HR Today Nr. 3/2020: Porträt & Video-Porträt

Die Problemlöserin

Wo andere Gefahren wittern und zurückschrecken, sieht Cordula Hofmann vor allem die Möglichkeit, Neues zu entwickeln und zu lernen. Wie sie vom Finanzwesen zum HR kam, lesen Sie im Porträt. Und weshalb auf den ersten drei Plätzen ihrer Lieblingstools das gleiche steht, erklärt die Head Global HR der Belimed AG im Video-Porträt.

Standortschliessung in der Schweiz, Teilverlagerungen nach Slowenien, Aufsplittung des Unternehmens und Personalabbau. Als Cordula ­Hofmann nach dem Turnaround ihre Stelle als Head Global HR und Head of Switzerland im August 2018 bei Belimed antritt, hat das Medical- und Life-Science-Unternehmen turbulente Zeiten hinter sich, deren Nachwirkungen noch spürbar sind. «Einige dieser Veränderungen haben unser Unternehmen stark gefordert», sagt Hofmann. «Wir blicken nun positiv nach vorne und fokussieren uns auf unsere Stärken. So schaffen wir bei den Mitarbeitenden und den Kunden Vertrauen.»

Das heisst für Hofmann, den Beschäftigten Perspektiven aufzuzeigen, sie mehr in den Veränderungsprozess einzubeziehen, mit ihnen gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, dabei über Teamgrenzen hinaus zu denken und die strategische Neuausrichtung umzusetzen. Auch der Fachkräftemangel fordert sie und ihr Team: «Um die richtigen Arbeitnehmenden zu finden, müssen wir uns heute viel mehr anstrengen. Ein Patentrezept gibt es nicht, die Erwartungen an Arbeitgeber sind heute mannigfaltig und sehr anspruchsvoll.»

Um die Arbeitgeberattraktivität zu steigern und Abwanderung zu verhindern, will Cordula Hofmann die Rekrutierungsprozesse anpassen, in die Personal- und Führungsentwicklung inves­tieren, die Kommunikation ausbauen und damit die Unternehmenskultur stärken. Daneben soll bei Belimed ein Wissensmanagement aufgebaut werden. «Wir müssen unser Know-how besser bewahren und teilen. Es darf nicht das Gut eines Einzelnen bleiben. Dafür brauchen wir auch Stellvertreter-Lösungen.» Deshalb seien nebst den Spezialisten vermehrt auch vielseitig einsetzbare Mitarbeitende gesucht, die den Gesamtüberblick über das Geschehen im Unternehmen behielten und Koordinationsaufgaben innehätten. «Ist das Wissen verteilt, können wir den Abgang eines einzelnen Mitarbeitenden besser auffangen.»

Wie, was und warum

Eine HR-Karriere hat Hofmann nie angestrebt: «Ich habe von meinen Vorgesetzten die Chance erhalten, dabei mitzuhelfen, Bereiche aufzubauen oder unterschiedlichste Projekte zu leiten. Dabei wollte ich verstehen, wie etwas funktioniert.» Etwa in ihren Anfängen beim Küchenbauer Franke, als in der Logistik eine grosse Lagerdifferenz auftauchte, im Verpflegungstechnikbereich ein Finanz-Controlling oder ein Corporate HR aufgebaut werden sollte oder der Konzern im Zuge der Abspaltung einer Division eine ISO-Zertifizierung machte.

Aufgaben, welche die damals 29-Jährige alle bravourös meistert, obschon sie dafür ihre Komfortzone verlassen muss. Sie findet Gefallen an Zahlenanalysen, die auf Logik beruhen, doch der menschliche Kontakt kommt dabei zu kurz. «Mir fehlten nebst Schwarz und Weiss die Grautöne. Ich konnte mich zwar ansatzweise mit den Kos­tenstellenleitern austauschen, aber das genügte mir nicht. Ich wollte mehr davon, mehr Grautöne, mehr Mensch.» Bald schon ergibt sich die Gelegenheit für einen Wechsel. Sie beginnt eine vierjährige berufsbegleitende Ausbildung zur Betriebsökonomin – mit Vertiefung International Management – und nimmt daneben mit zwölf anderen Kandidaten an einem einwöchigen Talentprogramm des Konzerns teil.

Darüber findet Hofmann auch den Weg ins HR: «Ich habe in dieser Woche so viel über mich und meine Kollegen gelernt, dass ich den Bereich wechseln wollte. Die Arbeit als Personalentwicklerin hat mir mehr zwischenmenschliche Kontakte geboten als meine bisherige Tätigkeit in der Finanzwelt.» Ihre gewonnenen Erfahrungen im Finanz- und Managementbereich möchte sie aber nicht missen: «Sie helfen mir, HR-Themen mit sachlichen und faktenbasierten Argumenten zu untermauern.» Zudem habe ihre Erfahrung als Qualitätsmanagerin dazu beigetragen, Kosteneinsparungen bei Prozessen statt immer nur beim Menschen zu erkennen. «Das Heil liegt in der Prozessoptimierung.»

Orientierung vorgeben

Wer Erfolge feiert, überschätzt sich manchmal. «Bei meiner ersten grossen Führungsrolle bei Swissport habe ich 2008 zu Beginn meiner Tätigkeit als HR-Chefin eine wertvolle Lektion gelernt. Ich dachte, ich wüsste schon alles, weil ich bereits Assessments gemacht, Leadership-Programme erarbeitet und General Manager geschult habe», sagt Hofmann. Als die Mitarbeitenden ihrer neugebackenen Chefin in einem 360-Grad-Feedback zu verstehen geben, sie sei zu wenig für sie da, höre zu wenig gut zu und könne sich nicht in sie hineinfühlen, trifft sie das sehr.

Als Konsequenz wirft sie viele ihrer bisherigen Führungsprinzipien über den Haufen. «Ich habe aufgehört, immer eigene Lösungen vorzuschlagen. Mitarbeitende wollen selbst darauf kommen. Serviert man ihnen alles auf dem Silbertablett, zerstört man ihren Ehrgeiz und ihre Motivation.» Es genüge, Mitarbeitende schrittweise an eine Lösung heranzuführen. Dabei müsse man akzeptieren, dass diese ganz anders aussehen könne, als man sie sich selbst vorgestellt hat. «Die Aufgabe einer Führungskraft ist, die Richtung und die Orientierung vorzugeben, nicht den Weg.» Das bedeute manchmal auch, sich aus Gremien zurückzuziehen, in denen es um Ideenfindung geht. «Auch wenn man auf Augenhöhe kommuniziert, ist die Hierarchie immer noch da. Als Führungskraft blockiert man durch seine blosse Präsenz manchmal Ideen, bevor sie entstehen.»

Trotz Anfangsschwierigkeiten bleibt Cordula Hofmann bei Swissport, denn für den Flugbetrieb ist sie Feuer und Flamme: «Ich habe am Flughafen jeden Tag bewundert, wie Sicherheitsbeamte, Ladenbetreiber und Flughafenpersonal im Hintergrund Hand in Hand arbeiten und wie alles reibungslos läuft.» Ebenso divers wie das Flughafenuniversum ist jenes der Mitarbeitenden von Swissport – vom Check-in zum Gate im Passagierdienst, dem Loadcontrol bis hin zu den Gepäckverladern auf der Rampe. Allesamt Menschen unterschiedlichster Herkunft und Ausbildungen. Mit ihnen zu kommunizieren, gestaltet sich nicht immer einfach: «Sie haben nicht immer Zugriff auf E-Mails und kommen aus unterschiedlichen Sprachregionen. Um die Mitarbeitenden bei den Fliegern zu erreichen, mussten wir deshalb beispielsweise wichtige Informationen auf den Bildschirmen in ihren Aufenthaltsräumen aufschalten.»

Menschen, die an so verschiedenen Standorten verteilt sind, im Schichtbetrieb zu führen, ist eine grosse Herausforderung für die ­Swissport-Führungscrew. «Die Du-Kultur hat aber vieles erleichtert. Man konnte unkompliziert aufeinander zugehen und bei der Planung die Führungskräfte am Morgen informieren, die wiederum ihre Mitarbeitenden ins Boot holten.»

Feuer und Asche

Als der isländische Vulkan Eyjafjallajökull Mitte April 2010 durch Asche-Eruptionen den Flugverkehr in Europa lahmlegt, kommt diese Eingespieltheit zum Tragen: «Ich wurde am Sonntag darüber informiert, dass der Flughafen während mehrerer Tage geschlossen bleibt.» Drei Tage sind es am Ende. «Das hat es in der Geschichte des Flughafens zuvor noch nie gegeben. Wir mussten Flüge annullieren und umbuchen. Weil auch die meisten europäischen Flughäfen zu waren, konnten die Reisenden nirgendwohin ausweichen.» Für Hofmann eine sehr eindrückliche Situation: «Als ich zusammen mit Vertretern der anderen am Flughafen tätigen Firmen zur Krisensitzung zum Flughafen kam, herrschte dort Grabesruhe.»

Die Herausforderungen bleiben Cordula Hofmann auch abseits isländischer Vulkane bei Swissport erhalten. «Wir hatten die Sars-Epidemie zu bewältigen, mussten Personal auf- und abbauen, kamen als Firma mehrfach in neue Eigentümerhände und haben Unternehmensbereiche wie Carport zu eigenständigen Firmen aufgebaut. «Ich hatte ständig mit anderen HR-Themen zu tun.» Trotz ständig neuer Aufgaben ist für sie nach acht Jahren der Zeitpunkt gekommen, Abschied zu nehmen. «Ich wusste, dass ich nicht bis zur Pensionierung bleibe, und wollte andere Lebensträume verwirklichen. Sie verlässt das Unternehmen jedoch nicht ohne Wehmut. «Meine Mitarbeitenden haben bei meinem Abschied die Business Lounge reserviert.» Sogar Gewerkschaftsvertreter seien gekommen. «Es war schön, von so vielen Menschen zu vernehmen, einen guten Job gemacht zu haben.» Das bekomme man im Tagesgeschäft leider nur zu selten zu hören.

Zur Person

Am 6. Januar 1970 geboren, wächst ­Cordula Hofmann zusammen mit zwei älteren Brüdern in Lostorf auf. Sie macht das KV bei der Gemeinde und beginnt ihre  berufliche Karriere bei Schindler in Ebikon als Sekretärin in der Konzernleitung, bevor sie bei der Aarburger Franke Verpflegungstechnik verschiedene Karrierestufen im Finanzbereich durchläuft. 2002 wird sie, 32-jährig, zur Leiterin Personal- und Qualitätsmanagement ernannt.

Es folgt ein Wechsel zur Franke Management AG, wo Cordula Hofmann den Bereich Corporate Human Resources aufbaut und 2004 eine Stelle als Head Education & Development Human Resources antritt. 2006 folgt der Wechsel zur Schindler Management Gruppe in Ebikon als Head Corporate General Training & Development. Zwei Jahre später kommt die 38-Jährige zu Swissport in Zürich, wo sie die HR-Verantwortung für die DACH-Länder übernimmt.

Nach acht Jahren verlässt Hofmann das Unternehmen, um nach Neuseeland auszuwandern, als ein schweres Erdbeben die Insel erschüttert. Statt sich dort niederzulassen, begibt sich ­Cordula Hofmann 2016 mit ihrem Mann auf eine sechsmonatige Weltreise. Im März 2017 kehren die beiden in die Schweiz zurück. Cordula Hofmann macht einen dreimonatigen Sprachaufenthalt in Frankreich und übernimmt danach verschiedene HR-Mandate, unter anderem bei Mondelez Europe in Opfikon.

Seit August 2018 arbeitet sie beim Med-Tech-Unternehmen ­Belimed in Zug, wo sie als einzige Frau im Executive Management die globale und schweizweite Verantwortung für das HR inne­hat und mit ihrem Team für über 1000 Spezialisten in Tochtergesellschaften in Europa, den USA und in China verantwortlich ist.

 

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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