Der Entfremdung entgegenwirken

Die Folgen der Pandemie und was Führungskräfte tun können.

In den letzten 2 Jahren waren viele Unternehmen konstant im Krisenmodus. Während sich die Art der Zusammenarbeit drastisch veränderte, blieb für strategische HR-Arbeit und eine effektive Personalstrategie kaum Zeit. Heute sehen wir, dass sich Teams auseinandergelebt haben und viele Mitarbeitende sich weniger mit ihrer Arbeit oder gar mit dem Unternehmen identifizieren.

Drohende Kündigungswelle

Eine neue Studie von Personio über die Folgen der Pandemie in der DACH-Region gibt spannende Einblicke: Fast jeder zweite Arbeitnehmende (45 Prozent) möchte entweder in den nächsten sechs (13 Prozent) oder zwölf Monaten (15 Prozent) oder sobald sich die Wirtschaft erholt hat (17 Prozent) den Job wechseln. Arbeitgebende sind sich dessen zumindest teilweise bewusst: 39 Prozent befürchten, dass Mitarbeitende kündigen, sobald sich der Arbeitsmarkt erholt hat.

Unklar sind die Ursachen. Auf Unternehmensseite erwartet man, dass eine sich verschlechternde Work-Life-Balance zu Kündigungen führen könnte. Gleichzeitig wird unterschätzt, wie wichtig Entwicklungsmöglichkeiten und die Anerkennung der eigenen Leistung für die Mitarbeitenden sind.

Offenbar haben Personalfachleute und Mitarbeitende unterschiedliche Wahrnehmungen. So sind Unternehmen stolz darauf, wie sie die Unternehmenskultur, interne Kommunikation und Ressourcenmanagement gesteuert haben. Zudem sind sie überzeugt, ihre Teams in der Pandemie ausreichend im Bereich Karriereförderung, Health Management und Work-Life-Balance unterstützt zu haben. Mitarbeitende empfinden das anders. Diese Diskrepanz könnte dazu führen, dass Mitarbeitende das Unternehmen am Ende verlassen.

Drohende Entfremdung

Das Gefühl der Entfremdung dürften viele Mitarbeitende verspüren. Isoliert zu Hause, nur wenig Kontakt zu einem engen Kreis von Kollegen, ist bei vielen Menschen das Gefühl von Zugehörigkeit verloren gegangen. Es fehlen soziale Anerkennung, unbeschwertes Plaudern, Begegnung mit Unbekannten, Inspiration – die Liste liesse sich unendlich fortsetzen.

Zudem fordern 10-12 Stunden konzentriertes, aber reizarmes Arbeiten am Bildschirm oft mehr Energie als zurückkommt. Ein klares Ungleichgewicht, das wir meistens erst am Abend wahrnehmen, wenn wir ausgepowert versuchen, uns vor dem Fernseher zu entspannen. Aber das ist eben auch wieder nur ein anderer Monitor.

Kein Wunder fragt sich da der eine oder andere, ob er/sie noch im richtigen Job ist oder ob es jetzt endlich Zeit ist, den Traum von der Selbstständigkeit zu verwirklichen. Die Pandemie hat zumindest in der Schweiz zu einem Gründerboom geführt.

Was tun?

Die Ersten, die diese Entfremdung wahrnehmen sollten, sind die Vorgesetzten. Gerade jetzt ist es besonders wichtig, sich mit den einzelnen Teammitgliedern auseinanderzusetzen.

  • Wie läuft die Zusammenarbeit untereinander?
  • Wer ist aktiv, wer läuft nur mit?
  • Wie schaffen wir es uns auch über die Distanz als Team zu fühlen?
  • Wie lange sind die Mitarbeitenden online?
  • Wie engagiert sind sie? Sind sie genug gefordert?
  • Wissen sie, was ich von ihnen erwarte?
  • Kennen sie den Beitrag ihrer Arbeit zum grossen Ganzen?
  • Wird ihre Meinung gehört?
  • Welche Anerkennung bekommen sie?
  • Wie läuft die Kommunikation? Auf Augenhöhe?
  • Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehe ich für sie? Wissen sie davon?
  • Woher bekommen sie Inspiration?
  • Wie geht es ihnen wirklich? Was tun sie sonst noch?
  • Wie motiviert sind sie, wieder ins Büro zurückzukommen?

Wenn früher ein paar Teamsitzungen und ein jährliches Mitarbeitergespräch genügten, so braucht es heute bedeutend mehr, um das Team zusammenzuführen und Mitarbeitende zielführend zu begleiten. Für Vorgesetzte ist das anspruchsvoll. Es braucht Klarheit, Fokus und Umsetzungsstärke.

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Claudia Buzzelli ist Trainerin und zertifizierter Business Coach im Bereich Leadership und Karriere. Sie begleitet Führungskräfte und Unternehmen bei der Entwicklung von Leadership-Qualitäten. buzzelli.eu/blog

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