Fachhochschule St. Gallen: Länderübergreifendes Management der Generationen
Sibylle Olbert-Bock: «Hintergrund unseres trinationalen Forschungsprojektes ‹Regionenbezogenes Generationenmanagement› ist der viel diskutierte demographische Wandel. Wir übertragen die Fragestellung alternder Belegschaften auf die Euregio-Bodensee-Region, zu der wir die Ostschweiz, Vorarlberg und das Allgäu zählen. Dieses Gebiet ist für unsere Studie besonders interessant, weil es ländlich und von KMU geprägt ist. Wir untersuchen, wie attraktiv die Region für die persönliche und berufliche Entwicklung von Fach- und Führungskräften verschiedenen Alters in Industrie und IT ist. Die zentralen Fragen sind dabei,
- inwieweit in der Region die stetige Weiterentwicklung der eigenen Wissensbasis sowohl im beruflichen als auch im persönlichen Bereich gewährleistet wird,
- wie attraktiv das Umfeld zum Beispiel auch für die Lebenspartnerin oder den Lebenspartner von Arbeitnehmenden ist und
- ob die Region als Ganzes in Kernbranchen eine spezifische Wissensbasis ausbilden kann, die sie für die Kompetenzträger nachhaltig attraktiv macht.
In den laufenden Befragungen werden Einschätzungen verschiedener Altersgruppen zu ihren Entwicklungs- und Karrierechancen in der Region erhoben, so unter anderem die von über 45-Jährigen. Diese Altersgruppe wird in der Praxis (Personalentwicklung der Unternehmen) wie auch der Forschung erstaunlicherweise oft vernachlässigt. Ir rational, wenn man bedenkt, dass wir heute bis 65 arbeiten und dass auch qualifizierte Beschäftigung nach der Pensionierung oft erwünscht ist!
Bis zum Ende des Projekts im Dezember 2013 wird eine ‹Landkarte der Personalentwicklung› geschaffen, die die Stärken und Schwächen darstellt sowie mögliche Massnahmen aufzeigt. Dies alles mit Positivbeispielen.
Zudem werden nationale Besonderheiten herausgearbeitet, um einen Beitrag zur Standortförderung der Region zu leisten. Die sich heute schon abzeichnende Hypothese lautet: ‹Erfolgreiche Unternehmen vernetzen sich und arbeiten insbesondere auch im Hinblick auf die Entwicklung von Humanressourcen stärker zusammen.›»
Universität St. Gallen (HSG): Wie Burnout und Beschleunigungsfalle zusammenhängen
Sandra Kowalevski: «Das Phänomen der Beschleunigungsfalle wird an unserem Institut seit mehr als zehn Jahren erforscht. Unser Forschungsprojekt ‹Gesunde Führung, Beschleunigungsfalle und Burnout› ist als Langzeitstudie angelegt und wird in absehbarer Zeit auch nicht abgeschlossen. Im Moment arbeiten vier Doktoranden unter der Leitung von Professorin Heike Bruch an Studien zu diesem Thema. Die Grundlage für die Studien sind mehr als 700 Unternehmen. Pro Jahr kommen Daten von ca. 100 Unternehmen hinzu. Da wir auf Mitarbeiterebene Vollbefragungen durchführen und zusätzlich die Geschäftsführung und das HR-Team befragen, haben wir sehr umfassende Daten.
In meiner Doktorarbeit interessiere ich mich vor allem für den Zusammenhang zwischen Beschleunigungsfalle und Burnout, also die Beziehung zwischen einem Ausbrennen auf Ebene eines gesamten Unternehmens und dem von einzelnen Mitarbeitern. Dabei hat sich wider Erwarten gezeigt, dass in Hochleistungsorganisationen, das heisst Unternehmen, die sich durch hohe Gewinnmargen und rasches Wachstum auszeichnen, die Mitarbeiter seltener unter Burnout leiden. Gleichzeitig sind solche Unternehmen weniger von der Beschleunigungsfalle betroffen. Hochleistung auf Unternehmensebene stellt also keine Gefahr für die Mitarbeiter dar. Ein gesundes Unternehmen und Hochleistung schliessen sich nicht aus, sondern ganz im Gegenteil: Hochleistung und eine Vermeidung von Burnout gehen Hand in Hand. Das Entscheidende dabei ist ein Wechsel von Phasen der Hochleistung und der Regeneration.
Weiter hat sich gezeigt, dass Handlungsspielraum ein wichtiger Faktor ist, um Burnout zu vermeiden. Unsere Ergebnisse veröffentlichen wir in wissenschaftlichen und praxisorientierten Artikeln und geben sie in Workshops und Beratungsgesprächen direkt weiter. Für diesen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis wurde das Spin-off Energy Factory unseres Instituts gegründet, das interessierten Unternehmen vielfältige Beratungsdienstleistungen anbietet. Es hat sich nämlich in der Vergangenheit gezeigt, dass im Bereich psychische Gesundheit in Unternehmen zwar viel geforscht, aber eher wenig in die Praxis umgesetzt wird.»
Laufende Forschungsprojekte – eine Auswahl
Fachhochschule St. Gallen, Institut für Qualitätsmanagement und angewandte Betriebswirtschaft, Kompetenzzentrum «Leadership und Personalmanagement»
Forschungsschwerpunkte:
Ageing Workforce und Generationen-Management; Talentmanagement / Karriere; Entwicklung organisationaler, relationaler und individueller Kompetenz und Lernen
Laufende Projekte:
- Strategische Personalentwicklung in KMU-Netzwerken – Entwicklung von unternehmensübergreifenden Lösungen des Talentmanagements
- RegGen – Trinationales Regionenbezogenes Generationenmanagement
- Karrierekonzeptionen von Frauen und Männern zu verschiedenen Zeitpunkten des Berufsalters
- Implementierung umfassender Managementsysteme
- Herausforderungen und Potenziale alternder Belegschaften im Hinblick auf Arbeitsorganisation und Management
- Nachhaltiger Umgang mit Humanressourcen und nachhaltiges HRM
ETH Zürich, Forschungsgruppe Organisation, Arbeit, Technologie
Forschungsschwerpunkte:
Umgang mit Unsicherheit auf individueller und organisationaler Ebene / Arbeitsflexibilisierung (Fokus auf Karriereübergänge, sich wandelnde psychologische Verträge und parallele Veränderungen in den Karriereorientierungen)
Laufende Projekte:
- Karriereübergänge und Bedeutung sozialer Netzwerke und Vergleichsgruppen
- Schweizer HR-Barometer (in Zusammenarbeit mit der Uni Zürich)
- Verschiedene Projekte mit HR-Bezügen: Entwicklung und Validierung eines Trainings für Führung und Zusammenarbeit in medizinischen Teams am Universitätsspital Zürich, Unterstützung von Zusammenarbeit und Projektmanagement in Softwareentwicklungsteams (in Zusammenarbeit mit Softwareherstellern), Einführung und Begleitung flexibler Arbeitsformen (in Zusammenarbeit mit Microsoft)
Universität St. Gallen, Institut für Führung und Personalmanagement
Forschungsschwerpunkte:
Leadership; Corporate Governance
Laufende Projekte:
- Organizational Energy; Gesunde Führung – Beschleunigungsfalle – Burnout
- Arbeitgeberattraktivität – Top Job
- Generational Leadership – Wege der Führung im demographischen Wandel
- International HRM (Schweizer Vertreter der Cranet-Umfrage)
Fachhochschule Nordwestschweiz, Institut für Personalmanagement und Organisation
Forschungsschwerpunkte:
Mitarbeiterführung; Change Management; Personalmanagement; Diversity- und Gendermanagement
Laufende Projekte:
- Betriebliche Gesundheitsförderung - Generationsmanagement
- CaRe – Laufbahnentwicklung und Retention Management in der Pflege im Kooperationsverbund von Spitälern, Alters- und Pflegeheimen und Spitex
- Change Management im Bildungssystem
- Die Situation des Mittelbaus an Fachhochschulen
- Gesund und fit im Industriewerk SBB
Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW), Zentrum Human Capital Management
Forschungsschwerpunkte:
Gestaltungsmöglichkeiten, Best Practices, Wirkungsmechanismen und Wirkungsbeiträge des Human Capital Management
Laufende Projekte:
- Optimierung der Steuerungsmechanismen in Unternehmen
- Definition von neuen HR-Berufsbildern für die eidgenössische Fachprüfung
Universität Bern, Institut für Organisation und Personal
Forschungsschwerpunkte:
HRM in Familienunternehmen; Führung in Familienunternehmen; verhaltensökonomische Ansätze des HRM
Laufende Projekte:
- Entlohnungsstrukturen für Mitglieder in Kontrollgremien (Aufsichtsrat, Beirat) von Familienunternehmen
- Monetäre Anreizgestaltung in Start-ups
- Referenzpunktabhängiges Entscheidungsverhalten
- Gerechtigkeit und HRM
Universität Zürich, Institut für Betriebswirtschaftslehre – Human Resource Management
Forschungsschwerpunkte:
Zurzeit gibt es noch keine klar definierten Forschungsschwerpunkte,
sie sollen aber eingeführt werden.
Laufende Projekte:
- Effects of being passed over for promotion on deviant workplace behaviour
- Economics of Trust
- Information Systems and Human Resource Management
- Innovatives Personalkonzept für Exportförderung in China
- Talentmanagement
- Schweizer HR-Barometer (in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich)