Erster «Future of Work»-Event von XING und Deloitte
Die erste „Future of Work“ von Deloitte und XING am 4. Oktober war restlos ausgebucht. 50 HR-Expertinnen und -Experten blickten im Greenhouse in Zürich in die Zukunft ihrer Arbeit. Für Gesprächsstoff sorgte vor allem das digitale Jobinterview von der Credit Suisse und eine Bewerbungshürde beim beliebtesten Arbeitgeber der Schweiz. XING Schweiz und Deloitte haben dieses Event-Format gemeinsam entwickelt. «Future of Work» bringt Fachexpertinnen und Fachexperten über alle Branchen hinweg zusammen. Die erste Ausgabe richtete sich an HR-Expertinnen und -Experten.
Das Greenhouse bei Deloitte war rasch gefüllt. (Bild: Xing)
Zum Einstieg servierte Thomas Kupferschmied-Wickart ein digitales Amuse-Bouche. Der digitale Nomade und Xing-Ambassador gewährte den Gästen exklusiven Einblick in sein iPhone. „Eine Premiere!“, wie der Mann mit 260 Apps scherzhaft betonte. Seine Aufgabe bei „Future of Work“ ist so simpel wie komplex: Er soll bei jeder Austragung ein digitales Must-Have präsentieren, das die Arbeit leichter macht. Diesmal entschied er sich für die App Wunderlist und zeigte, wie er sich und sein Office damit organisiert. «Das schönste an der App ist übrigens der Ton, der erklingt, wenn man eine Aufgabe abhakt.»
Sandra Elmer, Director Talent Acquisition Switzerland der Credit Suisse, zeigte im Anschluss Einblick in einen Prozess, mit dem die Grossbank in Zukunft einen Teil ihrer Kandidatinnen und Kandidaten kennen lernen will. Letztes Jahr hat die Credit Suisse erstmals über 100.000 Bewerbungen registriert – nur jeder 25. Bewerbende bekam auch einen Job. Aus Sicherheitsgründen nutzt das Unternehmen für die Videointerviews nicht Skype, sondern einen Spezial-Anbieter, der den Datenschutzrichtlinien entspricht. In einem ersten Test sind bereits 200 Gespräche als digitale Interviews on demand durchgeführt wurden. Dabei erhalten die Kandidaten maximal fünf Fragen eingeblendet, die sie im Video beantworten sollen. Die Videos werden dann von Personalern ausgewertet. Mit der Idee des digitalen Interviews präsentierte Sandra Elmer eine Methode, die nur bei einem im Publikum vertretenen Unternehmen bisher ebenfalls angewendet wird. Einige Skepsis liess die langjährige CS-HR-Expertin mit ihrem Selbstversuch verfliegen – den sich die Gäste im Recruiter-Modus anschauen durften.
Future of work hat viel mit Digitalisierung zu tun
«Employer Branding aus Sicht des beliebtesten (IT-)Arbeitgebers der Schweiz» hiess das Keynote der zweiten Referentin. Annette Kielholz, Leiterin Marketing und Kommunikation beim Zürcher Informatik-Dienstleister Ergon, weihte das Publikum ins Geheimnis ein, warum die Mitarbeitenden auf Kununu ihrem Unternehmen so viele Sterne geben. «Wir leben eine Kultur der Transparenz und der Mitbestimmung. Dazu gehören gleichgestellte Mitarbeiter, frei zugängliche Unternehmensdaten, Mitbestimmung bei Unternehmensfragen sowie Risiko- und Erfolgsbeteiligung.» So ist bei Ergon sogar die Lohnliste frei zugänglich. Dass dieses Prinzip zum Erfolg führe, zeige die geringe Fluktuationsrate von gerade einmal 2,4 % betonte Annette Kielholz.
Zum Abschluss beleuchtete Britta Gross, Director Human Capital bei Deloitte, die Zukunft des HR. Es wurde deutlich: die Zukunft ist nicht ganz so schwarz, wie manche vielleicht vermuten. Als drei große Trends identifiziert Gross die Automation, die Digitalisierung und die Sharing Economy. Durch die Automation werden die Roboter keineswegs den Menschen Arbeit wegnehmen, die Arbeit wird sich nur verändern. «Als der erste digitale Wandel startete, waren 70 % in der Landwirtschaft tätig, heute 3 %. Haben wir deshalb weniger Arbeitslose?», verdeutlicht Gross diesen Standpunkt. Die Digitalisierung führe HR zu neuen Herausforderungen bezüglich flexible Arbeitszeiten und –orte. Und auch bei der Sharing Economy gehe es darum, dass HR darauf reagiert, dass Arbeitnehmer zunehmend ihr Leben flexibel gestalten möchten.
Viele Antworten auf dem grünem Sofa
Am Ende der Keynotes setzten sich die drei Referentinnen aufs Sofa und beantworteten die Fragen von Moderatorin Yvonne Zurbrügg und vom Publikum. So konnte beispielsweise Sandra Elmer nochmals betonen, dass die menschliche Interaktion auch in Zukunft durch nichts zu ersetzen sei. Die Technik könne lediglich dabei helfen, schneller und effizienter Informationen zu bekommen. «Und natürlich sind Kandidatinnen und Kandidaten, die souverän auftreten in der Videobewerbung im Vorteil. Aber das sind sie auch im klassischen Bewerbungsinterview», ergänzte sie auf die Kritik wonach diese Bewerbungsform mehr auf Auftritt und weniger auf Inhalt setze.
Der beliebteste Arbeitgeber der Schweiz kennt übrigens für die Kandidatinnen und Kandidaten auch eine Hürde im Bewerbungsprozess, die auf grosses Interesse gestossen ist. Der Erich-Test. «Wer bei uns arbeiten will muss unserem CTO Erich Oswald beweisen, dass er unter Zeitdruck elegant programmieren kann. Pair Programming im Bewerbungsprozess ist für uns ein Muss.»
Aus dem Publikum kam zum Schluss gar eine existenzielle Frage: «Braucht es uns HR-Experten in Zukunft überhaupt noch?» Britta Gross’ Antwort war so direkt wie deutlich: «Das kommt ganz darauf an, ob HR jetzt endlich aktiv wird. HR sitzt seit Jahren auf wertvollen Daten über die eigenen Mitarbeitenden. Wer Big Data versteht, kann mit diesem Wissen Mitarbeitende gewinnen, halten, fördern und motivieren.»
Die angeregten Diskussionen verschoben sich im Anschluss in die Küche des Greenhouse von Deloitte. „Wir haben es geschafft, HR in den Fokus zu rücken und Gespräche zwischen den Branchen anzuregen“, resümierte René Maeder, Geschäftsführer XING Schweiz, beim Apéro den Abend. Das sah auch Gast Peter Weber so, HR IT Applikationsverantwortlicher bei der Bank Vontobel AG: „Der Event war nicht zu gross, nicht zu klein, gerade so bemessen, dass die präsentierten Themen in entspannter Atmosphäre gut diskutiert und reflektiert werden konnten.“