hat sich seit der Gründung von Adia wie alles auf der Welt entwickelt. Der Grundgedanke aber hat nach wie vor seine Gültigkeit: Die Nachfrage nach rasch und flexibel verfügbaren Mitarbeitenden steigt und steigt. Mit Lavanchy ist ein Erfindergeist, der mit Mut des eigenen Glückes Schmied war, von uns gegangen.

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Georg Staub ist Präsident von swissstaffing.

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Myra Fischer Rosinger

Myra Fischer-Rosinger ist Direktorin von swissstaffing, dem Branchenverband der Personaldienstleister. Die Politologin und Volkswirtschaftlerin prägt die Entwicklung von swissstaffing seit 2006. Massgeblich beteiligt war sie an der Einführung des Gesamtarbeitsvertrags Personalverleih, der seit 2012 in Kraft ist. Im Branchenverband swissstaffing sind 300 schweizerische Personaldienstleister organisiert. Der Arbeitgeberverband ist Kompetenz- und Servicezentrum für die Temporärbranche und vertritt die Anliegen seiner Mitglieder gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. www.swissstaffing.ch

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