Die Welt retten
Die Auswirkungen des Klimawandels verschärfen sich, während sich für diese dringlichen Probleme noch keine Lösungen abzeichnen. Das bewog die zwei ehemaligen Haufe-Umantis-CEOs Hermann Arnold und Marc Stoffel, «42hacks» zu gründen. Eine Initiative, bei der Mitarbeitende unterschiedlichster Firmen Klimaprojekte erarbeiten. Was das den Beschäftigten und den Firmen bringt und weshalb sich HR engagieren sollte.
Hermann Arnold und Marc Stoffel. (Foto: zVg)
Hermann Arnold, Marc Stoffel: Sie sind beide Serienunternehmer und ehemalige CEOs bei Haufe-umantis. Mit «42hacks» haben Sie gemeinsam eine neue Initiative gestartet, um die Klimakrise zu bewältigen. Wie soll das gelingen?
Hermann Arnold: Der rote Faden, der sich von Umantis zu «42hacks» zieht, ist unsere Überzeugung, dass gewöhnliche Menschen gemeinsam Aussergewöhnliches erreichen können. Mit «42hacks» organisieren wir den weltweit grössten Klima-Hackathon. Am Ende jedes Hacks entscheiden die Teilnehmenden, welche Teams für fünf Jahre finanziert werden. Das Budget dafür erhalten sie von unterstützenden Unternehmen. So entstehen 420 Klima-Start-ups und eine Community von einer Million Menschen, die sich für diese Start-ups einsetzen.
Wieso sollen sich Firmen mit dem Klima beschäftigen? Sie könnten ja weitermachen wie bisher, so lange keine staatlichen Regulierungen drohen …
Marc Stoffel: Glücklicherweise stellen sich immer weniger Firmen diese Frage. Hinzu kommt, dass immer mehr Mitarbeitende und Kunden wie auch die Öffentlichkeit eine Verhaltensänderung erwarten.
Unternehmen aus der Plastik- oder Ölindustrie zeigen sich aber wenig einsichtig...
Arnold: Das sehe ich etwas differenzierter. BP hat den Schritt zum «beyond Petroleum» beispielsweise bereits vor dem Golf-von-Mexiko-Desaster gemacht und ist weltweit einer der grössten Investoren in erneuerbare Energien. Aber selbst die Vorreiter müssen konsequenter und schneller vorgehen.
Wieso engagieren sich bisher so wenige Arbeitnehmende und Unternehmen beim Klimawandel, obschon sich gemäss Studien zwei Drittel aller Menschen davon betroffen fühlen?
Stoffel: Genau das hat uns zum Nachdenken gebracht. Selbstredend trennt heute fast jeder seinen Abfall und versucht, weniger Fleisch zu essen und zu fliegen. Aber wer arbeitet an Klimalösungen? Obwohl es sich um ein so existenzielles Problem handelt, kennen wir in unserem Umfeld kaum jemanden, der sich diesem Thema annimmt. Davon waren wir bis vor kurzem selbst nicht ausgeschlossen.
Inwiefern kann «42hacks» dieses passive Verhalten ändern?
Arnold: Wir organisieren für Interessierte einen kostenlosen Probeversuch im «Klima-Retten». Firmen verpflichten sich mit einer Teilnahme an unserem Hackathon, bis zu einem Prozent ihrer Mitarbeitenden an einem einwöchigen Klima-Hack mitwirken zu lassen und dafür die Kosten zu übernehmen. Wir wollen Menschen kurzzeitig aus ihrem Arbeitstrott befreien, damit sie bei einem Klimalösungs-Projekt mitarbeiten können. Nach Ende des Hacks entscheiden Mitarbeitende und Firmen zudem selbst, ob es sich um eine einmalige Aktion handelt oder ob sie längerfristig aktiv werden wollen.
Weshalb sollten Unternehmen ihre Mitarbeitenden für eine Woche freistellen, wenn sie diese durch eine Firmengründung verlieren könnten?
Arnold: Das Risiko, einen oder zwei Mitarbeitende zu verlieren, wiegt geringer als die Chance, Ideen für neue Projekte zu gewinnen. Die Motivation und das Lernerlebnis eines solchen Hacks sind unbezahlbar. Zudem wird nur ein Bruchteil der Teilnehmenden ein Start-up gründen.
Wie finanzieren Sie sich?
Arnold: Die Aufbauarbeit leisten wir mit Freiwilligenarbeit. Die Hacks selbst wollen wir mit Beiträgen aus der Wirtschaft finanzieren – über das Budget, das Firmen Mitarbeitenden zur Verfügung stellen, und über Sponsoring.
Weshalb setzen Sie auf Hackathons?
Stoffel: Ein Hackathon ist eine bewährte Methode, um konkrete Resultate zu erzielen. Dafür treffen sich viele Menschen und entwickeln gemeinsam innert kurzer Zeit Prototypen. Hackathons sind also zeitlich begrenzt. Sich eine Woche frei zu nehmen, scheint uns realistisch – insbesondere, wenn es bezahlt ist.
Welche Erfahrung haben Sie in Ihren Unternehmen mit Hackathons gemacht?
Arnold: Im Softwarebereich haben wir regelmässig Hackathons organisiert und erlebt, wie Menschen über sich hinauswachsen. Auch, wie Zusammenarbeit unkompliziert funktioniert, wenn Mitarbeitende intensiv mehrere Tage ungestört zusammenarbeiten können. Das hat zu verblüffenden Softwarelösungen geführt. Die Hackathons von «42hacks» sind in der Vorgehensweise ähnlich, doch bei Weitem nicht nur auf Software beschränkt.
Was sind die Voraussetzungen zum Erfolg?
Stoffel: Dass alle Teilnehmenden die ganze Zeit dabei sind, ein übergeordnetes Ziel definiert ist und das Teambuilding funktioniert. Für die «42hacks» bedeutet das, dass wir alle wissen, um was es geht, und wir die Teamergebnisse immer wieder zusammenführen. So befruchten sich die Teams gegenseitig, während die finanzierten Projekte von den Ideen und Konzepten der anderen profitieren. So steht das Ergebnis aller Teilnehmenden im Vordergrund und nicht das Projekt eines einzelnen Teams.
Für welche Themen eignet sich ein Hack besonders?
Arnold: Grundsätzlich für alle Themen. Einige Beispiele: Wie können wir das Verhalten von Menschen positiv beeinflussen? Wie können wir aluminium- und plastikfreien Kaffeekapseln zum Durchbruch verhelfen? Wie können wir Zugführerinnen und Zugführer zu einem energieschonenderen Fahren bewegen? Wie können wir aus Bananenschalen Energie für unsere Autos erzeugen?
Inwiefern könnte HR Hackathons für sich selbst nutzen?
Stoffel: Am besten, indem HR bei «42hacks» mitmacht (lacht). HR kann das Prinzip für eigene Problemstellungen adaptieren. Beispielsweise, um eine Recruiting-Lösung in einer Woche einzuführen, ein neues Mitarbeitergespräch zu entwickeln und dieses in einer Woche zu erproben. Hackathons eignen sich fast immer, wenn etwas Neues entwickelt werden soll.
Wo wird «42hacks» in zwei Jahren stehen?
Arnold: Wir haben erste Durchgänge durchgeführt, brachten mehrere Dutzend Start-ups auf die Welt und haben damit einen spürbaren Beitrag zur Lösung der Klimakrise beigetragen.
Hackathon
Ein Hackathon (Wortschöpfung aus «Hack» und «Marathon») ist eine kollaborative Veranstaltung, deren Ziel es ist, innerhalb der Dauer dieser Veranstaltung gemeinsam Lösungen für gegebene Probleme zu finden. Die Teilnehmenden kommen aus verschiedenen Fachgebieten und bearbeiten ihre Projekte häufig in funktionsübergreifenden Teams.
42hacks
«42hacks» ist eine Initiative, die Lösungen für den Klimawandel schaffen und insgesamt 420 Start-ups hervorbringen soll. Die Initiative versteht sich als weltweit grösster Hack nach dem Motto: Eine Million Menschen kann jedes Problem lösen – sogar den Klimawandel. «42hacks» wurde von Hermann Arnold und Marc Stoffel lanciert. Insgesamt sind 420 Mitgründende auf der ganzen Welt dabei, die Initiative zu entwickeln und voranzutreiben. Die Initianten stellen sich und das Projekt an unverbindlichen Growth-Hacks vor: 42hacks.com/events