Ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung?
Die letzten Monate haben gezeigt, wie wenig wir unsere digitalen Möglichkeiten nutzen und wie gross das Potenzial digitaler Hilfsmittel ist. Doch immer, wenn es um menschliche Interaktion geht, stellen wir uns quer. Auch bezüglich Assessments: analog, digital – welche Variante ist effizienter? Ein sachlicher Vergleich.
Analoge Assessments haben durchaus ihre Berechtigung, doch wie lange noch? (Bild: iStock)
Assessment bedeutet Bewertung oder Einschätzung. Doch um das Thema sachlich abwägen zu können, müssen wir die verschiedenen Begriffe sauber definieren:
a) Analoges Assessment/Assessment-Center
Ein solches Assessment untersucht entweder einzelne Personen (Bewerber oder Mitarbeitende) oder ganze Gruppen und dauert meistens einen halben bis drei Tage. Mit mehreren und jeweils unterschiedlichen Analysen, Gesprächen und Simulationen wird ein Kandidat von verschiedenen Assessoren subjektiv beurteilt. Das Ziel des Assessments ist die Einschätzung eines Kandidaten in Bezug auf ein Anforderungsprofil und entsprechenden Kriterien, bzw. das Erlangen von relevanten Informationen, um die richtige Personalentscheidung zu treffen. Solche Assessments werden oft in einem Assessment-Center durchgeführt.
b) Online-Assessment
Das Ziel ist identisch mit dem des analogen Assessments. Allerdings ist der Weg dorthin grundlegend verschieden. Ein Online-Assessment ist nicht einfach ein analoges Assessment, welches per Skype (oder ähnlichem) durchgeführt wird. Mit verschiedenen Umfragetools erhält man Informationen über einen Kandidaten, diese werden in einem zweiten Schritt ausgewertet. Die Umfragedauer beträgt hier meistens weniger als eine Stunde und ist – selbstredend – unabhängig vom physischen Standort des Kandidaten.
Analyse
Eines vorweg: Alle Assessments verlangen die geeignete Methodik und professionelle Experten, die sie durchführen. Ausserdem sind Assessments nutzlos, wenn sie nicht valide und reliabel sind – sprich: Wenn sie nicht das messen, was sie sollen und dies weder zuverlässig noch aussagekräftig tun.
1. Objektivität: Dieser Punkt geht klar an Online-Assessments, da hier der Experte keinen direkten Kontakt zum Kandidaten hat, keine Empathie aufbauen kann und so, frei von seinem Bauchgefühl und dem persönlichen Eindruck, eine Empfehlung an die Rekrutierenden abgeben kann.
2. Umfang: Analoge Assessments-Center sind hier im Vorteil. Sie führen nicht nur Analysen, sondern auch Simulationen durch. Ein guter Assessor kann so in einem Rollenspiel beispielsweise erkennen, wie gut ein Kandidat eine schwierige Führungssituation meistert, Gestik und Mimik einbaut oder wie er oder sie kommuniziert. Den Kandidaten ist natürlich bewusst, dass sie beobachtet werden, was ihr Verhalten beeinflussen könnte. Allerdings sind kompetente Assessoren gut darin, das richtige Setting aufzubauen und korrekt zu interpretieren, weshalb eine Verzerrung vernachlässigbar ist
3. Kosten: Ein Assessment kostet nicht nur viel Geld, sondern auch Zeit für den Kandidaten. Wenn dieser noch angestellt ist, kann es durchaus schwierig sein, ein bis drei Tage im Betrieb zu fehlen, um ein Assessment durchzuführen. Das Online-Assessment ist hier der klare Gewinner. Die finanziellen Kosten der digitalisierten Version sind durchs Band geringer und die Kandidaten profitieren von Flexibilität in höchstem Masse. Die Kandidaten sind frei, wo und wann sie das Assessment durchführen und brauchen maximal eine freie Stunde.
4. Effizienz: Der grösstmögliche Ertrag bei Assessments sind aussagekräftige Informationen, die man braucht, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Der Aufwand, die zeitlichen und finanziellen Kosten, die man tragen muss. Die Kosten für ein Online-Assessment sind zwar um einiges tiefer als jene für analoge, die Qualität der Analysen ist aber vergleichbar – wobei Online-Assessments objektiver sind. Analoge Assessments können indes umfangreicher sein – was aber nicht immer nötig oder massgebend ist, um die richtige Personalentscheidung zu treffen. Aus diesen Gründen ist das Online-Assessment klarerweise der Sieger in dieser Kategorie.
Fazit
Insgesamt haben analoge Assessments bzw. Assessment-Center in wenigen Fällen noch Berechtigung. Beispielsweise wenn die umfangreichste Analyse, die möglich ist, verlangt wird oder wenn der Auftraggeber gerne die gesamte Rekrutierung delegieren möchte. Generell überwiegen jedoch die Vorteile des Online-Assessments: Sie sind objektiver, kostengünstiger und auch effizienter.