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«Digitalisierung und KI bedeuten für viele Personalabteilungen immer noch Neuland»

Gery Bruederlin, Professor für HRM an der FHNW und strategischer Berater von grösseren und kleineren Unternehmen in der Schweiz, beschäftigt sich schon seit ein paar Jahren mit der Thematik der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz im HRM. Im folgenden Interview erläutert er, was es damit auf sich hat und wie man systematisch an die Thematik herangeht.

Wie steht es aktuell mit dem Einsatz von digitalen Instrumenten und von künstlicher Intelligenz in den Schweizer Personalabteilungen?

Gery Bruederlin: Grundsätzlich ist der Einsatz neuer und neuester Technologie im HRM über sämtliche Bereiche der Wertschöpfungskette möglich. Das heisst von der Rekrutierung über das Performance Management bis zum Talentmanagement und all den damit verbundenen Prozessen gibt es zahlreiche Anwendungsoptionen. Und deren Zahl wird täglich grösser. Das trifft durchaus auch für die KI zu, die es in «traditionellen» Anwendungen schon seit Jahren gibt, z.B. Chatbots für Mitarbeitenden-Anfragen oder sogenannte CV-Parser, welche schnell und präzise Bewerbendendossiers scannen und mit Anforderungsprofilen matchen, um die bestmögliche Kandidatin für einen Job zu eruieren.


Wo liegt denn das Problem?

Erstens reduzieren viele Personalabteilung das Thema auf ihr HR Management-System (HRMS) und lassen ausser Acht, dass Digitalisierung und KI im HRM eine viel breitere Bedeutung haben. Der Grund liegt darin, dass eine fortschreitende technologische Entwicklung sich in vielerlei Hinsicht auf das HRM auswirken und die unterschiedlichsten Aktivitäten auslösen kann, sei es beispielsweise die Veränderung der Kompetenzenlandschaft durch sich ständig verändernde Rollen und Funktionen, sei es eine Transformation der Unternehmenskultur, sei es die Etablierung virtueller Führung oder eines «new way of working» - und noch viele mehr. Wer sich umfassende Überlegungen zur HR-Digitalisierung und allenfalls deren Prioritäten machen will, muss deshalb den Fächer weit über die Nutzung von Tools und Instrumenten hinaus aufspannen.

CAS «Digitalisierung und künstliche Intelligenz im HRM»


Dieses erfolgreiche 17-tägige Programm der Hochschule für Wirtschaft an der FHNW geht 2025 bereits in seine 5. Durchführung! 

Ziel dieses Programms ist es, den Teilnehmenden, ein besseres und vor allem breiteres Verständnis von Digitalisierung und KI im HRM zu ermöglichen, um ihnen auf diese Weise eine bessere Orientierung im Dschungel der vorhandenen Optionen zu bieten. 

CAS Digitalisierung und Künstliche Intelligenz im HRM | FHNW 

Das Programm richtet sich an Personalprofis aller Art, Führungspersonen, Business PartnerInnen und SpezialistInnen, welche sich umfassend an der Thematik Digitalisierung und KI im HR weiterbilden möchten.


Und wie finde ich heraus, was für meine Personalabteilung der richtige Fokus ist?

Gerade was die künstliche Intelligenz betrifft, fehlt es vielen Personalabteilungen an einer systematischen und auch strategischen Vorgehensweise. Nicht wenige Personalprofis lassen sich von der schieren Anzahl von Möglichkeiten erschlagen und wissen nicht, wo sie beginnen sollen. Dabei muss klar sein, dass der Erwerb eines trendigen Tools, welches man an sein HR IT-System anhängt und das nur einen isolierten Anwendungsfall abdecken kann, längerfristig keine gescheite Lösung darstellt. Vielmehr sollte man sich im HR von der Unternehmensstrategie leiten lassen und seine eigene Digitalisierung sowie den Einsatz von KI auf die Prioritäten der Unternehmung abstellen. Die daraus abgeleitete Technologiestrategie für das HR führt mit stringenter Logik genau zu denjenigen personalrelevanten Use Cases, welche für die Unternehmung am meisten Mehrwert generieren – ob das jetzt die Einführung eines GenAI Tools wie Chat GPT auf unternehmensweiter Basis ist oder der Kauf einer künstlichen Intelligenz, welche qualitativ hochstehende HR-Analysen ermöglicht oder den automatisierten Match von internen und externen Kompetenzen mit aktuellen Jobangeboten sicherstellt. Und diese relevanten Anwendungen gilt es dann mit Umsicht, der nötigen Governance, einem hochstehenden Projektmanagement und vor allem auch einer gezielten Qualifizierung der betroffenen Mitarbeitenden umzusetzen.


Sollten sich die Personalabteilungen nicht etwas beeilen mit Ihrer Technologiestrategie?

Zuwarten und nichts tun ist definitiv keine Option. Sich vom Hype um die generative KI anstecken zu lassen und in Aktionismus auszubrechen, scheint mir aber genau so falsch zu sein. Es gibt viele Gründe, warum es gerade im HR beispielsweise mit der KI nicht so schnell gehen wird, wie das einige meinen. Da gibt es die generell völlig unterschätzte Kosten/Nutzen-Problematik: Oft ist der Einsatz von KI-Tools wegen verschiedenster Kosten (Entwicklung, Maintenance, Upskilling, etc.) nämlich viel zu teuer. Auch der Datenschutz, welcher v.a. der Personalisierung und der maschinellen Entscheidungsfähigkeit Grenzen setzt, bildet wenigstens vorläufig ein Hindernis, welches schnellen Umsetzungen im Wege steht.


Tina Brügger und Gery Bruederlin managen den CAS «Digitalisierung und künstliche Intelligenz im HRM» der Hochschule für Wirtschaft der FHNW in Olten. (Bild: zVg)

 

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Text: HR Today
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