Trennungsmanagement und Outplacement

Ein erster Schritt ins neue Leben

Mit dem Übertritt ins Pensionsdasein verändert sich das Leben. Die Pensionierung ist eine Art 
Trennung vom Berufsleben, die rechtzeitig geregelt sein will. Unternehmen können dabei helfen, dass 
ihre Mitarbeitenden gut vorbereitet den neuen Lebensabschnitt meistern.

Der Übertritt in die Pension ist mit vielen Fallstricken versehen, ein grosser ist die finanzielle Vorsorge. «Wir als Versicherung denken vielleicht, dass gerade unsere Mitarbeitenden wissen, wie man das regeln sollte», sagt Theo Kaeser, Leiter Personalmanagement bei der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG. «Aber manchmal vernachlässigt man genau das privat, was man beruflich professionell angeht, ganz im Sinne des Sprichwortes ‹Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe›.» Deshalb informiere die hausinterne Pensionskasse regelmässig über die beiden Vorsorgemöglichkeiten: Einerseits können die Mitarbeitenden ihren Sparanteil freiwillig erhöhen, was rege genutzt werde, wie Kaeser weiss.

Andererseits können sie neu seit diesem Jahr, wenn sie gegen die Rente hin Führungsfunktionen abgeben oder den Beschäftigungsgrad reduzieren, ihr bisheriges versichertes Gehalt aufrechterhalten und selber den fehlenden 
Betrag einzahlen. Zur Pensionierungsvorbereitung bietet Allianz Suisse ausserdem allen Mitarbeitenden ab 58 Jahren ein dreitägiges Seminar bei einem externen Partner an. «Es geht darin um eine Standortbestimmung, um Selbstfindung und um Brainstorming für eine Lebensphilosophie mit neuem Lebensziel», erklärt Kaeser. Die finanziellen Aspekte seien schon vor dem Seminar geregelt worden, die Mitarbeitenden haben den Rentenausweis gesehen und besprochen.

Pensionierungsvorbereitung in der Probezeit

Bei der Glutz AG werden die Mitarbeitenden bereits beim Stellenantritt auf die Pensionierung vorbereitet: «Während der Probezeit bespreche ich den Versicherungsausweis, denn ich habe gemerkt, dass viele nicht so recht wissen, was sie damit und mit den vielen Zahlen darauf anfangen sollen», erklärt Kurt 
Jäggi, Leiter Personal. Bei den Jüngeren geht Jäggi eher auf die Versicherungsleistungen ein, ab 40 Jahren stehe die Vorsorge im Mittelpunkt. Gerade die frühzeitige Planung der 
2. Säule sei wichtig und werde langsam von den Leuten besser beachtet, weiss Jäggi. Der Personalleiter ist seit 14 Jahren auch Geschäftsführer der autonomen Personalvorsorgestiftung und kennt sich daher mit den Veränderungen in diesem Bereich bestens aus.

Zwischen 61 und 62 Jahren bekommen alle Mitarbeitenden einen Brief, in dem sie der Personalleiter/Geschäftsführer der Vorsorgestiftung auffordert, zu überlegen, ob sie das Kapital beziehen oder die Rente erhalten möchten, und dies mit ihm zu besprechen. Im selben Brief ist eine Einladung für ein zweitägiges Seminar zur Pensionierungsvorbereitung drin. «Das Seminar ist freiwillig, und wer will, kann es zusammen mit dem Lebenspartner besuchen», sagt Jäggi. «Die meisten Mitarbeitenden nehmen gerne teil und das Echo ist hervorragend.»

Oft kämen die Leute nach dem Seminar mit Fragen zu ihm, sagt Jäggi, sei es für Detailabklärungen im finanziellen Teil, sei es, um generell Tipps zu holen. «Es ist eine riesengrosse Herausforderung für die Leute, einen neuen Zeitplan aufzustellen. Wenn sie es wünschen, helfe ich ihnen dabei, zeige Möglichkeiten auf und gebe einen Anstoss, in welche Richtung das neue Leben laufen könnte.» Jäggi erachtet es als seine Pflicht, die Mitarbeitenden nicht ihrem Schicksal zu überlassen, sondern ihnen zu helfen, so gut er kann. 

Vier Kategorien bei den 
Pensionierten

Die Fachstelle Alter und Arbeit, AvantAge, ein Service der Pro Senectute, ist eine Anbieterin von Vorbereitungsseminaren. Der Leiter André Leuzinger bestätigt, dass rund 90 Prozent der Teilnehmenden Mitarbeitende von Firmen sind, die vom HRM eingeladen werden. «Wir geben den Leuten Denkanstösse durch Referate von Fachpersonen und regen mit Gruppenarbeiten den intensiven Austausch an», sagt Leuzinger. Dabei ist ihm aufgefallen, dass sich die Interessen der Teilnehmenden verschieben: «Zuerst dominieren finanzielle Fragen. Dazu können wir nur Informationen abgeben, weil diese Thematik individuell gelöst werden muss, unter anderem mit dem Pensionskassenchef der Firma», erklärt Leuzinger. «Im Verlauf des Seminars merken die Leute, dass das Finanzielle nur einen Teil der Pensionierung ausmacht und wahrscheinlich nicht mal den schwierigsten, denn hier gibt es vielerorts klare Leitplanken und Reglemente. Dann kommen die weichen Faktoren ins Spiel, und sobald es darum geht, wie man das Leben gestalten soll, wird die Diskussion interessant und lebhaft.»

Der Fachmann findet es sinnvoll, wenn Lebenspartner gemeinsam teilnähmen, weil auch die Beziehung nach der Pensionierung oft neu geregelt werden müsse. Zudem falle auf, «dass Frauen arbeitsunabhängig tendenziell besser vernetzt sind, während Männer sich lange darüber hinwegtäuschen, dass ihr Kollegenkreis stark jobgebunden ist». Ansonsten seien vor der Pensionierung alle gleich, auch Führungskräfte, die zusammen mit den Mitarbeitenden die Kurse besuchen. Bei ihnen müsse allerdings auch der Statusverlust thematisiert werden, sagt Leuzinger.

Leuzinger unterscheidet vier Kerngruppen bei den zukünftigen Pensionären: Die einen wollen zuerst einfach die späte Freiheit geniessen. Andere suchen eine Anschlusslösung, indem sie beispielsweise einen Berufsausstieg in Etappen machen. Eine dritte Gruppe nutzt ihre Kompetenzen weiter und engagiert sich etwa in einer Freiwilligenarbeit oder sucht sich eine neue bezahlte Aufgabe. Die vierte Gruppe sind die Neubeginner. Sie verwirklichen einen Traum, ein Hobby oder ein Projekt, etwas, wofür sie während des 
Arbeitslebens nie Zeit fanden.

Nach der Pensionierung ist 
Schluss – meistens

Sowohl bei der Glutz AG mit ihren 230 Mitarbeitenden wie auch bei der Allianz Suisse, wo in der Direktion 2000 Mitarbeitende arbeiten, sind die Arbeitsverträge befristet. Bei Glutz läuft er im offiziellen Pensionsalter aus, bei Allianz Suisse ist für Frauen und Männer mit 64 Schluss. «Das führt gerade bei Männern immer wieder zu Diskussionen, weil wir keine Überbrückungsrenten zusprechen», sagt Kaeser. «Dass wir dafür keinen Koordinationsabzug haben, um das Alterskapital zu äufnen, und dies den fehlenden Jahresbetrag kompensiert, ist für viele nur Theorie, denn im Portemonnaie fehlt das Geld dann sehr praktisch.»

Bei beiden Firmen gibt es nach der Pensionierung normalerweise keine Vertragsverlängerung. Gemäss den Erfahrungen von Kurt Jäggi wünschten die Leute dies auch nicht, sondern der Trend gehe eher, wenn nicht zur Frühpensionierung, so doch zur Arbeitszeitreduktion in den letzten paar Jahren. «Die Leute umgehen so den Schock, von einem oft 120-prozentigen Engagement auf null zu fallen», sagt der Personalleiter. Bei der Allianz Suisse braucht es sogar, wenn Leute über das Pensionsalter beschäftigt werden sollen, eine GL-Entscheidung. Grundsätzlich findet Kaeser aber, es sei zum Wohl der Mitarbeitenden, wenn sie den Tag der Pensionierung nicht weiter aufschieben könnten, denn «irgendwann muss sich jeder damit beschäftigen».

Bei der Glutz AG werden alle vor der Pensionierung gefragt, ob sie bereit sind auszuhelfen, wenn Not am Mann ist. «Das hat sich extrem bewährt», sagt Jäggi. «Aushilfe in der Ferienzeit funktioniert bis zu fünf Jahre 
nach der Pensionierung bestens und bringt dem Pensionierten und uns nur Vorteile.» Geregelt werden solche Engagements mit einem befristeten Vertrag im Stundenlohn. Auch bei anderen KMU werde diese Lösung mit den Pensionierten – vielfach spezialisierte Fachkräfte – als Ferienvertretung häufig angewendet, weiss Kurt Jäggi, der als Vorstand des 
Industrieverbands Solothurn und Umgebung über die Gepflogenheiten anderer KMU informiert ist.

Ein ehrenhafter Abschied 
und hochoffizieller Akt

Am Tag der Pensionierung gibt es bei beiden Firmen abteilungsinterne Feiern. «Wir übergeben einen Verabschiedungsbrief gemeinsam mit einem Überraschungsgeschenk», sagt Kaeser. Zudem werde mit allen ein Austrittsgespräch geführt. Auch bei der Glutz AG ist der Pensionierungstag ein «hochoffizieller Akt». Zusätzlich zur Feier in der Abteilung sitzen der Personalleiter und der Geschäftsführer mit den Pensionierten zusammen und Jäggi übergibt ein Geschenk: eine Urkunde, ein Bild der traditionsreichen bald 150-jährigen Firma, ein paar Flaschen Wein und einen finanziellen Zustupf.

Wie wichtig eine ehrenhafte «Entlassung» aus dem Arbeitsalltag ist, weiss André Leuzinger von der Fachstelle Alter und Arbeit: «Menschen, die einen schlechten Abschied bekommen, kauen bis zu zwei Jahre daran. Wir machen die HR-Verantwortlichen daher immer darauf aufmerksam, dass sie firmenintern darauf achten sollen, wie die Leute verabschiedet werden.»

Auch nach der Pensionierung werden 
die ehemaligen Mitarbeitenden weiterhin in das Geschehen der Firmen miteingebunden. Allianz Suisse unterstützt die Pensioniertenvereinigung finanziell und lädt regional einmal im Jahr, gesamtschweizerisch alle drei Jahre, zum Mittagessen und einem dazugehörigen kulturellen Anlass ein. «Es gibt rege Diskussionen, die Leute sind immer noch sehr interessiert und mit der Firma verbunden», sagt Kaeser. Bei den Anlässen sei immer der Pensionskassenvorsteher dabei, um den aktuellen Stand der Pensionskasse zu erläutern. Zudem seien die Pensionierten weiterhin rabattberechtigt und bekämen die Hauszeitschrift zugesandt.

Auch bei der Firma Glutz AG besteht der Kontakt weiter zum Pensioniertenclub. 
«Einerseits laden wir alle Pensionierten mit ihren Partnern zu unseren Mitarbeiteranlässen ein, andererseits gibt es jeweils vor Weihnachten ein Pensioniertentreffen», erklärt Jäggi. Dort seien der Geschäftsführer und er dabei. «Wir erzählen, was im vergangenen Jahr gelaufen ist, die Pensionierten bekommen einen Kalender, zwei Flaschen Wein und 50 Franken. Mir sind diese Treffen wichtig, weil ich so mitbekomme, wie es den Leuten geht, und merke, bei wem ich nachfragen muss.» Für Jäggi ist es selbstverständlich, dass er sich auch nach der Pensionierung um seine ehemaligen Mitarbeitenden kümmert und ihnen mit Tipps und Tricks zur Seite steht, wenn sie das wünschen.

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