Neutrale und unabhängige Partner
Trotz guter Geschäfte: Die Zeiten, in denen die Kopfjäger den Kunden einfach ein paar Dossiers auf den Tisch legen und den teuersten Mann vermitteln konnten, sind definitiv vorbei. Markus Brunner, Partner von Kienbaum Schweiz AG, bestätigt, dass die Geschäfte gut laufen, die Kunden heute aber in der Zusammenarbeit selektiver und kritischer seien als noch vor einigen Jahren. Dies, so der Off-the-Record-Kommentar verschiedener Branchenkenner, sei unter anderem ein Resultat der vielen Diskussionen rund um die Abzocker in den obersten Chefetagen.
Zu den kritischeren Kunden gehört auch der Detailhandelsriese Coop. Dieser kennt gemäss dem obersten Personalchef Peter Keller keine Hoflieferanten für neues Kaderpersonal. «Headhunter setzen wir sehr zurückhaltend und nur in begründeten Einzelfällen ein, wenn aus dem Nachwuchspool keine geeigneten Kandidaten verfügbar sind.» Dafür hat Coop aber einen nationalen Rahmenvertrag mit den vier grössten Anbietern auf dem Temporärmarkt abgeschlossen. «Dies vor allem für die Spitzenzeiten bei den Logistikzentren.» Bei Coop ist man der festen Überzeugung, dass eine gut qualifizierte Personalabteilung durchaus in der Lage ist, die Arbeit eines Headhunters fachlich zu leisten. «Für einen generellen Einsatz sind Letztere einfach zu teuer», konstatiert Keller.
Personalvermittlung: Was das Gesetz verlangt
Im Arbeitsvermittlungsgesetz AVG sind die private Arbeitsvermittlung und der private Personalverleih geregelt. Dort ist unter anderem festgehalten:
- Wer regelmässig und gegen Entgelt im Inland Arbeit vermittelt, indem er Stellensuchende und Arbeitgeber zum Abschluss von Arbeitsverträgen zusammenführt, benötigt eine Bewilligung des kantonalen Arbeitsamtes.
- Wer regelmässig Arbeit ins oder aus dem Ausland vermittelt, benötigt zusätzlich zur kantonalen Betriebsbewilligung eine Bewilligung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco).
Als Voraussetzungen für eine Bewilligung werden genannt:
- Der Betrieb muss im Schweizer Handelsregister eingetragen sein.
- Der Betrieb muss über ein zweckmässiges Geschäftslokal verfügen.
- Der Betrieb darf kein anderes Gewerbe betrieben, das die Interessen von Stellensuchenden oder von Arbeitgebern gefährden kann.
Weitere Informationen unter www.admin.ch.
Gefragt sind Effizienz, Professionalität und Seriosität
Die Hauptgründe, warum Unternehmen mit Personalvermittlern zusammenarbeiten, sind deren Netzwerk und deren Möglichkeiten, potenzielle Kandidaten direkt anzugehen. Als neutrale und unabhängige Partner haben sie in gewissen Situationen bessere Voraussetzungen als interne HR-Fachleute oder Linienmanager, um an die geeigneten Leute zu gelangen. «Das gute persönliche Kontaktnetz von Personalvermittlern zu qualifizierten Kandidaten kann die interne Kompetenz in sehr guter Weise ergänzen», sagt Karin Bühler, Leiterin des Recruiting Centers bei der Swisscom. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass der Hauptumsatzträger der in der Branche beschäftigten Berater nach wie vor die Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften ist.
Gemäss einer Studie des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater entfallen gut 90 Prozent des Geschäfts auf diese klassische Kernkompetenz der Headhunter. Lediglich zehn Prozent des Umsatzes werden dagegen mit Management Reviews, Coaching, Karriere- oder Outplacement-Beratung verdient. Hierzulande schätzt die Branche selbst die Situation ähnlich ein. Für die Kunden von Personalvermittlern zählen also vor allem zwei Dinge: die Lieferung von geeigneten Kandidaten und eine schnelle Platzierung.
Erfolg in der Nische
Wird auf einen externen Partner zurückgegriffen, sind neben Effizienz, Professionalität und Seriosität im ausgetrockneten Spezialistenmarkt von den Personalvermittlern vor allem zwei Dinge gefragt: Fach- und Marktwissen. Daher erleben kleine, auf gewisse Branchen spezialisierte Personalvermittlungs-Boutiquen im Moment einen regelrechten Höhenflug. Deren Inhaber stammen meistens aus den Branchen, in denen sie Leute vermitteln. So auch Nicole Frick, die sich mit ihrer Dr. Nicole Frick AG auf die Vermittlung von Fachkräften aus den Bereichen Chemie und Life Sciences spezialisiert hat. Die studierte Chemikerin ist in ihrer Branche dank langjähriger Berufs- und Verbandstätigkeit gut vernetzt und versteht die sehr spezifischen Wünsche ihrer Kunden nicht nur theoretisch, sondern vor allem auch praktisch. Ihr Schritt in die Personalvermittlung und die Positionierung in einer Nische war nach der Familienpause wohlüberlegt. «Naturwissenschafter, die Naturwissenschafter vermitteln, gibt es extrem wenig», betont sie. Die Nachfrage sei dementsprechend hoch.
Spezialisten statt Generalisten
Die vermehrte Nachfrage nach Branchenwissen führt aber auch dazu, dass immer mehr gestandene Linienmanager oder Fachspezialisten nach einer langjährigen Unternehmenskarriere zu grossen Executive-Search- oder Personalvermittlungs-Firmen wechseln. Denn auch diese haben festgestellt, dass sie ihre Angebote anders verkaufen müssen. «Generalisten», erklärt Wolfgang Schmidt-Soelch, Partner bei Heidrick & Struggles, einem der fünf grössten Executive-Search-Unternehmen weltweit, «gibt es in unserem Unternehmen keine mehr.» Ungefähr ein Drittel der Partner seien ehemalige Linienleute aus einer Branche, ein Drittel stamme aus dem Consulting und ein Drittel aus dem Human-Capital-Bereich. «Doch auch die ehemaligen Consultants stammen aus branchen-fokussierten Unternehmen.»
Schmidt-Soelch wechselte nach 25 Jahren in der Finanzdienstleistungsindustrie vor zwei Jahren zu Heidrick & Struggles. Am Wechsel gereizt hat ihn die unternehmerische Freiheit, die Freude an einer Beratertätigkeit und die hohe Taktzahl der Projekte. Dass er zu einer grossen Gruppengesellschaft gewechselt hat und sich nicht als Headhunter-Boutique selbständig machte, liegt daran, dass er die interkulturelle Zusammenarbeit schätzt. «Wir sind nach länderübergreifenden Practice Groups organisiert, damit wir unseren Kunden stets die Spezialisten gegenüberstellen können, die ihre Bedürfnisse und ihr Unternehmen auch wirklich verstehen.» Das Verstandenwerden ist etwa für die Swisscom neben der Professionalität eines der wichtigsten Kriterien bei der Wahl eines Personalvermittlers. «Diese müssen sich in erster Linie in den Werten von Swisscom wiederfinden können», betont Swisscom-Recruiterin Karin Bühler.
Neben der Spezialisierung oder der Einteilung in länderübergreifende Fachgruppen gibt es in der Executive-Search-Branche beinahe so viele andere Differenzierungsversuche, wie es Unternehmen gibt. Kienbaum-Mann Markus Brunner sieht die Stärke seines Unternehmens in der Spezialisierung auf KMU. Diese brauchen weder international zusammengesetzte Practice Groups noch umfangreiche Datenbanken. «Wenn KMU für die Personalsuche mit einem externen Partner zusammenarbeiten, dann muss dieser lokal verankert sein und Spezialisten in der Nähe finden. Zudem muss er über glaubwürdige Fachkenntnisse in einer Branche verfügen.» Dies bestätigt Edith Bolliger, Bereichspersonalleiterin bei den EKZ: «Neben der Professionalität ist für uns die Spezialisierung eines Dienstleisters in der Personalbeschaffung das A und O.»
So erkennen Sie seriöse Headhunter
Um die Qualität im Bereich Executive Search zu verbessern und zu sichern, hat die Association of Executive Search Consultants (AESC) für ihre Mitglieder verbindliche professionelle und ethische Standards definiert. Das Mitgliederverzeichnis ist unter www.aesc.org publiziert.
Gemäss diesen Standards sollen die AESC-Mitglieder
- ihre Mandate mit grösstmöglicher Professionalität bearbeiten;
- sich integer bei der Ausführung von Beratungsaufträgen verhalten und jegliche Form von Täuschung oder Irreführung meiden;
- alle Aufträge mit Kompetenz, entsprechender Branchenkenntnis und Gründlichkeit sowie in gebotenem Zeitrahmen abwickeln;
- in ihrer Beurteilung objektiv und unparteiisch sein sowie alle relevanten Fakten in Betracht ziehen;
- in ihrer Kommunikation mit Klienten und Kandidaten grösstmögliche Transparenz beweisen sowie auch Klienten und Kandidaten dazu anregen;
- Interessenkonflikte vermeiden oder den Klienten vor Annahme des Auftrags auf potenzielle Interessenkonflikte hinweisen;
- alle von Klienten und Kandidaten erhaltenen Informationen mit grösstmöglicher Diskretion behandeln;
- die Loyalität gegenüber dem Auftraggeber würdigen und seine Interessen wahren;
- auf Chancengleichheit bei Einstellung achten und eine objektive Bewertung aller Kandidaten vornehmen;
- bei ihren Beratungsaufträgen auf öffentliche Interessen Rücksicht nehmen.
Detektivarbeit mit den Augen des Kunden
Einen eigensinnigen Ansatz betreibt die Executive-Search-Boutique Aebi + Kuehni AG. Sie verzichtet auf eine Kandidaten-Datenbank. Dies gemäss Mitinhaber René Kuehni, um die Suchaktivitäten nicht primär auf Personen des bestehenden Beziehungsnetzes auszurichten. «Wir sehen uns als Detektive, die den Markt entlang der positionsspezifischen Suchstrategie gezielt und aktuell analysieren und ausleuchten. Wir gehen einer Vielzahl von Spuren aus verschiedenen Informationsquellen nach, führen Gespräche, sammeln Indizien und ermitteln so mögliche Kandidaten.» Seine Aufgabe sei es, die Informationen mit den Augen des Kundens zu sichten, zu beurteilen und kreativ zu kombinieren. «Um die bestmögliche Kombination herauszuholen, arbeiten wir ausschliesslich für Schweizer Firmen. Denn bei diesen kennen wir den kulturellen Kontext am besten.»
Allen Differenzierungsversuchen zum Trotz. Sowohl die Personalvermittlung als auch die Executive Search sind ein Geschäft von Menschen, für Menschen und mit Menschen. «Differenzieren können wir uns letztlich lediglich durch eines», betont Wolfgang Schmidt-Soelch, «durch die Persönlichkeit eines Beraters.»
Die drei Haupttypen der Personalsuche
Mit welcher Personalvermittlungs- oder Executive-Search-Unternehmung ein Auftraggeber zusammenarbeiten möchte, ist immer ein persönlicher Entscheid. Wer zum ersten Mal mit einem externen Partner im Bereich zusammenarbeitet, kann sich grob nach der untenstehenden Einteilung richten:
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Gruppengesellschaften: In der Regel grosse Firmen mit einem weltweit bekannten Brand und mit Aktivitäten rund um den Globus. Sie sind meistens nach Branchen organisiert und führen systematisch eine umfassende Kandidaten-Datenbank, auf welche die Ländergesellschaften gegenseitig Zugriff haben. Gepflegt werden diese Datenbanken durch Research Teams, die auch den Erstkontakt mit möglichen Kandidaten vornehmen. Der Consultant kommt erst beim Interview mit interessierten Kandidaten zum Zug.
Die wesentliche Wertschöpfung liegt in der systematischen Pflege eines Beziehungsnetzes über verschiedene Branchen und in der Datenbank. Geeignet ist die Zusammenarbeit mit Gruppengesellschaften für Standardmandate, die rasch besetzt werden müssen. - Branchenspezialisten: In der Regel kleine Firmen, die intensive Beziehungen zu Mitarbeitenden einer spezifischen Branche pflegen. Meistens stammen sie selber aus dem entsprechenden Berufsumfeld.
Der Mehrwert resultiert aus der Pflege und dem Unterhalt des Netzwerks, das es den Branchenspezialisten erlaubt, sehr rasch mögliche Kandidaten zu präsentieren. Geeignet ist die Zusammenarbeit mit Branchenspezialisten für die Suche nach Fachkräften. - Boutiquen: Firmen mit wenig Mitarbeitenden und in der Regel höchstens einer kleinen Research-Abteilung und Datenbank. Der Consultant begleitet den Kontakt mit dem Auftraggeber und dem Kandidaten von A bis Z. Darin liegt auch die grösste Wertschöpfung. Geeignet ist die Zusammenarbeit mit Boutiquen für generalistische Aufgaben, komplexe Aufgabenstellungen oder unkonventionelle Lösungen.