«Ein ständiges Auf-die-Schultern- Klopfen ist kontraproduktiv»
Beni Stöckli, CEO der Stöckli Swiss Sports AG, steht zu hundert Prozent hinter dem, was er macht. Und wünscht sich dies auch von seinen Mitarbeitern. Mit Vertrauen und Menschlichkeit will er bei ihnen die Freude und Leidenschaft für die Arbeit fördern. Und weiss dabei genau, dass der Chef trotzdem nicht immer «Everybody’s Darling» sein kann.
Beni Stöckli: «Ich schaue genau auf die Hobbys. Wer nur gerne in den Ausgang oder shoppen geht, ist bei uns vielleicht nicht so gut aufgehoben.» (Foto: Sabine Schritt)
Herr Stöckli, was ist Motivation für Sie?
Beni Stöckli: Die Mitarbeiter zu Höchstleistungen anzuspornen und Sie dazu zu bringen, das, was sie tun, mit Freude und Herzblut zu machen.
Wie kann eine Führungskraft das erreichen?
Indem sie nicht nur Floskeln aus einem Schulbuch zitiert, sondern das Unternehmen mitlebt und immer präsent und ansprechbar ist. Ich habe das Geschäft von der Pike auf gelernt. Daher bin ich mit meinen Mitarbeitern auf Augenhöhe. So können wir gemeinsam etwas bewegen.
Apropos, das Stöckli-Credo ist: «Bewegend anders». Auch Motivation hat ja viel mit Bewegung zu tun …
Ja, die Mitarbeiter würden Ihnen das sicher bestätigen, Bewegung ist ein Teil unserer Unternehmensphilosophie. Wir beraten Kunden in puncto Bewegung, aber ebenso müssen wir uns im Unternehmen bewegen – auch emotional und geistig. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Und was ist bei Ihnen anders als in anderen Unternehmen?
Die hohe Identifikation der Mitarbeiter mit der Unternehmung als Ganzes und die Freude an unseren Produkten sind sehr wichtig. Wir leben unsere Philosophie des Miteinanders, sie ist bei uns ständig Thema. Einmal im Jahr treffen sich alle Mitarbeiter zu einem Ski- oder Biketag. Einzelne Abteilungen kommen zu weiteren Anlässen zusammen, das stärkt die Gemeinschaft. Für mich ist es zentral, dass jeder Mitarbeiter auch im Kopf bei uns ist.
Wie stark beeinflusst Ihrer Meinung nach die Unternehmensmarke die Motivation der Mitarbeiter?
Wir haben mit der Marke Stöckli sicher einige Vorteile. Unser Bekanntheitsgrad ermöglicht uns die Rekrutierung der besten Mitarbeiter. Die Identifikation mit dem Unternehmen ist durchwegs sehr gross, denn wir verkaufen nur Produkte, von denen wir selbst überzeugt sind. Daher brauchen wir Menschen, die selbst sportliche Erfahrung haben, unsere Produkte selbst nutzen und die Erfahrung an die Kunden weitergeben.
Starke Marke = hohe Motivation? Würden Sie das so unterschreiben?
Es ist eine sehr gute Basis. Doch um Mitarbeiter langfristig bei der Stange zu halten, braucht es mehr, da kommen verschiedene Faktoren zusammen. Zum einen die finanzielle Seite. Um gute Mitarbeiter zu halten, muss auch der Lohn stimmen. Ausserdem bieten wir unseren Mitarbeitern Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten in den Bereichen Produktion und Vertrieb. Mir ist es sehr wichtig, dass sich die Mitarbeiter ent- wickeln können.
Kann man schon im Einstellungsgespräch erkennen, ob ein Mitarbeiter über längere Zeit motiviert arbeiten wird?
Ich schaue genau auf die Hobbys. Wer nur gerne in den Ausgang geht, Shopping macht oder Bücher liest, ist bei uns vielleicht nicht so gut aufgehoben wie jemand der ein begeisterter Sportler ist. Viele Bewerber sind auch Kunden von uns und kennen von daher unsere Produkte.
Wer also nicht Ski fährt, kann bei Ihnen nicht mit einer Anstellung rechnen?
Wir haben ja nicht nur Ski im Sortiment…
Also geht es eher darum, das Hobby zum Beruf zu machen?
Im Idealfall schon, ja.
Bemühen Sie sich aktiv um eine gute Arbeitgebermarke?
Im weiteren Sinne ja, indem wir das Image der Unternehmung möglichst hoch halten. Da dies zurzeit sehr gut stimmt, müssen wir glücklicherweise keine weiteren Anstrengungen unternehmen.
Wie stellen Sie fest, ob Ihre Mitarbeiter ausreichend motiviert sind?
Ein wichtiges Indiz hierfür ist, wenn wir sehen, dass die Mitarbeiter aktiv ihre Ideen in die Prozesse einbringen oder wenn ihr Engagement über das Nötigste hinausgeht. Konkret messen wir die Performance mit anonymen Testkäufen, in Form eines Mystery Shoppings. Dabei können wir feststellen, ob das Verkaufspersonal seine Arbeit gerne macht und über genügend Fachkompetenz verfügt. Ansonsten fühlt der jeweilige Filialleiter den Puls seiner Mannschaft. Durch diesen direkten Draht und offene Gespräche mit den Mitarbeitern haben wir eine geringe Fluktuation.
Welchen Stellenwert haben bei Ihnen materielle Anreize?
Neben unseren Zusammenkünften, welche die Gemeinschaft stärken, spielen auch monetäre Belohnungen für gute Leistungen eine Rolle. Aus diesem Grund führen wir das höhere Kader anhand eines MbO (Management by Objectives). Es enthält quantitative wie auch qualitative Ziele, welche als Grundlage für die entsprechenden Boni dienen. Der Bonus ist als Prozentsatz des Fixlohnes definiert und somit klar nach oben begrenzt. Dieser Anreiz bewährt sich, da er motivierend wirkt und für die Unternehmung kalkulierbar ist.
Es ist sehr heikel, zu glauben, die Mitarbeiter liessen sich nur über weiche Faktoren und Events motivieren. Früher oder später wird auch immer der Lohn ausschlaggebend für die Leistungsbereitschaft sein.
Aber Geld kann nicht alles sein, um Mitarbeiter zur Höchstleistung anzuspornen.
Nein. Dazu gehören Freude und Leidenschaft für die eigenen Aufgaben. Dies versuchen wir zu erreichen und zu fördern.
Wie machen Sie das?
Mit Vertrauen, Menschlichkeit. Sozialkompetenz des Kaders ist entscheidend. Das Schlimmste ist, wenn die Mitarbeiter auf Anfragen oder Berichte kein Feedback erhalten. Wir sind auch bestrebt, Ziele aus der Geschäftsleitung an alle Mitarbeiter zu kommunizieren. Ein authentischer Führungsstil und realistische Zielsetzungen fördern das Vertrauen. Wenn sie unerreichbar und nicht umsetzbar sind, ist das sehr demotivierend.
In guten Zeiten ist die Motivation dazu vielleicht einfach, aber in flauen Zeiten?
Glücklicherweise sind wir von der Wirtschaftskrise nicht allzu stark betroffen. Das Wetter spielt für uns eine wichtigere Rolle. Dieses können wir nicht beeinflussen, und wenn es so mild ist wie dieses Jahr im November, merken wir das sehr schnell. Die Nachfrage nach Ski geht dann kurzfristig markant zurück. Da hilft es nur, als Chef Zuversicht zu verbreiten.
Bekannte Sportler tragen Ihre Ausrüstung. Sehen Sie Ihre Mitarbeiter auch als Markenbotschafter in der Öffentlichkeit?
Unsere Mitarbeiter treiben ihren Sport in unseren Outfits oder mit Produkten aus unserem Gesamtsortiment. Wir legen Wert darauf, dass sie gut ausgerüstet sind. Wir sind da zugegebenermassen nicht ganz uneigennützig äusserst kulant.
Sie sagen auf Ihrer Webseite zu Ihrem Engagement im Teamsport, eine Mannschaft mit gleichem Dress und gleicher Ausrüs-tung beweise Teamgeist. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach die Unternehmenskultur für den Teamgeist? Welche Kultur, welche Werte leben Sie?
Mir persönlich ist eine Kultur des aktiven Miteinanders, in dem es auch mal ein reinigendes Gewitter gibt, viel lieber als eine, in der alles nur so dahinplätschert. Lob ist sicher wichtig, aber ein ständiges Auf-die-SchulternKlopfen ist auch kontraproduktiv. Wenn Fehler gemacht werden, müssen wir darüber sprechen. Es motiviert bestimmt weniger, wenn alles immer «wunderbar» ist, als konstruktive Kritik zum richtigen Zeitpunkt. Und: Man kann auch nicht immer der Chef sein, den alle gern haben. Die Geschäftsleitung lebt die offene, schnelle und direkte Kommunikationskultur vor. Dies ist ein Zeichen dafür, dass bei uns auch innerhalb des Unternehmens eine Bewegung stattfindet.
Was motiviert Sie selbst am meisten?
Bei mir ist es einfach. Ich bin mit der Firma gross geworden, bin 365 Tage im Jahr der Stöckli. Ich wünsche mir, dass meine Mitarbeiter genauso hinter dem stehen, was sie tun, wie ich.
Beni Stöckli
ist Jahrgang 1969. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Marketing und Wirtschaftsinformatik sammelte er zunächst in einem fremden Unternehmen praktische Erfahrung. Seit zehn Jahren arbeitet er im Familienbetrieb.Bereits 1935 beginnt sein Grossvater in der elterlichen Zimmerei, aus Esche Holzski zu bauen. 1951 beschäftigt die Firma zwei Mitarbeiter. Ab 1978 führte Beni Stöckli sen. das Unternehmen. 1959 verschwindet der reine Holzski aus dem Stöckli-Sortiment und macht modernen Compound- und Kunststoffski Platz. 1991 fährt in Liechtenstein der erste Skirennfahrer offiziell im Weltcup mit Stöckli Ski. 1993 wird Stöckli in den Swiss Ski Pool aufgenommen, die ers-ten Schweizer Rennfahrer feiern Erfolge mit Stöckli Ski. Im April 2008 übernimmt Beni Stöckli von seinem Vater das operative Geschäft der Stöckli Swiss Sports AG. Er etabliert den Stöckli Ski kontinuierlich im Rennsport. Heute ist das Unternehmen mit 200 Mitarbeitern der einzige Skiproduzent in der Schweiz, produziert und vertreibt neben Skiausrüstung auch Bikes und Outdoorsport-Artikel. Der Sommersport macht mittlerweile 25 Prozent des Umsatzes aus.