Einfluss von Spiritualität auf moderne Führungsstile
Gesellschaftliche Normen tragen stark zur Entfremdung vom Fühlen bei, indem Offenheit und Authentizität im Geschäftsleben oft als unangebracht wahrgenommen werden. Welche Chancen sich im Zusammenspiel von Spiritualität und Führen ergeben, weiss Gastautorin Tatjana Strobel.
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Im hektischen Arbeitsalltag, zwischen Terminen und To-Do-Listen, verlieren wir oft etwas Essentielles aus den Augen: das Verlangen nach menschlicher Verbindung und Sinnhaftigkeit.
Die folgende Kaskade erklärt das Menschsein und die Psychologie dahinter eindrucksvoll: Wir alle möchten geliebt werden. Wenn wir nicht geliebt werden, möchten wir bewundert werden. Wenn wir nicht bewundert werden, möchten wir gefürchtet werden. Wenn wir nicht gefürchtet werden, möchten wir gehasst werden. Denn das Schlimmste ist, keinerlei Reaktion im anderen hervorzurufen!
Es geht also nicht nur um Gehaltsschecks und Leistungsbewertungen, sondern darum, dass wir uns als Teil eines grösseren Ganzen fühlen. Unsere Arbeit sollte Sinn stiften und unser Innerstes widerspiegeln.
Die Abkehr vom Fühlen
Heute hat sich Rationalität über das Fühlen gesetzt, wodurch Menschen zunehmend zu austauschbaren Ressourcen werden und individuelle Stärken in den Hintergrund geraten. Die Angst vor Verletzlichkeit ist ein weiterer Faktor, insbesondere in Führungspositionen, wo sie häufig als Schwäche angesehen wird. Der Drang, ein hartes äusseres Bild zu wahren, lässt uns oft glauben, dass wir uns nicht angreifbar machen dürfen. Diese Entfremdung von der eigenen Natur geschieht, weil der Fokus auf Leistung und Funktionieren unsere innere Weisheit und Selbstentfaltung verdrängt. Das Streben nach Wachstum um jeden Preis führt schließlich dazu, dass Profit über Menschlichkeit gestellt wird, was eine kalte, unpersönliche Arbeitsatmosphäre zur Folge hat. In diesem Kontext werden wir vom Subjekt zum Objekt degradiert.
Wie wir uns transformieren können
Spiritualität kann uns helfen, uns wieder mit uns selbst und anderen zu verbinden. Es ist nichts, was im Aussen zu finden ist, sondern wird nur durch das Öffnen der inneren Türe sichtbar. Wesentliche Aspekte der Spiritualität im beruflichen Kontext sind:
- Rückverbindung zu sich selbst: Achtsamkeit und Selbstreflexion ermöglichen es uns, unser Innerstes zu erkennen.
- Ganzheitliche Wahrnehmung: Bewusstsein für die Vernetzung mit anderen fördert Empathie.
- Sinn und Zweck im Beruf: Arbeit als Beitrag zu einem grösseren Ganzen.
- Empathie und Mitgefühl: Mitfühlende Führung fördert ein positives Arbeitsumfeld.
- Kreativität und Innovation: Innere Verbindung schafft Raum für neue Ideen.
Fünf Schritte zur Führung mit Herz
- Innere Aufräumarbeiten: Selbstreflexion und emotionale Heilung sind essenziell, um authentisch zu führen. Fragen zur Reflexion könnten sein: Welche Emotionen vermeide ich in meinem Führungsstil? Welche alten Muster beeinflussen meine Entscheidungen? Wie kann ich mich emotional weiterentwickeln?
- Mitarbeitende verstehen: Die Geschichten und Bedürfnisse der Belegschaft wahrzunehmen, schafft Vertrauen und Verständnis und fördert die Verbundenheit. Fragen zur Reflexion: Höre ich aktiv hin oder denke ich bereits an Lösungen? Wie oft frage ich meine Mitarbeitenden nach ihren persönlichen Herausforderungen? Was weiß ich über sie? Wie leben sie? Was sind ihre Werte? Wie kann ich ein unterstützendes Umfeld schaffen?
- Spiegelwirkung nutzen: Teamreaktionen als Reflexion eigener Themen zu erkennen, hilft beim persönlichen Wachstum. Fragen zur Reflexion: Welche Herausforderungen in meinem Team spiegeln meine eigenen Themen wider? Wie reagiere ich auf Konflikte und was sagt das über mich aus? Welche wiederkehrenden Muster erkenne ich in meinem Team?
- Emotionale Intelligenz fördern: Bewusstsein und Kommunikation sind entscheidend für eine herzbasierte Führung. Fragen zur Reflexion: Wie bewusst gehe ich mit meiner eigenen Gefühlswelt um? Wie transparent bin ich? Ist es mir möglich, den Menschen von den Handlungen zu trennen? Kann ich dennoch positive Gefühle und Wertschätzung für jemanden empfinden, auch wenn er meine Erwartungen nicht erfüllt hat? Fördere ich eine Kultur der offenen Kommunikation?
- Gemeinsame Rituale einführen: Gemeinsame Rituale stärken die emotionale Verbindung und den Teamgeist. Check-ins und persönliche Updates zu Beginn eines Meetings können das Verständnis füreinander fördern, indem sie verdeutlichen, wo jeder aktuell steht und was sie oder ihn beschäftigt. Gemeinsame Mittagessen bieten zudem einen Rahmen, der ausserhalb des Geschäftlichen stattfindet.
Die Rückkehr zum Fühlen führt zu einem verbesserten Arbeitsklima, in dem Authentizität und Offenheit gefördert werden. Dies steigert die Motivation der Mitarbeitenden, da sie sich gehört und wertgeschätzt fühlen. In unterstützenden Umfeldern entfaltet die Belegschaft ihre Kreativität, was die Kommunikation stärkt und die emotionale Intelligenz fördert. Letztlich resultiert dies in erhöhter Produktivität und einer stärkeren Bindung, da Vertrauen und Loyalität wachsen, wodurch die Fluktuation im Unternehmen verringert wird.
Indem emotionale Intelligenz und Spiritualität integriert wird, kann ein erfüllendes Arbeitsumfeld geschaffen werden. Durch das Streben nach einem echten Miteinander ist es möglich, eine dynamische und bereichernde Arbeitsumgebung zu gestalten, die sowohl Unternehmen als auch Mitarbeitenden zugutekommt.