Wie genau funktioniert das?
Die konstruktive Kontroverse soll die Entscheidungsfindung im Innovationsprozess über einen festen Ablauf verschiedener Schritte unterstützen und funktioniert immer dann, wenn sich verschiedene Parteien mit unterschiedlichen Alternativen gegenüberstehen. Sie eignet sich weniger zur Konfliktbewältigung auf der persönlichen Ebene. Es geht strikt um die Sache, das Ziel ist die Entscheidung.
Klingt einfach. Ist das denn normalerweise ein Problem?
Eigentlich nicht. Aber Unternehmen tun sich relativ schwer, Entscheidungen transparent zu machen. Stellen Sie sich ein Projektteam vor, das einen Vorschlag erarbeitet, am Ende entscheidet dann aber doch der Abteilungsleiter oder der Geschäftsleiter. Das ist extrem demotivierend. In den Unternehmen, in denen wir im Rahmen unseres Forschungsprojekts zur konstruktiven Kontroverse gearbeitet haben, gab es Szenarien, bei denen die Teams dieses Instrument gar nicht ausprobieren wollten. Sie meinten: «Warum sollen wir uns die Mühe machen, wenn das sowieso woanders entschieden wird?» Hätte man alle beteiligt, wären sie sofort dabei gewesen, die konstruktive Kontroverse auszuprobieren. Wir können das auch empirisch gut zeigen: Eine hohe Bindung an eine Entscheidung entsteht dann, wenn alle gemeinsam zu einem Ergebnis gekommen sind. Auch bei denen übrigens, die ursprünglich anderer Meinung waren.
Es kann aber nicht jeder alles mitentscheiden.
Natürlich nicht. Eine Führungskraft sollte ja auch bewiesen haben, dass sie schnell entscheiden kann und über das richtige Bauchgefühl verfügt. Aber auch eine Führungskraft, die intuitiv immer die richtigen Entscheidungen trifft, muss ihre Leute mitnehmen. Sie muss in der Lage sein, ihre Entscheidung auch zu begründen. Wer aber hat Zeit und Lust, eine bereits getroffene Entscheidung im Nachhinein zu begründen – das Rad dreht sich weiter. Es braucht also die Erfahrung der Führungskräfte, aber sie darf nicht totalitär verwendet werden. Unternehmen müssen also immer wieder eine Balance finden zwischen Führungsanspruch und schnellen Entscheidungen auf der einen und Beteiligung der Mitarbeitenden auf der anderen Seite.
Woran erkenne ich, ob es Beteiligung braucht?
Das muss ausgehandelt werden. Ideal ist es, wenn die Geführten ihre Vorgesetzten gut einschätzen können und wissen, bei welchen Entscheidungen sie richtigliegen und wo sie besser nachfragen sollten. Aber natürlich ist das nicht gegeben, wenn alle 18 Monate neue Führungskräfte eingesetzt werden.
Innovation und Unternehmenskultur – der Beitrag der Psychologie
Die Fähigkeit zur erfolgreichen Innovation stellt eine Schlüsselressource für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen dar. Ihren Marktanteil können Unternehmen auf Dauer nur durch Innovation erhalten und erhöhen. Dennoch beschäftigen sich bisher nur wenige Unternehmen gezielt mit der Frage, wie sie eine innovationsförderliche Unternehmenskultur entwickeln und etablieren können oder wie sich die kreativen Potenziale ihrer Mitarbeitenden in einem von Termin- und Erfolgsdruck geprägten Arbeitsumfeld gezielt aktivieren lassen. Zu welchen Ergebnissen gelangt hier die Forschung? Welche Rahmenbedingungen erachtet die Praxis als erfolgsrelevant? Diese und weitere spannende Fragen greifen am 8. November 2012 im Stadttheater Olten renommierte Vertreter der Wissenschaft sowie Expertinnen und Experten aus der Praxis im Rahmen einer offenen Podiumsdiskussion auf.