Dilemma im Dreiecksverhältnis
Wer HR-Management sagt, muss auch Kommunikation meinen, sagt Kommunikationsexperte Hartwin Möhrle. Besonders Führungskräfte sind darauf angewiesen, dass die Zusammenarbeit beider Bereiche funktioniert. Nur so können sie ihre Managementaufgabe als Kommunikatoren wahrnehmen.
Veränderungen zu kommunizieren, muss ja nicht immer etwas Negatives bedeuten. Ein Geschäftsbereich läuft so gut, dass er ausgebaut werden soll. Das erfordert andere Strukturen, neue Mitarbeiter, ist eigentlich eine tolle Sache. Trotzdem macht Veränderung den Mitarbeitern immer erst einmal Angst. Also muss man die Mitarbeiter begleiten: die Führungskräfte, HR und Kommunikation. Und dabei geht es nicht nur um die reine Information. Es geht dabei darum, die Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass der Weg gut und richtig ist, und sie dabei zu aktiven Wegbereitern zu machen. Für HR und Kommunikation bietet sich hier eine fantastische Perspektive, aus ihrer Verbindung eine schlagkräftige Waffe für das Führungsmanagement zu machen.
Führungskräfte treffen Abteilungen, die sich voneinander abgrenzen
Nicht nur Geschäftszahlen oder neue Produktentwicklungen müssen kommuniziert werden, sondern auch all das, was die Mitarbeiter erreichen soll: neue Abkommen über Teilzeit oder Veränderungsprozesse in Unternehmen. «Um ihre klassischen Managementaufgaben erfüllen zu können, müssen Führungskräfte kommunizieren. Über Veränderungsprozesse, über Neuausrichtung von Strategien oder notwendige Personalentscheidungen», sagt Hartwin Möhrle, Geschäftsführer der Kommunikationsagentur A&B One in Frankfurt. Noch nicht alle Führungskräfte sind in der glücklichen Lage, dabei auf ein eingespieltes Team von HR und interner Kommunikation zurückgreifen zu können, was sie befähigt, inhaltliche Richtungen im Unternehmen authentisch und überzeugend vertreten zu können. Häufig treffen die Führungskräfte auf zwei voneinander abgegrenzte Abteilungen, die nicht miteinander können oder wollen.
Das Dreiecksverhältnis HR/interne Kommunikation/Führungskräfte besitzt vielerorts noch enorme Sprengkraft, die dem Unternehmen erheblichen Schaden zufügen kann, weiss Hartwin Möhrle. Eine ehemalige Kommunikationsleiterin habe es mal so ausgedrückt: «Der natürliche Feind der internen Kommunikation ist die Personalabteilung.» Bei aller Selbstironie, die da mitschwinge, trage das Selbstverständnis von HR und Kommunikation mitunter schon anachronistische Züge. In seinen Beratungsmandaten stellt Möhrle immer wieder fest, dass beide Bereiche krampfhaft versuchen, sich voneinander abzugrenzen. «Die Abgrenzungstendenzen sind umso stärker ausgeprägt, je mehr auf Seiten von HR und Kommunikation ein traditionelles Verständnis der eigenen Rolle vorherrscht.»
Wer dadurch erheblich eingeschränkt wird, sind die Führungskräfte. Sie sind die Dritten im Bunde des bedeutungsvollen Dreiecksverhältnisses. Stimmt die Basis der Zusammenarbeit zwischen HR und Kommunikation nicht, haben auch die Führungskräfte schlechte Karten, sagt Möhrle: «In Unternehmen, in denen HR-Manager ihre zeitgemässe Rolle wahrnehmen, ist die Abgrenzung zur Kommunikation weniger ausgeprägt. Das gilt auch umgekehrt. Sie wissen, dass ihre Rolle mit der Kommunikation abgestimmt sein sollte. Schliesslich gehört Kommunikation zu den strategisch relevanten Instrumenten eines HR-Managements». Und die Führungskräfte brauchen die Kompetenzen beider Stabsstellen, damit sie ihren Führungsjob erfolgreich machen können. HR hat beispielsweise das Fachwissen in Sachen Personalentwicklung, die Kommunikation weiss, wie wirksame begleitende Meinungsbildungsprozesse aufgegleist werden müssen. Die Kommunikationsabteilung entwickelt die Dramaturgie, übersetzt Strategieziele und Führungsinstrumente in eine verständliche Form und das HR-Management kann so eine Plattform zum Dialog gestalten (siehe Grafik).
«Wer heute Personalmanagement sagt und nicht direkt auch Kommunikation denkt, der bleibt in einem zunehmend veralteten Bild von HR verhaftet », sagt Möhrle. «Moderne Führungskräfte wissen, wie stark ihr Erfolg in der internen Führung von einer guten internen Kommunikation abhängig ist. Dieses Funktionieren ist durchaus erfolgskritisch im Sinne des Managements.»
Unklares Rollenverständnis führt Führungskräfte ins Dilemma
Die Problematik ist nicht, dass Führungskräfte sich dessen nicht bewusst sind, sondern dass oft nicht bei allen Beteiligten in diesem Dreiecksverhältnis ein klares Rollenverständnis herrscht. Unzeitgemässes Rollen- und Schnittstellendenken führt dann immer wieder dazu, dass Führungskräfte versuchen, das Dilemma zu lösen, indem sie sich an die eine oder andere Seite wenden, ohne echte Integration beider in die jeweilige Lösungsfindung.
Was für ein Unternehmen fatale Folgen haben kann. In der momentanen gesellschaftlichen und ökonomischen Transformationsphase, erklärt Möhrle, würden erweiterte Anforderungen an die Organisationsentwicklung gestellt. «Es wird sehr stark darauf gesetzt, Organisationen hochflexibel zu halten, gleichzeitig aber den Mitarbeitern höchstmögliche Zuverlässigkeit und Ordnung zu bieten, um sie halten zu können.» Für diesen verlässlichen Organisationsrahmen brauche es das Managementinstrument Kommunikation plus das komplette Managementinstrument Human Resources stärker als je zuvor. Logischerweise bedingt dies, dass alle aus ihren tradierten Rollen etwas herausgucken. Und diese Wandlung müsse schon in der Managementausbildung beginnen.
«Um Führungskräfte als Kommunikatoren befähigen zu können, braucht es jedoch auch eine Unternehmenskultur, die einen Boden dafür bereitet», sagt Möhrle und weist darauf hin, dass dies in vielen Unternehmen bereits hervorragend funktioniert.
Bücher zum Thema
- Wolfgang Jäger, Lothar Rolke (Hrsg.): Personalkommunikation. Luchterhand Verlag, 2011, 312 Seiten, Taschenbuch, CHF 55.90
- Jörg Pfannenberg: Veränderungskommunikation. 2., veränderte Auflage, Verlag Frankfurter Allgemeine Buch, 2009, 240 Seiten, gebunden, CHF 43.50