Die Gesundheit im Dialog verbessern
Fehlzeiten und Leistungseinbrüche von Mitarbeitenden verursachen hohe Kosten. Klassische BGM-Massnahmen greifen oft zu kurz. Der integrierte Gesundheitsdialog (IGD) bietet einen neuen Ansatz, der präventiv dafür sorgt, dass Mitarbeitende gesund und leistungsfähig bleiben.
Psychologische Sicherheit fördert den offen Austausch im Team und treibt damit die Innovationkultur voran. (Bild: iStock)
Die Arbeitswelt 4.0 ist spürbar im Wandel. Trends wie «Führen auf Distanz», «agile Organisationsformen» und «Digitalisierung» prägen inzwischen den Alltag und beeinflussen die Mitarbeitenden. Psychosoziale Faktoren lassen Langzeitabsenzen steigen. Persönliche Überforderung, unklare Aufgabenstellungen sowie belastende Beziehungen am Arbeitsplatz führen häufig zu Erkrankungen. Ohne tragfähige Lösungen verlängern sich die Absenzen, was hohe Kosten verursacht und die Wiedereingliederung erschwert.
Unbemerkter Leistungsabfall
Leistungsstärke und -schwäche sind veränderbare Variablen auf einem Kontinuum (siehe Abbildung 1). Der Übergang von einer hohen Leistungsfähigkeit zu einer Leistungsschwäche erfolgt schleichend. Ausnahmen bilden plötzliche Ereignisse, wie Unfälle oder schwere Krankheiten.
Positive Einflüsse wie gute Gesundheit und erfüllende Aufgaben fördern die Leistung, während Konflikte, unklare Vorgaben und häufige krankheitsbedingte Ausfälle diese hemmen.
Meist geht dem Anstieg der Absenzen ein schleichender Leistungsabfall voraus, der schliesslich zu krankheitsbedingtem Ausfall oder Kündigung führt. Führungskräfte und HR-Verantwortliche sind hier besonders gefordert, um hohe Kosten für das Unternehmen zu vermeiden.
Klassisches BGM hat seine Grenzen
Traditionelles betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) bietet zwar präventive Ansätze, liefert jedoch nicht immer die erhofften Ergebnisse. Der Grund liegt in der anspruchsvollen Umsetzung. Einzelne Gesundheitsmassnahmen senken selten nachhaltig die Absenzenquote und verfallen oft in teure Symptombekämpfungen: Das Resilienz-Webinar wird zur «schnellen Lösung», bis klar wird, dass Resilienz nicht einfach so «angeboten» werden kann.
Zudem verfehlen breit gefächerte Angebote häufig die eigentliche Zielgruppe. So wird ein Lauftraining lediglich zum zusätzlichen Workout für bereits fitte Mitarbeitende. Fehlende Koordination, Integration und zeitliche Begrenzung der Massnahmen führen dazu, dass das Management den Nutzen im Verhältnis zu den Kosten in Frage stellt.
IGD zur Prävention von psychosozialen Risiken
Der integrierte Gesundheitsdialog (IGD) befähigt Mitarbeitende, Führungskräfte und HR, die Themen Gesundheit, Aufgabe und Verhalten strukturiert zu steuern, um Krankheitsausfälle und Kündigungen zu vermeiden. Risiken, welche die Leistung hemmen können, werden früh erkannt und aktiv gesteuert.
Der IGD fokussiert sich auf den Erhalt der Leistungsfähigkeit und betrachtet die drei Dimensionen Gesundheit, Aufgabe und Verhalten in regelmässigen, stärkeorientierten Gesprächen (vgl. Abbildung 2). Ziel ist es, die Absenzen zu senken, die Leistung zu stärken, die Unternehmenskultur zu verbessern, Mitarbeitende zu binden, die Fluktuation zu verringern und Konflikte zu vermeiden.
Inhalt und Aufbau des IGD
Der IGD ist sowohl kompatibel mit bestehenden Konzepten als auch anpassbar an individuelle Bedürfnisse. Er unterstützt einen strukturierten, ressourcenorientierten Prozess zwischen Mitarbeitenden, Führungskräften und HR. In individuellen Gesprächen werden die Erwartungen und Ziele besprochen, um die Entwicklung, Motivation und Bindung zu stärken. Gegliedert in sechs Module, befähigt der IGD, sich strukturiert mit den Themen Gesundheit, Aufgabe und Verhalten auseinanderzusetzen. Die Module 1, 3 und 5 enthalten Massnahmen für die Mitarbeitenden. Die Module 2, 4 und 6 richten sich hingegen an die Vorgesetzten.
- Modul 1 – Grundangebot Gesundheit: Das Modul «Grundangebot Gesundheit» greift klassische BGM-Elemente auf, mit Fokus auf zielgerichteten, zeitlich befristeten Massnahmen zu Themen wie Bewegung oder Ernährung. Individuell abgestimmte Angebote sind wirksamer als dauerhafte Programme. Wichtig ist, die Kosten im Blick zu behalten und die Wirksamkeit zu messen. Ein externes Mitarbeitenden-Assistenz-Programm kann zusätzlich Unterstützung bieten, indem Mitarbeitende bei Bedarf externe Fachstellen konsultieren können. Durch enge Zusammenarbeit und klare Kommunikation wird aufgebaut. Ziel des Moduls ist es, frühzeitig Belastungen zu erkennen, um Folgekosten zu minimieren.
- Modul 2 – Absenz- und Case-Management: Die Entscheidung, sich fair von kranken Mitarbeitenden zu trennen, ist anspruchsvoll. Ein klarer Prozess im Absenz- und Case-Management schafft Orientierung. Unklare Abläufe oder fehlendes Wissen führen zu Verzögerungen, die alternative Lösungen verhindern. Eine vermeintliche Solidarität erschwert offene und zielführende Gespräche. Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle, da sie erste Anzeichen für längere Abwesenheiten erkennen. Schulungen helfen ihnen, Überlastung zu bemerken und strukturierte Rückkehrgespräche zu führen.
- Modul 3 – Feedback-Kultur: Eine stärkenorientierte Feedback-Kultur unterstützt die Leistungsfähigkeit. Die notwendigen kommunikativen Fähigkeiten können in Schulungen erlernt werden, um regelmässig und konstruktiv Feedback zu geben. Der 3-Fragen-Puls-Check ist beispielsweise ein effektives Feedback-Instrument, das Mitarbeitenden und Führungskräften eine klare Struktur für wirkungsvolles Feedback bietet. Bei richtiger Einführung und kontinuierlicher Anwendung ermöglicht er einen konstruktiven Dialog.
- Modul 4 – Erwartungsmanagement: Klar formulierte Ziele und Leistungserwartungen sind entscheidend für die zielgerichtete Aufgabenerfüllung. Transparente Leistungserwartungen und verbindliche Prozesse unterstützen Mitarbeitende. Bei Leistungsdefiziten hilft ein offener und wertschätzender Dialog dabei, frühzeitig zu reagieren. Ein gut strukturierter Leistungsverbesserungsprozess setzt konstruktive Kräfte frei, ohne zu demotivieren. Misslingt das Erwartungsmanagement, kann dies zu Frustration, Krankheit oder gar zur Kündigung führen.
- Modul 5 – Grundangebot Konflikte: Im Modul «Grundangebot Konflikte» wird das Thema greifbar gemacht. So verliert es seinen bedrohlichen Charakter. Wesentliche Erfolgsfaktoren sind eine offene Kommunikation sowie klare Prozesse und Anlaufstellen. Der Erfolg der Massnahmen hängt von der Glaubwürdigkeit der HR-Fachleute und den Führungskräften ab, die vorbildlich handeln und dadurch Vertrauen schaffen. Schulungen zu Konfliktlösungsstrategien mit praktischem Übungsanteil sind ebenfalls zielführend, da sich so das erworbene Wissen in den realen Arbeitsalltag integrieren lässt.
- Modul 6 – Konfliktmanagement: Damit Konflikte das System nicht belasten, müssen sie aktiv gelöst werden. Deshalb braucht es vertrauenswürdige, kompetente Personen, die den Prozess der Konfliktlösung begleiten. Schulungen für HR und Führungskräfte bieten wertvolle Unterstützung. Schwierige Kündigungen erfordern ein klar definiertes Framework für Trennungen, das respektvolle und professionelle Abläufe sicherstellt. Transparente Prozesse und externe Expertinnen und Experten können dabei helfen, eine Eskalation zu vermeiden. Ein Business-Health-Check als Frühwarnsystem kann mittels einer gezielten Befragung Konfliktherde aufzeigen, die Stimmungslage prüfen und gefährdete Mitarbeitende sowie problematische Bereiche frühzeitig identifizieren.
Fazit
Der IGD dient als wirksames Instrument zur Früherkennung und Steuerung der drei HR-Risiken Krankheit, fehlende Leistung und Konflikte. Die sechs Module des IGD vermitteln Orientierung, verbessern die Leistung und schaffen ein Umfeld, in dem Mitarbeitende sich sicher fühlen und ihr volles Potenzial entfalten können.