Recruiting

Der virtuelle Draht glüht zwischen den
 Arbeitgebern und Stellensuchenden

Vor zehn Jahren ging die Stellenbörse jobs.ch online, viele weitere folgten. Mussten die Betreiber bei den Recruitern zuerst einiges an Überzeugungsarbeit leisten, sind Online-Plattformen heute fester Bestandteil im Alltag von Arbeitgebern und Stellensuchenden. In einer Umfrage werfen vier Betreiber einen Blick zurück und sagen, wo die Reise hingehen wird.

1. 
Wie und wo suchen Stellensuchende in fünf Jahren ihren neuen Arbeitgeber?

Yves Mäder: Primär online, über verschiedene Kanäle, sei es mit klassischen Online-Stellenportalen wie jobwinner.ch für die gezielte Suche oder im Social-Media-Umfeld: Hier finden Arbeitnehmer vor allem zusätzliche Informationen über den Stellenanbieter. Dies gilt übrigens auch umgekehrt.

Urs Lüchinger: Primär im Internet. Zunehmend wichtig werden auch mobile Angebote. Durch die schnelle Verbreitung mobiler Endgeräte verbreiten sich auch entsprechende Applikationen, die den Stellensuchenden immer begleiten.

Falk von Westarp: Kandidaten suchen in zwei Schritten. Zunächst verschaffen sie sich auf einer grossen Online-Stellenbörse wie Monster.ch einen breiten Überblick über das vorhandene Angebot. Danach suchen sie nach Detailinformationen über Position und Unternehmen auf der Firmenwebsite. Online-Stellenbörsen erfüllen die zentrale Funktion von Informationsbündelung und Qualitätskontrolle. Sie werden daher auch in fünf Jahren der wichtigste Kanal zur Stellensuche sein.

Mark Sandmeier: Am häufigsten werden die Arbeitgeber weiterhin über das persönliche Netzwerk gesucht, dabei zunehmend über Social Media wie Xing, LinkedIn oder Facebook. Am zweithäufigsten über Online-Stellen
märkte und dann noch direkt über die Websites von grösseren und bekannten Unternehmen. Nur noch ein Bruchteil der Inserate werden in fünf Jahren über Zeitungen und Zeitschriften publiziert werden.

2. 
Wie sprechen Sie die Wechselwilligen aber nicht aktiv Suchenden an?

Yves Mäder: Unsere Marktforschung belegt, dass Inserate auf Stellenportalen für die passiv Stellensuchenden der zweitwichtigste Kanal bei der Stellensuche sind – nach dem Printkanal. Mit einem einfachen Suchabo ist es ein Leichtes, regelmässig zielführende Stellenangebote zu erhalten. Zudem erreichen wir dank Integrationen auf Partnerseiten ebenfalls Wechselwillige, wenn diese zum Beispiel auf tagi.ch einen Artikel lesen und daneben passende Stellen sehen.

Urs Lüchinger: Die latent Suchenden werden nach wie vor Stelleninserate in Printtiteln konsumieren, aber auch über Onlinemedien innerhalb von News und Special-Interest-
Angeboten auf Stellen aufmerksam werden.

Falk von Westarp: Unsere gesamte Strategie ist auf Passivsuchende ausgerichtet. Neben den bewährten Kanälen wie grossen Online-Partnerschaften (beispielsweise Bluewin, GMX) und individualisierten Kampagnen (zum Beispiel Google) bauen wir unsere Präsenz in den Social Networks aus (Facebook, Twitter, Xing). Wir gehen aber noch weiter. Mit unserer Innovation Career Ad Network (CAN) publizieren wir Stellenanzeigen breit, aber targetiert im Internet, jede ca. 200 000 Mal. Ingenieursstellen werden Ingenieuren angezeigt, Vertriebsstellen Vertrieblern usw. Unsere Technologie macht das möglich.

Mark Sandmeier: Rund 30 Prozent der Stellensuchenden auf jobs.ch sind wechselwillig, aber nicht aktiv suchend. Mit dem kostenlosen jobs.talent-Check haben wir ein professionelles Instrument zur persönlichen Standortbestimmung, das von vielen Wechselwilligen und aktiv Suchenden genutzt wird.

3. 
Was war Ihrer Meinung nach der grösste Entwicklungsschritt in den letzten zehn Jahren bei den Online-Stellenplattformen?

Yves Mäder: Die Online Stellenplattformen haben im letzten Jahrzehnt ihren «Fussabdruck» hinterlassen und sind heute fester Bestandteil im Rekrutierungsprozess. Sicherlich wurden insbesondere im Bereich Suche und Online-Verwaltung von Kandidaten grosse Fortschritte erzielt.

Urs Lüchinger: Die kontinuierliche Verbesserung der Dienstleistungen, insbesondere der Verfeinerung von Such- und Matchingkomponenten. Wir sind zudem von der 1:1-Übertragung des Printinserates  in den Onlinekanal zum multimedial angereicherten Inserat gelangt, das einen hohen emotionalen Aufmerksamkeitswert garantiert.

Falk von Westarp: Es gab eine Evolution, keine Revolution: Online-Stellenanzeige, Karriereberatungsbereich, Lebenslaufdatenbanken, vollintegrierter Online-Bewerbungsprozess mit Anknüpfung an die Bewerbermanagementsysteme der Unternehmen. Mit Web 2.0 folgten Innovationen wie Google Maps, intelligentere Suchtechnologie und die Individualisierung des Angebots (passende Jobs werden beispielsweise mit dem Profil abgeglichen und angezeigt, egal wo sich der Kandidat auf der Site befindet). Zurzeit findet nun eine starke Integration mit der Social-Network-Welt statt. monster.ch bietet seinen Kunden bereits erste Social-Recruiting-Komplettlösungen an.

Mark Sandmeier: Da sind zwei grosse Schritte erwähnenswert. Erstens, dass Personalverantwortliche den Schritt in die Online-Rekrutierung gemacht haben. Dafür musste von den Mitarbeitenden der Online-Jobportale anfangs viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt war die automatisierte Übernahme von Stelleninseraten von den Firmenwebseiten (Job Crawling). jobs.ch hat das bereits im Jahr 2003 eingeführt. Die Unternehmen sparen damit viel Zeit, weil sie Vakanzen nur noch auf der Firmenwebseite publizieren müssen.

4. 
Wird der Trend zu Employer Branding auch das Angebot der Online-Stellenplattformen verändern?

Yves Mäder: Ja, das Angebot der Online-Stellenplattformen wird durch den Trend zum Employer Branding laufend erweitert; Templates im Kunden-CD/CI bieten wir schon lange an und können die Grundbedürfnisse abdecken; auch unsere Kombi-Angebote mit Stellenanzeiger und Alpha-Print sind ein wesentlicher Vorteil für das Employer Branding. Elemente wie Videos können unsere Kunden auf jobwinner.ch ebenfalls einbinden. Podcasts und Foren werden von Anbietern aber allgemein noch wenig genutzt.

Urs Lüchinger: Firmen erhalten laufend mehr Möglichkeiten für die Präsentation des Unternehmens und der Stellen, sei es mit 
Video-Firmenporträts oder mit der filmischen Umsetzung von Stellenausschreibungen.

Falk von Westarp: Stellenbörsen präsentieren geeigneten Kandidaten die Stellenangebote der Unternehmen. Ein starker Employer Brand hilft dann, dass sich der Kandidat für dieses und kein anderes Unternehmen entscheidet. Stellenbörsen und Employer Branding wirken also komplementär.

Mark Sandmeier: Dieser Trend hat das Angebot bereits verändert. Employer Branding ist bei jobs.ch bereits seit 2007 im Angebot – mit der Aufschaltung von Firmenvideos und der zielgruppengenauen Bewerbung der offenen Stellen mit dem jobs.ticker. Seit letztem Jahr gehören auch drei spezialisierte Stellenmärkte dazu, auf welchen es für Arbeitgeber gezielte Werbeplatzierungen gibt.

5. 
Welche Tools werden künftig die Arbeit der Recruiter verändern oder gar vereinfachen?

Yves Mäder: Ich sehe im Bereich Matching noch grosse Potenziale. Die Herausforderung liegt in der Qualität des automatisierten Matching-Mechanismus.

Urs Lüchinger: Gut strukturierte Profildatenbanken mit zunehmend besser werdenden Matchingfunktionen.

Falk von Westarp: Das Recruiting entwickelt sich weiter von der einfachen Stellenanzeige hin zu einer zielgruppenspezifischen Medienkampagne. Schon heute bieten innovative Stellenbörsen die Möglichkeit, die gewünschte Zielgruppe sehr individuell und targetiert anzusprechen. Jobs werden mit dem Profil der Zielgruppe abgeglichen und gezielt angezeigt, so genannte Target Mails werden nur an genau passende Kandidaten geschickt, bei Career Ad Network (CAN) werden Jobs breit im Internet gestreut, dem einzelnen Surfer aber nur bei genauer Übereinstimmung mit der Zielgruppe angezeigt. Die Notwendigkeit, zielgruppenspezifisch vorzugehen, verändert die Arbeit der Recruiter.

Mark Sandmeier: Die gleichen Tools wie heute, aber diese sollten konsequent und richtig eingesetzt werden. Dann können Recruiter mit schlanken Prozessen über die am besten geeigneten Jobportale rekrutieren und die Bewerber professionell und schnell betreuen. Diese Professionalität ist gefragt, denn Recruiter von Arbeitgebern konkurrieren im Arbeitsmarkt um die besten Kandidaten, da zählt der erste Eindruck beim Bewerber immer mehr. Weiter werden neue Tools, aufgebaut auf Arbeitsmarkt-Fachwissen (Arbeitsmarkt-Ontologie), den Rekrutierungsprozess noch mehr vereinfachen und die Vorauswahl von Kandidaten deutlich verbessern.

6. 
Welche Trends beobachten Sie im 
Online-Stellenmarkt?

Yves Mäder: Der Online-Stellenmarkt ist generell sehr dynamisch – es vergeht kaum ein Monat, in dem nicht ein neuer Player in den Markt stösst; entscheidend ist aber nach wie vor die Kombination von Angebot und Nachfrage – und da sind wir mit jobwinner.ch und alpha.ch in der Deutschschweiz sowie jobup.ch in der Westschweiz sehr gut positioniert.

Urs Lüchinger: Mobile Services gewinnen an Bedeutung. Inserate werden reichhaltiger und multimedialer gestaltet und vermehrt auch über Social Networks publiziert.

Falk von Westarp: Innovation wird zu einem entscheidenden Faktor im Kampf um gute Kandidaten. monster.ch verfolgt folgende wichtige Trends: Integration von Social Media in die Recruiting-Strategie, Angebot von innovativen Tools für Employer Branding und zielgruppengenaue Ansprache. Zunehmend genaues Targeting von geeigneten Kandidaten auch über die Grenze der eigenen Site hinaus.

Mark Sandmeier: Die grössten Online-Stellenmärkte werden immer professioneller geführt. Es wird viel in eine hohe Kundenzufriedenheit und die effiziente Bewerbung der Vakanzen durch Online-Marketing investiert. Dieses spezifische Branchenwissen und die daraus entstehende Dienstleistungsqualität sind der wohl wichtigste Trend. Sicherlich nicht spektakulär, dafür sehr wirkungsvoll für den Erfolg der Recruiter.

7. 
Wie wird Ihre Stellenplattform in fünf Jahren aussehen? Welche Services 
wollen Sie anbieten, um für beide Seiten 
attraktiver zu werden?

Yves Mäder: Unsere Vision ist, dass wir sowohl Stellenanbieter wie auch -suchende schneller zum Ziel führen. Den ersten Baustein zur Umsetzung der Vision haben wir am 31. Mai mit dem Aufschalten der neuen 
alpha.ch-Website gelegt. Hauptziele sind, Stellensuchende schneller zum passenden Angebot  zu führen und Anbietern eine gesteigerte Qualität der Bewerbungen zu bieten.

Falk von Westarp: Anstatt einfach Stellenanzeigen zu listen, will monster.ch Passivsuchende zu einem neuen beruflichen Schritt inspirieren. Technische Innovationen gewinnen im Kontext der Stellensuche an Bedeutung. Der individuelle Match zwischen Kandidat und Stelle wird weiter verbessert und dadurch die Qualität der Kandidaten und Bewerbungsinformationen. Die Lebenslaufdatenbank (heute schon mehrere Tausend neue vollständige CVs monatlich) wird an Bedeutung gewinnen. Eine weitere Integration des Bewerbungsprozesses mit den Bewerbermanagement-Systemen verkürzt zudem auch die 
Time-to-Hire.

Mark Sandmeier: Da möchten wir heute 
natürlich noch nicht zu viel erzählen. Schliesslich wollen wir unseren Vorsprung im Markt halten und unsere Kunden und Mitbewerber immer wieder mit spannenden Neuerungen überraschen. Aber so viel sei gesagt: bei jobs.ch geht es darum, den Stellensuchenden und Recruitern das Arbeitsmarktwissen der Schweiz (Arbeitsmarkt-Ontologie, Semantic Web) in einfachster Weise zu erschliessen.

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