Die Probezeit – drum prüfe, wer sich ewig bindet
Nach dem Werben, aber noch vor der Heirat, kommt das Verlöbnis. Die Probezeit im Arbeitsverhältnis weist hierzu eine gewisse Analogie auf.
Nicht immer sind Arbeitnehmer nach dem Stellenantritt noch willkommen. (Bild: 123RF)
Wer ein Arbeitsverhältnis eingeht, lässt sich auf eine gewisse Ungewissheit ein. Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer können vor dem Abschluss eines Arbeitsvertrags kaum je feststellen, wie sich die andere Partei bei der Arbeit im konkreten Arbeitsumfeld präsentiert und ob der Arbeitgeber, die bestehenden Mitarbeiter und der neue Arbeitnehmer zusammenpassen.
Der Gesetzgeber gewährt daher dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, in einem bestimmten Rahmen eine Probezeit zu vereinbaren, in der sich die Parteien besser kennenlernen und gegebenenfalls die langfristig angedachte Beziehung schnell und einfach beenden können.
Gesetzliche Regelung
Nach Art. 335b Obligationenrecht (OR) gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses als Probezeit, falls die Parteien nichts oder nichts Anderes vereinbart haben. Ohne spezielle Abmachung kann der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis daher im ersten Monat ab Stellenantritt jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Kalendertagen kündigen. Einen bestimmten Kündigungstermin (z.B. auf das Ende einer Woche), gibt es – ausser er sei speziell vereinbart – nicht.
Anpassungsmöglichkeiten der Probezeit
Die Vertragsparteien können auf die Probezeit ganz verzichten oder sie verkürzen, wenn sie das so vereinbaren. Auf der anderen Seite kann die Probezeit auf maximal drei Monate verlängert werden, wobei dies schriftlich vereinbart werden muss. Eine Anpassung ist auch durch Vereinbarung in einem anwendbaren Gesamt- oder Normalarbeitsvertrag möglich. Eine freiwillige Verlängerung der Probezeit über drei Monate hinaus ist nicht möglich. Allerdings verlängert sich die Probezeit, auch über die drei Monate hinaus, automatisch um die Dauer der Arbeitsverhinderung bei Krankheit, Unfall und Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen, gesetzlichen Pflicht (z.B. Militär-, Zivil- oder Schutzdienst; nicht aber Schwangerschaft, Ferien oder unbezahlter Urlaub). Die Verlängerung kann wegbedungen werden. Sie kann auch schriftlich auf weitere Fälle unverschuldeter Arbeitsverhinderung ausgedehnt werden, wobei diesbezüglich die maximale Frist von drei Monaten absolut gilt.
Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer können innerhalb der Probezeit durch Abmachung vollständig über die Kündigungsfrist disponieren. Sie kann sogar ganz wegbedungen werden, womit das Arbeitsverhältnis unmittelbar mit dem Eintreffen der Kündigung beim Empfänger endet. Daneben sind die Parteien zudem frei, einen Kündigungstermin zu vereinbaren.
Bei alledem ist zu beachten, dass sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber dieselbe Dauer der Probezeit, dieselbe Kündigungsfrist und dieselben Kündigungstermine gelten müssen.
Grundsätzlich kann zwischen den gleichen Vertragsparteien nur einmal eine Probezeit vereinbart werden, wobei sich diese auf maximal drei Monate verlängern lässt. Eine Ausnahme kann in Ausnahmefällen dort möglich sein, wo ein echtes Bedürfnis besteht, z.B. wenn der Arbeitnehmer eine gänzlich andere Funktion übernimmt.
Teilzeit- und periodische Arbeit
Unabhängig vom Arbeitspensum des Arbeitnehmers ist die (freiwillige) Verlängerung der Probezeit über die maximale Dauer von drei Kalendermonaten nicht möglich, selbst wenn objektiv betrachtet dieser Zeitraum nicht ausreichen würde, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer genügend kennenlernen können. Damit kann auch bei Teilzeit- und periodischer Arbeit maximal eine Probezeitperiode von drei Kalendermonaten vereinbart werden.
Regelung bei befristeten Verträgen
Die gesetzliche Regelung von Art. 335b OR kommt nur bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen zur Anwendung. Bei befristeten Arbeitsverträgen muss eine Probezeit ausdrücklich vereinbart werden. Ist hierzu nichts abgemacht worden, entfällt eine Probezeit. Wird nur eine Probezeit vereinbart, jedoch nichts über deren Dauer und die Kündigungsfristen ausgesagt, so wird vermutet, dass die Regelung von Art. 335b OR gelten soll.
Regelung beim Lehrvertrag
Anders als bei den übrigen Arbeitsverträgen kann die Probezeit beim Lehrvertrag nicht wegbedungen oder gekürzt werden. Sie darf nicht weniger als ein Monat sein. Die maximale Frist von drei Monaten entspricht der üblichen Regelung, wobei die Probezeit vor ihrem Ablauf und mit Zustimmung der kantonalen Behörde ausnahmsweise bis auf sechs Monate verlängert werden kann (Art. 344a Abs. 4 OR). Falls die Probezeit nicht vertraglich festgelegt wird, gilt eine Dauer von drei Monaten (Art. 344a Abs. 3 OR).
Beginn der Probezeit
Die Probezeit beginnt grundsätzlich mit dem Stellenantritt, also mit der tatsächlichen Arbeitsaufnahme, unabhängig von eventuell abweichenden vertraglichen Antrittsterminen. Wird im Anschluss an einen «Probearbeitstag» oder Ähnlichem das Arbeitsverhältnis quasi ununterbrochen fortgesetzt, so zählt der Probearbeitstag zur Berechnung der Dauer der Probezeit dazu.
Anders sieht es etwa beim temporären Personalverleih aus. Dort beginnt mit jedem Arbeitseinsatz ein neues Arbeitsverhältnis und damit eine neue Probezeit, sofern es sich nicht um Folgeeinsätzen im selben Einsatzbetrieb handelt. Wechselt der Leiharbeitnehmer allerdings als Arbeitnehmer in den Einsatzbetrieb, ist, nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung, eine neuerliche Probezeit zulässig. Selbst wenn ein Arbeitnehmer zuerst als Teilnehmer eines Arbeitslosenprogramms im Betrieb tätig war und daran anschliessend mit demselben Betrieb einen Arbeitsvertrag schliesst, soll die Vereinbarung einer Probezeit zulässig sein.
Probezeitkündigung während der Sperrfristen und missbräuchliche Kündigung
Während der Probezeit kommen die Sperrfristen von Art. 336c OR nicht zur Anwendung. Eine Kündigung ist also selbst bei Militärdienst, Krankheit, Schwangerschaft, Niederkunft usw. grundsätzlich zulässig.
Allerdings darf auch die Kündigung in der Probezeit nicht missbräuchlich sein (Art. 336 OR). Der Schutz vor missbräuchlicher Kündigung nach Art. 336 OR besteht unabhängig von einer Probezeit bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags. Allerdings auferlegen sich die Gerichte nicht selten mit Blick auf den Zweck der Probezeit eine gewisse Zurückhaltung bei der Annahme von Missbräuchlichkeitstatbeständen bei der Kündigung in der Probezeit. Das muss im Speziellen auch dort gelten, wo nach einem Konfliktausbruch der Arbeitgeber nicht alle zumutbaren Massnahmen zur Entschärfung des Konflikts ergreift, sondern stattdessen (allenfalls verfrüht) zur Kündigung schreitet, etwa weil sich ein Mitarbeiter nicht in ein Team eingliedern lässt.
Zeitpunkt der Kündigung
Damit eine Kündigung noch als in der Probezeit ausgesprochen gilt, muss sie bis am letzten Tag der Probezeit beim Adressaten eintreffen. Es ist also nicht etwa das Versanddatum entscheidend. Damit ist auch gesagt, dass die Kündigungsfrist nach der Probezeit ablaufen kann.
Wird die Kündigung vor Stellenantritt ausgesprochen, ist in der Praxis unklar, ob es sich um eine Probezeitkündigung handelt und wann die Kündigungsfrist zu laufen beginnt. Die wohl herrschende Rechtsprechung lässt die kurze Kündigungsfrist der Probezeit erst ab Stellenantritt laufen. In einigen Kantonen beginnt die verkürzte Kündigungsfrist dagegen bereits mit dem Zugang, gegebenenfalls also schon vor dem Stellenantritt, zu laufen. Daneben gibt es aber noch eine gerichtliche Praxis, die in solchen Fällen die Berufung auf die verkürzte Kündigungsfrist der Probezeit als missbräuchlich erachtet und die ordentliche Kündigungsfrist anwendet.