Im Gespräch

Das Leben als Markenbotschafter

Robindro Ullahs Gesicht ist in Deutschland vielen bekannt. Im Personalmarketing der Deutschen Bahn tätig, wurde 
er zum Markenbotschafter des Konzerns, auf Plakaten und im Social Web. Im Interview spricht er über den Stellenwert 
der DB in seinem Leben und darüber, ob sein Engagement seine Karrieremöglichkeiten erweitert oder schmälert.

Herr Ullah, was bedeutet es, Markenbotschafter der Deutschen Bahn zu sein?

Robindro Ullah: Es macht einerseits grossen Spass, bedeutet aber andererseits auch, dass mein Name für «immer» mit der Deutschen Bahn verheiratet sein wird. Wer mich googelt, findet kaum einen Hit ohne «DB», 
diese zwei Buchstaben werde ich wohl nie mehr los. Markenbotschafter der Deutschen Bahn zu sein – und das ist letztlich jeder, der hier arbeitet –, bedeutet zudem, auf gesellschaftlichen Anlässen mit den immergleichen Reaktionen konfrontiert zu werden. Kaum fällt der Name DB, erzählen einem die Leute zuerst ihre eigenen Bahngeschichten, und dann kommt die Frage, ob man nicht am Fahrplan drehen oder Preise verbilligen kann.

Das ist zu Beginn sicher amüsant, mit der Zeit aber nervig...

Man gewöhnt sich daran, geht lockerer damit um und die Leute lernen allmählich, dass ich nicht einfach ihre Wünsche erfüllen kann.

Sie haben seit dem Start der Markenbotschafterkampagne intern gewechselt, aus der Personalmarketingabteilung stiegen Sie auf zum Leiter ZusatzServices bei der DB Services, einer Tochter der Deutschen Bahn. Die Kampagne selbst läuft jedoch weiter, seit Mitte 2008. War Ihnen zu Beginn bewusst, was diese für Auswirkungen haben würde?

Nein. Ich bin da durch Zufall hineingeschlittert. Als Referent Hochschulmarketing habe ich mich mit der Rekrutierung der Zielgruppe Studenten und entsprechender Messeplanung beschäftigt, habe Konzepte und Formate entwickelt, um mit Studenten in Kontakt zu treten. 2007 wollten wir eine neue Kampagne lancieren, mit Mitarbeitern statt mit Models, bei den Vorbereitungen hiess es dann irgendwann: Mensch, es wäre gut, wenn der Hochschulverantwortliche auch fotografiert wird und Werbung macht. Durch die Brille eines Unerfahrenen sah das sehr unkritisch aus. Zudem wurden über 50 Mitarbeiter abgelichtet, um Gesichter für die verschiedenen Berufsgruppen zu haben.

Doch bei Ihnen entwickelte die Kampagne eine grössere Wirkung als bei den meisten anderen «DB-Models».

Ja. Als Vorreiter in Deutschland im Bereich Social Media Recruiting und Personalmarketing eröffnete ich Ende 2008 den ersten HR Twitter Account und brandete diesen mit meinem eigenen Fürsprecherfoto. Damit entschied ich mich automatisch für eine sehr hohe Sichtbarkeit. Mir war bewusst, dass dadurch mein Job und ich transparent würden. Nicht bewusst war mir aber, dass dies so extreme Ausmasse annimmt, dass, wie erwähnt, mein digitaler Footprint nachhaltig mit der DB verknüpft wurde.

Sie sind zu sehen auf Plakaten, Flyern, Postkarten, Messewänden und natürlich im Social Web. Werden Sie von Leuten auf der Strasse erkannt?

Nein, in der Regel nicht. Ich bin nicht prominent. Aber von Studenten, also der Zielgruppe, werde ich hin und wieder wegen der Plakate erkannt. 

In einem Ihrer Blogeinträge fragen Sie sich, ob Sie je wieder einen Job ausserhalb der DB bekommen, da die beiden Namen dermassen miteinander verlinkt sind. Und, wie sieht es aus, erhalten Sie externe Jobangebote?

Ja, aber selten. Für Berater ist mein Profil interessant, weil ich viel Know-how bezüglich Social Media und Personalmarketing habe und weil manche Firmen denken, mit meinem bekannten Gesicht im Boot sei es leichter, Kunden zu akquirieren. Für tatsächliche Personalmarketingstellen erhalte ich jedoch keine Jobangebote, was aus meiner Sicht an der starken Verlinkung meines Namens mit der DB liegen könnte. 

Haben Sie Ihr Engagement je bereut?

Nein, nie. Mein Arbeitgeber gefällt mir sehr gut. Es ist wie mit einem Tatoo: Es ist schwer, dieses wieder wegzubekommen, und manche bereuen nach einer gewissen Zeit, es gemacht zu haben – und andere eben nicht. Dass ich es nicht bereue, heisst aber nicht im Umkehrschluss, dass ich mir ein DB-Logo tätowieren lassen würde (lacht).

Sie erhalten Angebote als Berater. Welches sind sonstige Vorteile des Markenbotschafters?

Man wird nicht nur extern, bei der gesamten deutschen Personalerwelt, bekannt, sondern auch intern. Denn viele Mitarbeiter benutzen die Flyer mit meinem Gesicht. Das hat mir bei der Erweiterung meines internen Netzwerks geholfen und wirkte sich auch positiv auf meine Karriere aus.

Welches sind die Nachteile, abgesehen vom «Personalmarketing-Embargo»?

Der Markenbotschafterjob hat auch Auswirkungen auf andere. Meine Freundin arbeitet in derselben Branche und wird somit automatisch mit dieser F-Prominenz konfrontiert. Das muss nicht immer positiv sein.

Gab es eine Zwischenevaluation der Kampagne?

Es gab eine Stichprobenauswertung: Zweimal wurden Studenten befragt. Dabei kam heraus, dass die Kampagne nicht durchgehend authentisch wirkt. Sie kam zwar gut an, aber die Fotos, die im Studio entstanden, wurden als zu professionell wahrgenommen. Da waren natürlich alle geschminkt und top gekleidet, und so glaubten manche nicht, dass die Menschen auf den Bildern wirklich Mitarbeiter waren, sondern hielten sie für Models. Ein «Making of Fuersprecher der Deutschen Bahn», das Making of des Shootings, wirkte dieser Entwicklung auf Youtube entgegen. Gefühlt trat dieser Effekt bei mir allerdings nicht ein.

Warum?

Weil ich oft mit Studenten zu tun hatte, an die Unis und Messen ging. Da sahen dann die Studenten: Ah, der da, der gerade mit mir redet, ist ja der Gleiche wie der da hinten auf dem Plakat, diesen Robindro Ullah gibt es also wirklich. Ich bin eines der wenigen Gesichter der Kampagne, die auch live zu sehen sind. Natürlich bemüht man sich, die «DB Faces» auf die Messen mitzunehmen.

Wo erhielten Sie mehr Reaktionen auf Ihre Person, im Social Web oder im direkten Kontakt mit Menschen?

Die meisten Reaktionen kamen von Studenten auf Messen. Aber natürlich auch via Social Media. Die Botschaft, die ich senden will und die von einigen auch gehört wird, ist: «Hör zu, hier siehst du einen Mitarbeiter der DB, der gerne hier arbeitet. Und wenn du das nicht glaubst, dann schreib mich direkt via Social Media an.» Im Stil von: «Sag mal, wie ist es denn so bei der DB?» Das ist wichtig, denn die Leute wollen nicht die Katze im Sack kaufen. Sie wollen wissen, wer hier arbeitet und wie die Unternehmenskultur ist.

Wer eignet sich als Markenbotschafter?

Zunächst würde ich diese Aufgabe nicht jedem empfehlen. Mit der Transparenz und Verlinkung muss man umgehen wollen und können. Zum Markenbotschafterdasein eignen sich aus meiner Sicht insbesondere kommunikative Leute, die ein gutes Netzwerk haben und die Arbeitgebermarke wirklich in die Welt tragen, die Social-Media-affin sind und wissen, worauf sie sich einlassen.

Welches sind die Herausforderungen für HR-Leute?

Das Thema Markenbotschafter beziehungsweise Fürsprecher ist uralt, selbst Julius Caesar hat für die Rekrutierung seiner Soldaten das Prinzip «Mitarbeiter werben Mitarbeiter» angewandt. Der Unterschied zu damals ist, dass diesen Botschaftern heute sehr mächtige (Kommunikations-)Instrumente zur Verfügung stehen. So können durch einen Blog oder auch einen Microblog unglaublich viele Menschen erreicht werden. Dieses Potenzial können Mitarbeiter sowohl für als auch gegen ein Unternehmen verwenden und auf diese Weise im schlechtesten Fall grossen Schaden anrichten. Wenn man sich nun als Personaler nochmals vor Augen führt, dass man mit Unterzeichnung des Arbeitsvertrags zum Markenbotschafter wird und jedem die Social-Media-Welt offensteht, wird schnell klar: Damit muss sich das HR beschäftigen.

Robindro Ullah ist Wirtschaftsmathematiker. Nach Studienende 2005 startete er bei der Deutschen Bahn als Trainee im Fernverkehr, kam ins Revenue Management und wechselte dann ins Personalgeschäft, wo er 2007 die Verantwortung für das Hochschulmarketing der Deutschen Bahn übernahm und 2008 zum Markenbotschafter für das Unternehmen wurde. In der Zeit des Hochschulmarketings hat sich Robindro Ullah auf Social Media und im Speziellen auf Twitter und die Anwendung im Employer Branding spezialisiert. Seit Anfang 2010 leitet er die Abteilung ZusatzServices bei der DB Services (eine Tochter der DB), wo nach wie vor viel Raum ist für Innovationen und Social Networks.

www.robindroullah.de

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Franziska Meier ist Redaktorin und Produzentin mit langjähriger Erfahrung im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich. Als Chefredaktorin des Magazins «fit im job» sowie als Fachredaktorin der Zeitschrift «HR Today» hat sie sich auf das Thema «Mensch, Arbeit & Gesundheit» spezialisiert. Zu ihren journalistischen Schwerpunkten gehören insbesondere Persönlichkeitsentwicklung, Coaching, Stressprävention und betriebliches Gesundheitsmanagement. Achtsamkeit praktiziert sie manchmal im Schneidersitz, öfter jedoch auf ihren Spaziergängen rund um den Türlersee.

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