Weiterbildung

Erfolgsfaktor Erwachsenenbildung

Viele Unternehmen sehen sich zugleich mit dem demografischen Wandel und mit einem zunehmenden Fachkräftemangel konfrontiert. Arbeitsplatzbezogene ­Personalentwicklung durch qualifizierte Erwachsenenbildner gewinnt an Bedeutung.

Die globalisierten politischen und wirtschaftlichen Prozesse vollziehen sich im 21. Jahrhundert immer dynamischer und fordern in vielen Berufsfeldern eine flexible Kompetenzentwicklung. Die Wissensgesellschaft hat sich zur globalisierten Informationsgesellschaft erweitert, die auch vor der Personalentwicklung keinen Halt macht. Rudolf Strahm, Präsident des Schweizerischen Verbandes für Weiterbildung  (SVEB), vermerkt in seinem Statement zum Lernfestival 2015: «Die markanteste Auswirkung der Globalisierung ist bei uns der wirtschaftliche Strukturwandel: Bisherige Berufe und Branchen verschwinden, neue Berufe und Branchen werden geschaffen. Deshalb ist die Weiterbildung die wirksamste Strategie, um den Strukturwandel ökonomisch zu bewältigen und sozial abzufedern.»

Lebenslanges Lernen als humanistisch-demokratischer Ansatz ist für den Erhalt der Arbeitsmarktkompatibilität zu einer Notwendigkeit geworden. Aufgabe einer professionellen Personalentwicklung ist es, Führungskräfte und Mitarbeitende von Unternehmen und Verwaltungen nachhaltig beruflich fit zu halten. Qualifizierte Erwachsenenbildnerinnen und -bildner sind gerade im Zuge des demografischen Wandels der Arbeitswelt als innovative andragogische Prozessgestaltende auch im Bereich der Personalentwicklung zunehmend gefragt.

«Ausbildung für Ausbildner» aufgewertet

In der Schweiz nimmt die höhere Berufsbildung (Tertiär B) im dualen Bildungssystem einen wichtigen Platz ein. Dies zeigt sich am breiten Angebot, an politischen Vorstössen für einen beruflichen Bachelor- oder Masterabschluss sowie an rechtlichen Entwicklungen. So will etwa der am 14. Januar 2015 vom Bundesrat in die Vernehmlassung geschickte Entwurf für eine Teilrevision des Bundesgesetzes über die Berufsbildung diese durch direkte Bundesbeiträge weiter stärken. Damit wird dem steigenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften und den Entwicklungen der Arbeitswelt nachgekommen. Im Jahr 2013 haben in der Schweiz 7627 Personen in acht Bereichen einen Abschluss einer höheren Fachschule (HF) erworben.

Gemäss Bundesamt für Statistik(1) wies die Sozial- und Erwachsenenbildung (nach Technik, Wirtschaft und Gesundheit) mit 775 Personen gegenüber 2012 (685 Abschlüsse) ein Wachstum von 13 Prozent aus. Die höhere Berufsbildung dient insbesondere der Ausbildung von Führungskräften und der Spezialisierung, wie das Bundesamt für Statistik in seiner Publikation «Bildungsabschlüsse Ausgabe 2014»  ausführt: «Personen mit einer Ausbildung auf Tertiärstufe sollen in der Lage sein, höhere Funktionen in der Arbeitswelt zu übernehmen, sei es im Bereich Produktion, Verwaltung, Management oder Ausbildung.»

Die Besonderheit der höheren Berufsbildung liegt in ihrer Praxisorientierung. Sie stellt die Verbindung zwischen der Grundlagenforschung, der angewandten Forschung und der theorieorientierten Praxisumsetzung her. Folglich sind Berufspersonen mit Abschlüssen der höheren Berufsbildung in der Wirtschaft und Arbeitswelt gefragte Fach- und Führungskräfte, auf die der Arbeitsmarkt nicht mehr verzichten kann. Sie verfügen neben ihren beruflichen Qualifikationen und ihrem praktischen Bezug zur Arbeitswelt auch über generalistische Kompetenzen. Damit sind sie in verschiedenen Arbeitsfeldern und in verantwortungsvollen Kaderpositionen einsetzbar. Mit der Verabschiedung des neuen Rahmenlehrplans für Bildungsgänge der höheren Fachschulen für die Erwachsenenbildung hat das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) zusammen mit dem Schweizerischen Verband für Weiterbildung (SVEB) auch den Bereich «Ausbildung für Ausbildner» in das bewährte System der höheren Berufsbildung gestellt.

Strategische Personalentwicklung tut not

Die strategische Personalplanung gewinnt für Unternehmungen und Verwaltungen nicht nur unter dem Aspekt des Demografie-Managements eine immer grössere Bedeutung. Auch die dynamischen Marktentwicklungen, der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und die Bindung kompetenter Fach­kräfte verlangen ein vorausblickendes Personalmanagement.

Gemäss Heinz Notter, HR-Spezialist im Bereich Management Development beim Krankenversicherer Helsana, fällt der andragogischen Kompetenz eine grosse Rolle zu. Bei Helsana werden sowohl die Organisations- und Personalentwicklung als auch die Fach- und Führungsausbildung zentral vom Bereich «HR-Entwicklung» verantwortet. Mit der «Helsana Academy» bietet der Krankenversicherer seinen Mitarbeitenden verschiedene Möglichkeiten der internen Weiterentwicklung. Dabei mache man gerade mit Fachspezialisten die besten Erfahrungen. Notter weiss, wovon er spricht. So hat er selber vor 20 Jahren aus der Linie als Leiter Schalter bei der SBG (heute UBS) in die Ausbildungsabteilung des Verkaufs gewechselt und inzwischen die eidgenössischen Diplome als Betriebsausbilder und Ausbildungsleiter erlangt. Solche Kompetenzen seien heute in der Personalentwicklung unabdingbar: «Wenn jemand in unserer zentralen Ausbildung, der Helsana Academy, weiterkommen will, ist eine Weiterbildung im Bereich Erwachsenenbildung ein Must.»

Zu einem ähnlichen Schluss kommt Sabine Speich, Head HR Development der Flughafen Zürich AG. Gemäss ihren Erfahrungen sind andragogische Kompetenzen für Fachleute der Personalentwicklung relevant, weil sie damit über das Know-how verfügen, Veranstaltungen zu entwickeln sowie Weiterbildungsziele effizient zu erreichen. Durch ein vielfältiges Methodenrepertoire gewinnen ihre Veranstaltungen auch bei Vorgesetzten und Mitarbeitenden an Glaubwürdigkeit. Die Anforderungen an HR-Manager sieht Speich hingegen stärker bei Gesprächs- und Beratungskompetenzen, Konfliktmanagement sowie Führungskompetenzen. Themen, die situations­adäquat auch für Fachpersonen der Personalentwicklung relevant sind, sofern sie im Management Development tätig sind. Notter schätzt denn auch das Potenzial für die neuen, vom Bund akkreditierten Bildungsgänge Erwachsenbildner/in HF als gross ein.

Blended Learning hat sich etabliert

Als integrierte Kombination von Präsenzunterricht und E-Learning-Angeboten bietet «Blended Learning» neue Potenziale für die interne Personalentwicklung. Das Internet als ortsungebundene, schnell und kostengünstig erreichbare Informations- und Weiterbildungsressource hat sich für viele Firmen als wichtige Ergänzung zu Präsenzkursen etabliert.

Im Bereich HR Development der Flughafen Zürich AG wird Blended Learning vor allem dort eingesetzt, wo es um Fachkompetenzen und Wissensvermittlung geht. In Weiterbildungen mit Fokus auf Verhaltenskompetenzen, Persönlichkeits- und Sozialkompetenzen erachtet es Sabine Speich jedoch nicht als sinnvolles Instrument. Auch bei Helsana wird Blended Learning seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Dieses biete, so Heinz Notter, nebst der direkten statistischen ­Erfassung von Programmabsolventen weitere Vorteile. Über eine Lernplattform könnten nicht nur Vorbereitungsaufgaben zu Produkte- und Fachausbildungen angeboten, sondern auch allgemein notwendiges Wissen, wie beispielsweise über das Datenschutzgesetz, unter den Mitarbeitenden verbreitet werden.

Erwachsenenbildung lohnt sich

Eine aktuelle Studie(2) in 19 Ländern hat die lohnenswerte Investition der Bildung von Erwachsenen für Gesellschaft, Wirtschaft und Individuen nun auch in Bezug auf den ökonomischen Gewinn aufgezeigt. Die Analyse verdeutlicht, dass Lernen und Entwicklung am Arbeitsplatz aufgrund der komplexer gewordenen Anforderungen die wichtigsten Treiber für innovative Performanz darstellen. Wer sich das Rüstzeug für eine erfolgreiche Karriere in der Personalentwicklung aneignen will, tut also gut daran, nach einer qualifizierten andragogischen Ausbildung auf Ebene der höheren Fachschulen Ausschau zu halten.

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Monika Eicke ist Bildungsgangsleiterin für den Diplomlehrgang «Erwachsenenbildner/in HF» bei der EB Zürich, der grössten Weiterbildungsinstitution der Schweiz, die von der öffentlichen Hand getragen wird.

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