«Empathische Führungskräfte sind authentischer»
Lange Zeit waren emotionale Manager verpönt, das hat sich in den letzten Jahren aber klar geändert. Marlies W. Fröse, Professorin an der Hochschule Luzern Soziale Arbeit für die Bereiche Transformationen, Management und Leadership, erklärt, warum Firmen von Emotionen profitieren können.
Ob im Sport oder im Büro: Geteilte Freude ist doppelte Freude. (Bild: Keystone)
Bis zu 30 Prozent der Führungskräfte weltweit sind Narzissten, Egomanen oder Psychopathen, 30 Prozent der deutschen Führungskräfte sind gedopt, konsumieren also Alkohol, Kokain oder andere Drogen, und ungefähr 30 Prozent der Führungskräfte in der Schweiz sind in Wirtschaftskriminalität verwickelt. Dies zeigen drei Studien, die in verschiedenen Ländern durchgeführt worden sind. Ob alle Zahlen eins zu eins auf die Schweiz übertragbar sind, ist offen, dennoch geben sie zu denken. «Ein gestörter Narzisst kann andere nicht wahrnehmen, ihm fehlt die Empathie sowie das Verständnis für die Sorgen und Nöte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter», erläutert Marlies W. Fröse, Professorin und Leiterin des Kongresses «High Touch – Emotionen und Intuitionen in Führung und Management» an der Hochschule Luzern (vgl. Kasten).
Gerade aber Empathie zu haben bringt Vorgesetzten viele Vorteile: «Führungskräfte, die Gefühle zeigen, wirken authentischer; es wird als Zeichen von Stärke gesehen, wenn sie Schwäche zeigen, und Vertrauen kann eher aufgebaut werden», sagt Fröse. Welche Gefühle sollen denn die Vorgesetzten zeigen? «Sie sollen ihre Freude teilen, wenn sie etwas gemeinsam mit dem Team erreicht haben, oder auch ihre Enttäuschung, wenn ein Projekt scheitert.»
Gesunde Distanz wichtig
Gewisse private Probleme gehören dagegen nicht an den Arbeitsplatz. Auch kann man zu viele Gefühle zeigen. Nehmen Gefühle Überhand, ist das den Mitarbeitenden unter Umständen unangenehm, denn es braucht eine gesunde Distanz. Auch wenn eine Führungskraft kein Coach, Therapeut oder Psychologe ist, so sollte sie doch empathisch reagieren, wenn ein Mitarbeiter Probleme hat. Wenn sie sensibel sei für die Stimmung im Unternehmen, könne sie Konflikte ansprechen und diese leichter lösen. Denn Empathie sei «Wertschätzung gegenüber anderen». Gefühle stellen nur dann eine Gefahr dar, wenn sie ausgenutzt und zu Manipulationszwecken verwendet werden.
Kaum ein zielführendes Gefühl ist zudem Angst. Angst ist laut Fröse jedoch häufig auf der Führungsetage anzutreffen. «Führungskräfte treffen viele Entscheidungen aus Angst, zu versagen.» Daraus können irrationale Entscheidungen folgen, etwa weil man aus Versagensangst die Wirtschaftsentwicklung nicht sieht oder aus Angst vor Konkurrenz den besten Leuten kündigt.
Eine Führungskraft, die hinschaut und Probleme thematisiert, nützt der ganzen Organisation. Studien gehen davon aus, dass die Zahl der ausgebrannten Mitarbeitenden zunimmt. «Der Druck steigt, der Wettbewerb verschärft sich, Depression und Burnout nehmen zu und damit steigen die Kosten», sagt Fröse. «Die Führungskräfte müssen sich fragen, ob sie das wollen, und müssen damit umgehen.» Es gebe je länger je mehr Führungskräfte, für welche die Antwort klar «nein» heisse, welche die Ausbeutung nicht mehr mitmachen wollten. «In Organisationen stellt sich vermehrt die Frage nach Gerechtigkeit und Glaubwürdigkeit, auch Nachhaltigkeit ist ein Thema; das ist eine gute Entwicklung», sagt Fröse.
Gefühle für Innovationen
Der globale Wettbewerb zwingt Unternehmen, innovativ zu sein. Dafür reicht Rationalität allein nicht aus, sondern es braucht Emotionen und Intuitionen. Allerdings spielen diese drei auch zusammen: «Jede rationale Entscheidung basiert auf Emotion und Intuition», sagt Fröse. Die Intuition, das «gefühlte Wissen», sieht sie positiv: Sie mache freier, innovativer, kreativer und schaffe eine angenehmere Arbeitswelt. Bei Entscheidungen brauche es eine Mischung aus Verstand und Gefühl, denn Emotion und Intuition können wertvolle Denkanstösse liefern. Dafür brauche es seitens der Führungskräfte aber Authentizität und Selbstreflexion.
«Wir brauchen neue Führungskräfte, die offener gegenüber Emotionen und Intuitionen sind, denn diese führen authentischer und vielleicht gerechter», wünscht sich Fröse.
Veranstaltungshinweis
Am Donnerstag und Freitag, 7./8. November 2013, findet an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit der Kongress «High Touch – Emotionen und Intuitionen in Führung und Management» statt. Der Kongress führt die wissenschaftlichen Disziplinen Soziologie, Geschichte, Sozialpsychologie und Ökonomie zusammen. Der Philosoph Aaron Ben-Ze’ev spricht zusammen mit Angelika Krebs, Professorin am Philosophischen Seminar der Universität Basel, zu «Do only dead fish swim with the stream? The role of drifting in love and management». Das Referat des international ausgewiesenen Intuitionsforschers Gerd Gigerenzer dreht sich um die intelligenten Bauchentscheidungen für Unternehmen. Petra Jenner, CEO Microsoft Schweiz, berichtet über Herz und Verstand bei der Führung von Grossunternehmen. Der Philosoph Wilhelm Schmid vereint die Themen in seinem Referat «Dem Leben Sinn geben».
Weitere Infos und Programm: www.hslu.ch/kongress-hightouch