Herzlichen Dank lieber Herr Younger.
Jetzt gilt es umzusetzen.
Schöne Grüsse,
Cornelia Birta
Im Wettbewerb um die besten Fachkräfte nehmen Freiberufler einen zunehmend wichtigeren Platz im Workforce Management ein. Wie das gelingt.
Immer mehr Unternehmen profitieren von den Vorteilen der sogenannten Blended Workforce, einer neuen Belegschaftsarchitektur. Im Gegensatz zu herkömmlichen Personalmodellen verspricht dieses Modell Unternehmen, die Belegschaftsgrösse flexibel nach oben oder unten anzupassen. Funktionales Fachwissen wird dabei integriert, indem projektbasierte Freiberufler vor Ort oder aus der Ferne das Know-how der Vollzeitmitarbeitenden komplettieren.
Beispielsweise, wenn ein Unternehmen ein Softwareentwickler-Team mit Blockchain-Expertise für die Markteinführung einer neuen Anwendung oder einen Talent-Management-Experten für die Implementierung eines effektiveren Performance-Management-Systems benötigt oder wenn – wie bei Norwegian Airways – mit freiberuflichen Piloten eine Gruppe von festangestellten Piloten ergänzt wird. Unternehmen können die Reihen ihrer Mitarbeitenden mit den erforderlichen Fähigkeiten und Erfahrungen über digitale Talentmarktplätze erweitern und müssen dabei nur so viel Zeit der Freelancer in Anspruch nehmen, wie benötigt wird, um ein Ziel zu erreichen.
Das klingt gut und funktioniert auch, wenn Organisationen die nötigen Strukturen haben, um die Vorteile einer Blended Workforce zu nutzen. Das erfordert jedoch eine Veränderung der Denk- und Handlungsweise der Organisationsmitglieder. Die Workforce-Vision sollte klar vermittelt werden, damit Manager abschätzen können, wann sie Freiberufler einsetzen sollen, und damit Mitarbeitende keine Ängste entwickeln und ihre Jobs in Gefahr sehen.
Ohne Leistungsanforderungsprofil für Freiberufler treten im Unternehmen Konflikte und Unklarheiten (wer ist dafür verantwortlich?) mit grösserer Wahrscheinlichkeit auf. Fehlt Kaderfachleuten zudem die Fähigkeit, Freiberufler zu managen oder das Verständnis für die Unterschiede zwischen Freiberuflern und Mitarbeitenden, sind gemischte Teams wahrscheinlich wenig kooperativ und produktiv.
Doch wie gut ist eine Organisation aus HR-Sicht auf eine Blended Workforce vorbereitet? Wie gut passt sich ein Unternehmen deren Anforderungen an? Diese Fragen sind wichtig, da die meisten Unternehmen – und vielleicht auch die härtesten Konkurrenten dieser Unternehmen – verstärkt auf Freiberufler angewiesen sind und lernen, wie sie besser von ihrer Beziehung zu ihnen profitieren.
Kürzlich hat die Wharton School der University of Pennsylvania eine Befragung von Führungskräften aus 22 Ländern durchgeführt. Darin wurden die Kaderfachleute gebeten, anhand einer Zehn-Punkte-Skala, die Bereitschaft ihres Unternehmens zu bewerten, eine Blended Workforce zu etablieren. Die Ergebnisse zeigten Folgendes:
Insgesamt gaben die Ergebnisse Grund zur Hoffnung und deuten auf ein grösseres Interesse der HR-Verantwortlichen an der Umgestaltung der Belegschaft hin. Die grösste Stärke für ein erfolgreiches Gelingen sahen die Personalverantwortlichen darin, wie ihr Unternehmen die Performance der Freiberufler misst, ihnen die richtige Arbeit zuweist und Schnittstellen bestimmt. Am unteren Ende der Skala befand sich die Workforce-Strategie, was das Bedürfnis nach Klarheit und einer zielgerichteten Kommunikation mit der Blended Workforce widerspiegelt.
Am schlechtesten bewertet wurden das Managementtraining und die Administration der freiberuflichen Tätigkeiten. Das sind gute Nachrichten, da es sich um zwei Erfolgsfaktoren handelt, die relativ einfach zu verbessern sind und welche die Produktivität, Zufriedenheit, Attraktivität und Bindung von Freiberuflern rasch steigern. Ebenso wichtig ist, dass es sich für das Unternehmen finanziell bemerkbar macht.
Eine genauere Betrachtung dieser Daten lieferte zusätzliche Erkenntnisse. So konnten durch den Vergleich von «schwachen« mit «starken» Bewertungen jene Bereiche identifiziert werden, in denen sich Personalleiter optimistisch oder besorgter zeigten. Etwa die Personalstrategie, die für Personalleitende ein grösseres Problem darstellt, als es zunächst schien. So glauben gemäss der Befragung nur 24 Prozent der Führungskräfte, dass ihre Organisation die Personalstrategie klar kommuniziert hat. Fast die Hälfte der Personalleitenden oder 43 Prozent insgesamt gaben in der Befragung zudem an, dass ihre Personalstrategie unklar, schwach oder nicht kommuniziert worden sei.
In dieser Strategielücke liegt die offensichtlich verpasste Gelegenheit, die Belegschaft an einem klaren Personalplan auszurichten, der mit den aktuellen und zukünftigen Wettbewerbsherausforderungen verbunden ist. Eine zweite Lücke besteht in der unklaren Personalstrategie und in den wenig genutzten Beziehungen zu Freiberuflern, um einen Talentpool mit freischaffenden Topfachkräften aufzubauen. Viele Führungskräfte verkennen, dass diese Menschen auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind und dass der Wettbewerb um die besten Fachkräfte einen freiberuflichen Weg darstellen kann. Eine Belegschaftsstrategie sollte deshalb auch freiberufliche Interessengemeinschaften umfassen – beispielsweise digitale Talentmarktplätze wie Expertera, Kolabtree, Experfy oder Business Talent Group. Einige vorausschauende Organisationen realisierten bereits, dass der Wettbewerb um Top-Freiberufler begonnen hat, und haben ein Wertversprechen für sie formuliert («Warum Sie mit uns zusammenarbeiten sollten»).
Dass Freiberufler als geschätzte Partner behandelt werden müssen, um die Fähigkeit des Unternehmens zu stärken, freiberufliche Top-Talente anzuziehen und zu halten, erkennen immer mehr Personalleitende. Gemäss der Wharton-Befragung glaubt weniger als jeder fünfte HR-Manager daran, dass seine Organisation auf diesen Zweck ausgerichtet ist.
Insgesamt senden diese Daten eine starke Botschaft: Personalleiter antizipieren die wachsende Rolle von Freiberuflern in ihrem Unternehmen und den Wert einer flexiblen Blended Workforce. Ein Personalleiter bemerkte hierzu: «Es ist an der Zeit, ein Umfeld zu schaffen, in dem Top-Freiberufler gerne Teil unserer gesamten Belegschaft und auf Erfolg eingestellt sind.» Das sagt doch alles.