Kommunikationstile

Die richtigen Worte finden

Jeder Mensch denkt, fühlt und priorisiert anders. Daraus folgt: Wer im Gespräch spürt, was anderen wichtig ist, findet schneller den Draht zu ihnen, kommuniziert besser und kommt schneller ans Ziel. Wie das geht.

Im Gespräch stellen wir oft fest: Unsere Botschaften kommen bei unseren Gesprächspartnern verschieden an, obwohl wir dieselben Worte benutzen. Vielleicht ist das, weil wir ein unterschiedliches Know-how mitbringen oder verschiedene Interessen haben. Oft klappt die Kommunikation aber auch nicht, weil unsere Partner anders als wir «ticken». Denn die Wertesysteme von uns Menschen sind verschieden. So mag für die eine Person materieller Erfolg wichtig sein, während die andere soziale Anerkennung schätzt.

Die Denk- und Kommunikationsstile divergieren

Diese Werte prägen unseren Denkstil und der wiederum unseren Kommunikationsstil. Menschen, die alles primär unter dem Gesichtspunkt «Rechnet sich das für mich?» bewerten, einen eher logischen Denkstil. Dem entspricht ihr Kommunikationsstil: Sie bevorzugen kurze und prägnante Aussagen. Sie lieben Zahlen, Daten und Fakten. Ein Kontrast dazu bilden Menschen, die primär den Reiz des Neuen suchen. Zahlenkolonnen inspirieren sie nicht, sondern ermüden sie. Ähnlich reagieren Menschen, denen menschliche Beziehungen sehr wichtig sind. Denn «nackte, kalte Zahlen» spiegeln in ihren Augen nicht das echte Leben wider.

Was passiert, wenn nun zum Beispiel eine Führungskraft mit einem eher logischen Denk- und Kommunikationsstil auf einen eher beziehungsorientierten Mitarbeiter trifft? Die Vorgesetzte überschüttet den Mitarbeiter, sofern ihr der Unterschied nicht bewusst ist, mit Zahlen, Daten und Fakten. Denn sie nimmt an: Diese überzeugen meinen Gegenüber ebenso wie mich. Anders erlebt der Mitarbeiter die Situation. Er denkt: «Die Chefin fragt mich nicht mal, wie es mir geht. Stattdessen haut sie mir Zahlen um die Ohren und fordert, dass ich mehr arbeite, als hätte ich bisher auf der faulen Haut gelegen.» Das, was die Führungskraft ihrem Mitarbeiter eigentlich sagen möchte, kommt bei diesem gar nicht an. Nicht weil der Mitarbeiter unmotiviert wäre – nein, die Ursache ist eine andere.

Unser Gehirn bewertet das Gehörte

Wenn eine Person etwas zu uns sagt, bewertet das limbische System in unserem Gehirn zunächst einmal diese Aussage. Aufgrund unseres Wertesystems entscheidet es, ob die Aussage zum Beispiel eher wichtig oder unwichtig, gut oder schlecht, spannend oder langweilig ist. Erst danach leitet das limbische System die Information verknüpft mit der betreffenden Emotion an das Grosshirn weiter, und entsprechend reagieren wir anschliessend darauf. Führungskräfte sollten deshalb ihre Botschaften so verpacken, dass sie vom limbischen System des jeweiligen Mitarbeiters oder der jeweiligen Mitarbeiterin als bedeutsam empfunden werden und gleichzeitig positive Assoziationen und Emotionen auslösen.

Das ist leichter gesagt als getan. Denn um unsere Botschaften effektvoll zu verpacken, müssen wir zunächst wissen: Welchen Kommunikations- und Denkstil und welches Wertesystem hat mein Gegenüber?

Das Wertesystem ermitteln

Diese Entscheidung wird uns durch die Tatsache erleichtert, dass in den meisten Berufen bestimmte Typen überproportional häufig vertreten sind. So spielt im Wertesystem der meisten Beamten das Thema Sicherheit eine grosse Rolle. In der Vertriebsleitung herrscht in der Regel ein anderes Wertesystem sowie einen anderen Denk- und Kommunikationsstil als in der Leitung der Forschungsabteilung.

Ein Indiz für das Wertesystem unseres Gesprächspartners kann sein, wie deren Büros eingerichtet sind. Viele Pflanzen, Bilder von geliebten Menschen und warme Farben deuten zum Beispiel auf einen beziehungsorientierten Typ hin. Stehen im Büro hingegen aussergewöhnliche Designer-Möbel und hängen an den Wänden moderne, abstrakte Zeichnungen, dann ist unser Gegenüber vermutlich eher ein experimenteller Typ. Ein Indikator für das Wertesystem ist auch die Art der Begrüssung: Erhebt sie sich vom Schreibtisch? Kommt er gleich zur Sache?

Anhand solcher Faktoren kann man eine erste Einschätzung vornehmen. Doch Vorsicht: Nur vier, fünf Prozent aller Menschen lässt sich genau ein Denkstil zuordnen. Bei den meisten sind zwei oder gar mehr Stile überproportional stark ausgeprägt.

Die Argumentation und Sprachstil anpassen

Wenn wir den bevorzugten Denkstil unseres Gegenübers kennen, können wir daraus ableiten, was unserem Gegenüber besonders wichtig ist und welche Kernbotschaften in den Fokus rücken, damit sie unserem Gegenüber von seinem Standpunkt aus den grössten Nutzen bieten

Dies setzt voraus, dass wir im Vorfeld die für die verschiedenen Typen relevanten Kernbotschaften ermittelt haben. Bei einer Person, für die der materielle Gewinn besonders wichtig ist, kann dies Zeit- und Kostenersparnis sein. Und bei einer Person, die auf Sicherheit Wert legt? Bei ihr kann die Argumentation darauf abzielen, wie fehlerfrei eine Maschine oder Anlage arbeitet.

Wichtig ist aber nicht nur, dass wir an unsere Gesprächspartner und Gesprächspartnerinnen die richtigen Botschaften senden. Wir sollten sie auch so verpacken, dass sie ankommen.

Angenommen Sie möchten ihr Team davon überzeugen, dass eine bestimmte Software angeschafft wird.

  • Bei einem eher logischen Denker könnte die Argumentation lauten: «Diese Software verringert die Bearbeitungszeit um 30 Prozent. Hierdurch sinken unsere Kosten um 15 Prozent.»
  • Hingegen bei einem experimentellen wie folgt: «Stellen Sie sich eine Auftragsbearbeitung vor, die völlig pannenfrei läuft. Dieser Vision kommen wir mit dieser Software näher, denn sie ...» Bei einer so typgerechten Argumentation ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass das Team den Vorschlag zumindest wohlwollend prüfen.

Im Gespräch sollten Sie jedoch stets prüfen: War meine Einschätzung des Gegenübers richtig? Ist man nicht sicher, fragt man am besten direkt:

  • «Welche Anforderungen müsste eine solche Software Ihrer Ansicht nach erfüllen?»
  • «Unter welchen Voraussetzungen würden Sie dem Kauf einer solchen Software zustimmen?»

In beiden Fällen nennt Ihnen Ihr Partner seine wichtigsten Entscheidungskriterien, und Sie können Ihre Argumentation und Ihren Kommunikationsstil anpassen.

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Joachim Simon, Braunschweig, ist als Führungskräftetrainer und Vortragsredner auf das Thema (Self-)Leadership spezialisiert (www.joachimsimon.info). Er ist Autor des Buchs „Selbstverantwortung im Unternehmen“ und Co-Founder der (Self-)Leadership-Coaching-App Mindshine (www.mindshine.app).

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