Lehrlingsmarketing Schweiz

Das Stelldichein der Schweizer Ausbildungsenthusiasten

Die Fachtagung Lehrlingsmarketing Schweiz hat am 29. Januar einen fulminanten Start hingelegt. Die ausverkaufte Tagung zeigte, wie Unternehmen um Lehrlinge buhlen.

Der Lehrstellenmarkt hat sich zu einem Lehrlingsmarkt gewandelt. Viele Ausbildungsbetriebe können Ihre Ausbildungsplätze nicht mehr besetzen. Viele Unternehmen haben die Brisanz der Thematik erkannt und haben das Thema Lehrlingsmarketing fest in der Personalstrategie verankert.

Dass es Unternehmen gibt, die erfolgreich junge Talente ansprechen und gewinnen können, davon konnte man sich an der ersten Fachtagung zu diesem Thema in Baden überzeugen. Erstaunlich, dass es tatsächlich keine Fachtagung zur Gewinnung von jungen Talenten gab, bevor Jörg Buckmann und Christoph Beck die Initiative ergriffen und die erste Fachtagung «Lehrlingsmarketing Schweiz» ins Leben gerufen haben.

Da verwundert es nicht, dass die Veranstaltung bis auf den letzten Platz belegt war.

Warnung vor blindem Aktionismus im Lehrlingsmarketing

Christoph Beck stimmte die anwesenden Ausbildungsentuisasten mit seiner Keynote auf einen gehaltvollen und abwechslungsreichen Tag ein. In seinen Ausführungen zeigte Beck verschiedene Beispiele, wie Unternehmen um den Nachwuchs buhlen.

Beck kritisierte, dass viele Unternehmen blinden Aktionismus walten lassen, ohne das Thema in eine stimmige ganzheitliche Personalstrategie einzubetten. Der Wettbewerb zwischen den Ausbildungsbetrieben und das Ringen um gute Lehrlinge werde in den kommenden Jahren zunehmen. Damit werde das Lehrlingsmarketing bzw. die Profilierung und Positionierung  attraktiver Angebote und Betriebe nicht nur wichtig, sondern existentiell.

Beck verwies auch auf den Umstand, dass der Erfolg des Lehrlingsmarketings einen Zeitversatz von 4 Jahren habe. Daher müsse man sich die Frage, stellen welche Kompetenzen und Berufe man zukünftig brauche.

Multi-Channel-Ansprache von Jugendlichen

Michael In Albon, Jugendmedienschutz-Beauftragter der Swisscom AG, gab darauf einen Einblick in die Kommunikationsgewohnheiten der Jugendlichen. Gemeinsam mit der ZHAW untersucht die Swisscom in der sogenannten «James-Studie», wie sich Kommunikations- und Informationsgewohnheiten der jüngeren Generationen entwickeln.

In Albon betonte, dass sich Jugendliche in vielen Lebensbereichen ausschliesslich virtuell bewegten. Jugendliche würden Inhalte konsumieren, von denen viele der älteren Generationen nicht wüssten, dass es diese gäbe. Ebenso würden Plattformen wie Instagram und Snapchat genutzt, während Facebook an Bedeutung verliere. In Albon unterstrich die Wichtigkeit der Multi-Channel-Ansprache für Unternehmen.

Im darauf folgenden Podium, mit Vertretern der jungen Generation, das von Barbara Aeschlimann, Geschäftsführerin der Zürcher Gesellschaft für Personalmanagement (ZGP), moderiert wurde, konnte mit einem unterhaltsamen Gespräch vieles aus der Studie untermauert werden.

Eltern als Einflusspersonen miteinbeziehen

Thomas Rentsch, Geschäftsführer des Schweizer Carosserieverband VSCI, veranschaulichte, wie entscheidend die Ausbildungsqualtät für ein Unternehmen bei der Ansprache und Bindung junger Talente sei. Sein Verband hat es sich zur Aufgabe gemacht, sichtbar zu machen, welche Betriebe vorbildlich ausbilden.

Betriebe, die noch Handlungsbedarf hätten, würden Unterstützung seitens des Verbands bekommen. Mit einem mehrstufigen Zertifizierungsverfahren können sich Betriebe mit dem Label «Top Ausbildungsbetrieb» nach aussen abheben. Ziel sei es, diesen Qualitätsprozess auch auf andere Branchen auszuweiten um so jungen Leuten und deren Eltern die Gewissheit zu geben, dass der Betrieb seine Ausbildungsverantwortung wahrnehme.

Roland Walther von T-Systems Schweiz zeigte in seinem Bestpractice-Vortrag wie es seinem Unternehmen gelang, ein Magnet für IT-Lernende zu werden. Nahezu 90 Prozent der Bewerbungen würden über Yousty generiert. Walther veranschaulichte, dass es viel Engagement bedarf, ein erfolgreiches und authentisches Ausbildungsimage aufzubauen. Auch die Präsenz und Informationstätigkeiten an Schulen hob Walther hervor. Eltern würden als wichtige Einflusspersonen miteinbezogen und Schulklassen auch ins Unternehmen eingeladen.

Videos im Lehrlingsmarketing: authentisch, emotional, kurz

Unternehmer und HR-Professional Pascal Faeh präsentierte in seinem Beitrag, wie ein gut gemachtes, aussagekräftiges Video die Zielgruppenansprache unterstützt. Er betonte die Wichtigkeit der Gesamtstory. Ein Video solle authentisch, emotional und nicht zu lang sein.

Das Nachmittagsprogramm wurde von Sarah Müller, Director Marketing & Content bei Kununu, eröffnet.  Aufgrund der Aussagen auf der Bewertungsplattform konnte sie darlegen, wie transparent die Arbeitswelt von heute ist. Neben dem persönlichen Netzwerk würden Arbeitgeberbewertungsportale eine wichtige Rolle im Entscheidungsprozess spielen. Das untermauere, dass die Botschaften im  Employer Branding auch real gelebt werden müssten.

Lehrlingsmarketing mit Influencern

Das Unternehmen Login, eines der grössten Bildungsanbieter im öffentlichen Verkehr, will den Jugendlichen dort begegnen, wo sie sich aufhalten. Um die unterschiedlichen Lehrberufe schmackhaft zu machen, hat das Unternehmen den Schweizer Innfluencer und Internet-Star Rash Sakem in die Kommunikation mit eingebunden. Unterhaltsam zeigte Login-Geschäftsführer Michael Schweizer, wie er mit seinem jungem Influencer-Team authentische Einblicke in die Berufswelt ermöglicht und wie effektives Influencer-Marketing funktioniert.

Nach diesem Praxisbericht demonstrierten Bianca Jacob und Fabian Frei von Gewerbeverband Basel ihr Speed-Dating-Konzept. Im 4-Minuten-Takt treffen Lehrbetriebe auf potentielle Auszubildende.

Marco Monego und Romina Füchter von Lidl Schweiz präsentierten, wie Lidl in nur acht Jahren zum ausgezeichneten Lehrbetrieb avancierte. Eine 100-Prozent-Bestehensquote spreche für eine qualitativ hochwertige Ausbildung. In unterschiedlichen Projektwochen erhalten Lernende bei Lidl die Möglichkeit, Führungspositionen einzunehmen. In der Ansprache setzt Lidl auf einen Online- und Offline-Mix.

Ein gelungenes, humorvolles Resümee der Veranstaltung zog abschliessend Slam Poet Valerio Moser. Beim anschliessenden Networking-Apero wurde intensiv weiter diskutiert. Das Stelldichein der Schweizer Ausbildungsenthusiasten hat einen fulminanten Start hingelegt und will einen festen Platz im Schweizer Tagungsprogramm einnehmen. 2019 findet die Tagung am 28. Januar 2019 statt.

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Tobias Mengis ist Geschäfts- und Verkaufsleiter der jobindex media ag, Herausgeberin von HR Today. Zuvor hat er als Country Manager den kommerziellen Markteintritt von Experteer koordiniert und für Tamedia als Verkaufsleiter die Onlinejobbörsen Jobwinner, Jobup und ALPHA vermarktet. Mengis ist Diplom Betriebswirt und geprüfter HR-Manager.

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