Um die Temporärarbeit fassbar zu machen und ihre Vielfältigkeit darzustellen, hat swissstaffing sieben Personen, die in der Vergangenheit oder auch heute noch temporär arbeiten, persönlich interviewt. Die Interviewten zeigen ihre Beweggründe für das temporär Arbeiten auf, erzählen, wie sich ihr Einsatz abgespielt hat, wie sie ihn erlebt haben und welche beruflichen Werdegänge sich daraus ergeben haben.
Im Folgenden präsentiert swissstaffing drei dieser Interviews. Alle Namen wurden von der Autorin geändert.
Temporärarbeit – der Einstieg nach der Lehre
Hassan Bashir, 26-jähriger Autolackierer, fand nach der Lehre über die Temporärarbeit in den Arbeitsmarkt. Heute ist er festangestellt.
Unmittelbar nach der Lehre jobbte Hassan Bashir vier bis fünfmal temporär, denn auf seinem Beruf gab es damals wenig Arbeit. Allerdings waren die Einsätze für ihn jeweils zu weit von seinem Wohnort entfernt, zu schlecht bezahlt oder er fühlte sich überqualifiziert. Dafür warteten die Personaldienstleister rasch mit vielen Jobangeboten auf. Durch die verschiedenen Einsätze habe er ausserdem im Umgang mit Vorgesetzten und Mitarbeitenden viel lernen können.
Dann fand Hassan Bashir das Stelleninserat seines jetzigen Arbeitgebers, einer Maschinenbaufirma. Er bewarb sich. Die Maschinenbaufirma stellte damals allerdings niemanden direkt ein, weswegen ihn der Betrieb aufforderte, sich via einen Personaldienstleister einstellen zu lassen. Neun Monate arbeitete Hassan Bashir temporär als Industrielackierer für die Einsatzfirma. Anschliessend wurde er durch den Maschinenbaubetrieb als Festangestellter übernommen.
Eigentlich wollte die Maschinenbaufirma Hassan Bashir bereits nach zwei Monaten fest anstellen. Hassan Bashir war sich aber nicht sicher, ob ihm die Arbeit gefalle. Deshalb habe er den Abschluss eines festen Vertrages so lange wie möglich hinausgezögert, meint Hassan Bashir.
Für seine Arbeit als Lackierer benötigt Hassan Bashir eine Sicherheitsausrüstung mit Spritzmaske, Handschuhen und anderen Hilfsmitteln. Als temporär Arbeitender erhielt er die Ausrüstung vom Einsatzbetrieb. Die Einführung in die Arbeit habe hingegen weniger gut geklappt.
Kürzlich hat Hassan Bashir entschieden, beim Maschinenbaubetrieb zu kündigen. Denn er hat bei einer anderen Maschinenbaufirma einen, wie er meint, besseren Job mit besserem Lohn gefunden.
Mit Temporärarbeit den Traumberuf finanzieren
Ernesto Kunz hat einen Traum. Er möchte hauptberuflich als Discjockey arbeiten – am liebsten in einer eigenen Bar in Brasilien. Er ist gelernter Toningenieur. Ausbilden liess er sich an der School of Audio Engineering. Nach dem Abschluss musste Ernesto Kunz allerdings feststellen, dass es äusserst schwierig ist, auf diesem Beruf eine Stelle zu finden. So hat er zunächst einen Job beim Kiosk angenommen. Dann fand er über einen Kollegen zu einem Personaldienstleister. Dieser fand ihm sehr schnell einen Einsatz bei einem Medienunternehmen, wo Ernesto Kunz fürs Bündeln von Zeitungen eingesetzt wurde. Mit dem Lohn war er zufrieden, verdiente er doch als temporär Arbeitender besser als zuvor beim Kiosk. Nebenbei arbeitete Ernesto Kunz als DJ, was er auch heute noch tut. So versucht er, diese Tätigkeit zu seinem Hauptberuf zu machen.
Dass er im Medienunternehmen jeweils sehr kurzfristig eingesetzt wurde, empfand er als zu stressig. So wechselte er den Temporärjob und nahm einen Einsatz als Hilfsarbeiter auf dem Bau an. Als Ungelernter wurde er direkt von der Baufirma in die Arbeit eingeführt. Temporär zu arbeiten, so Ernesto Kunz, sei eine gute Sache. Doch der Lohn und das Anforderungsprofil könnten besser sein. Allerdings sei das überall so, wenn man nicht eine lange Ausbildung nachweisen könne.
Vor kurzem war Ernesto Kunz für mehrere Monate in Brasilien, wo er in einem Hotel gearbeitet hat. Als die Tourismus-Saison zu Ende ging, kam er zurück in die Schweiz. Wenn er Gelegenheit findet, arbeitet er wieder als DJ. Eventuell, so sagt er, suche er sich auch wieder einen Temporärjob. Ein bisschen körperliche Arbeit fände er gar nicht schlecht. So versucht er, eine stattliche Summe Geld zusammenzusparen, um dann in Brasilien ein Lokal zu mieten und als DJ und Barinhaber loszulegen. Das ist sein Traum.
Umsteigen via Temporärarbeit
Matthias Schmied, 40-jährig, hat fünf abgeschlossene Lehren. Er ist Bäcker/Konditor, Confiseur, Koch und Kellner, und er hat sich als Quereinsteiger zum Kanaloperateur ausbilden lassen. Auf diesem Gebiet hat er als Letztes gearbeitet. Wegen eines Unfalls – von dem er mittlerweile vollständig genesen ist – wurde er als Kanaloperateur aber entlassen.
Zwei Wochen nachdem er sich beim RAV gemeldet hatte, erhielt er bereits den Anruf eines Personaldienstleisters. Dieser hatte ihm einen Einsatz im Lager eines Herstellers von Maschinen für die Textilindustrie gefunden. Nach der Einführung in die Lagerarbeit musste Matthias Schmied nach drei Wochen aufgrund einer Ferienvertretung bereits die gesamte Verantwortung übernehmen. Matthias Schmied hat diese Herausforderung gerne angenommen und konnte so seine Fähigkeiten unter Beweis stellen.
Während dreizehn Wochen hat Matthias Schmied temporär im Lager gearbeitet. Danach hat ihn der Maschinenhersteller als Festangestellter übernommen. Vom Lager konnte er dann intern in die Qualitätssicherung wechseln. Der Maschinenproduzent hat ihm sogar eine Ausbildung im Wert von 15000 Franken bezahlt. So arbeitet Matthias Schmied heute als Qualitätsassistent beim Maschinenhersteller. Diese Karriere hat Matthias Schmied, wie er sagt, dank dem Temporärjob machen können und er rechnet mit guten Aufstiegsmöglichkeiten. Sein Ziel ist es, ins Qualitätsmanagement aufzusteigen. Er hofft, dass ihm die Firma auch die Managementausbildung finanziert.
Von den 400 temporär Arbeitenden, die beim Maschinenproduzenten im Einsatz sind, wurden nebst Matthias Schmied fünf weitere als Festangestellte übernommen. Die anderen arbeiten längere Zeit auf temporärer Basis für den Maschinenhersteller. Insgesamt beschäftigt der Maschinenproduzent 2500 Mitarbeitende.
Würde Matthias Schmied anderen Personen empfehlen, temporär zu arbeiten? Personen mit Familien rät er, so schnell wie möglich eine Festanstellung zu finden. Als Festangestellter könne man sich ruhiger fühlen. Für Alleinstehende sei die Temporärarbeit hingegen durchaus eine Option. Sie biete grosse Flexibilität.
Den Personaldienstleistern rät er, sich mehr um ihre temporär Arbeitenden zu kümmern. Die Personalberatenden sollten regelmässig in die Betriebe gehen, wo ihre temporär Angestellten eingesetzt sind. Am besten alle zwei Wochen – das sollte Pflicht werden.
Die Interviews knüpfen an eine 2006 von gfs-zürich realisierte telefonische Umfrage bei rund 1000 temporär Arbeitenden an. Ende 2007 hat gfs-zürich eine Auswahl der vormals telefonisch Befragten für eine Teilnahme an einem persönlichen Interview angefragt. Aus elf Zusagen resultierten sieben Interviews und die dargestellten Erlebnisberichte.